Blockchain trifft Energie: Darauf muss sich die Branche gefasst machen

Jeder braucht sie, jeder nutzt sie, und trotzdem verschwenden die wenigsten einen Gedanken daran: Obwohl sie so alltäglich ist, ist Energie ziemlich abstrakt. Wie genau der Strom in unserer Steckdose landet? Keine Ahnung.

Doch diese Einstellung könnte sich Experten zufolge bald ändern. Denn die Energieversorgung wird zukünftig kleinteiliger und dezentralisierter ablaufen. Das wiederum führt dazu, dass Haushalte eine doppelte Rolle im Markt einnehmen werden. Und zwar als Prosumer, die nicht nur Energie verbrauchen, sondern auch selber herstellen – etwa mit Solarpanelen auf dem Dach oder einer Erdwärme-Anlage im Garten.

Die Dezentralisierung der Energie ermöglicht mehr Bürgerbeteiligungen und regionale Energie-Autarkie. Doch wie behält man den Überblick über einen dezentralen Markt mit vielen verschiedenen Akteuren? Hier kann Blockchain für Ordnung sorgen. Die Technologie, die seit einiger Zeit als Buzzword die Gründerszene aufmischt, ist längst nicht nur ein Hirngespinst einiger Nerds. Sie hat tatsächlich das Potenzial, wichtige Branchen zu verändern. Im Energiesektor könnte dank Blockchain jeder innerhalb eines Netzwerks eigenständig Transaktionen durchführen: Die Kernfunktion von Blockchain, nämlich Daten in Blocks zu speichern und zu verschlüsseln, würde durch dezentrale Transaktions-Mechanismen ergänzt. Die sogenannten Smart Contracts können dann zum Beispiel Vorgaben über Strommengen, -qualität und -preise enthalten. Diese Informationen bringen dann Energieanbieter und -nachfrager direkt zusammen – ganz ohne Mittelmänner.

Neue Technologie, neue Produkte: Die Chancen für den Energiesektor

Was bedeutet das für die Energieversorger? Dennis Beyer, Innovationsmanager bei ewz, einem der größten Schweizer Energieversorger, sieht vor allem große Chancen für die Entwicklung innovativer Produkte. „Die automatisierten und sicheren Transaktionsmöglichkeiten, die Blockchain bietet, ermöglichen ein extrem breites Anwendungsspektrum. Aufgrund des oft hohen manuellen Aufwands in puncto Erfassung, Validierung und Abrechnung, konnten wir noch keine individuell ausgestalteten Stromprodukte für Privatkunden anbieten. Genau das würde mit Blockchain realisierbar werden. Dadurch entstehen völlig neue Angebote, wie zum Beispiel Mieterstrommodelle und Peer-to-Peer-Netzwerke. In diese Bereiche tasten wir uns gerade vor.“


Der erste direkte Verkauf von zentral erzeugter Energie mit Blockchain fand übrigens im April 2016 in New York statt.  


Trotzdem warnt Beyer vor einer überstürzten Aufbruchsstimmung: „Die Herausforderung besteht darin, die wirklich sinnvollen Anwendungsfälle zu identifizieren. Nur weil die Technologie theoretisch anwendbar ist, heißt es nicht, dass es für unsere Kunden und uns automatisch einen Mehrwert generiert.“

Vorbereitungen auf das Blockchain-Zeitalter

Damit ewz ihren Kunden genau das bieten kann, verfolgt der Schweizer Energiekonzern die Entwicklungen in der Blockchain-Diskussion mit Spannung – und wird selbst aktiv. „Nach einem internen Digitalisierungs-Assessment im Jahr 2015 haben wir die Unit Digital@ewz gegründet, die sich Themen wie Data Analytics, Internet of Things, Smart Grid sowie Smart Home und Smart City widmet“, so Beyer. Außerdem ist ewz Mitglied im Verein BlockchainX, der den Austausch zwischen Wissenschaft, Startups und Industrie in Bezug auf Blockchain und weitere Zukunftstechnologien forcieren will.

Wie ausgereift ist die Technologie nun eigentlich?

Aktuell befinden sich Blockchain-Anwendungen im Energiebereich noch in einem frühen Entwicklungsstadium, weil es noch viele rechtliche und regulatorische Hürden gibt. Um die Technologie dennoch zeitnah einsetzten zu können, klärt ewz die verbleibenden Details. „Ein aktuelles Problem einiger Blockchain-Anwendungen ist, dass eine Transaktion teilweise sehr viel Strom verbraucht – etwa so viel wie eine US-Familie am Tag. Deshalb prüfen wir, ob Blockchain sich bei uns für ein Innovationsprojekt eignet und arbeiten aktuell mit einem französischen Startup zusammen. Davon erhoffen wir uns primär einen Erkenntnisgewinn, aber auch einen Anstoß für agiles Handeln. Und durch neue Angebote erhoffen wir uns natürlich auch weiteres Umsatzpotenzial.“

Tatsächlich sei es für ewz momentan noch zu früh, um die effektiven Ausmaße für die Branche abzuschätzen. „Allerdings können wir schon heute die Weichen für eine agilere Organisation stellen, um so entsprechend schnell auf Veränderungen im Wettbewerb und bei den Kundenwünschen reagieren zu können, die durch die Blockchain-Technologie ausgelöst wurden“, so Beyer.

Wie Gründer gemeinsam mit ewz durchstarten können

Um die dafür passenden Mitstreiter zu finden, ist ewz Teil des Swiss Innovation Outposts. Der Verbund aus Schweizer Erfolgsunternehmen bringt als Matchmaker deutsche Startups mit tonangebenden Akteuren der Schweizer Industrie zusammen.

Gründer, die den Schweizer Markt erschließen wollen, können hier einen Termin für die Office-Hour am 17. August in Berlin ausmachen und sich ausführlich beraten lassen!

 

Artikelbild: https://www.eyeem.com/p/92530383