Das Berliner Startup Ascribe kämpft für die Dezentralisierung der Macht

Da ist es schon wieder. Dieses Blockchain. Ein Zauberwort für die nächste Revolution im Internet? Oder der nächste Hype, an den sich in ein paar Monaten niemand mehr erinnern kann oder will? Für den Gründer und CEO vom Berliner Startup Ascribe, Bruce Pon, ist die Sache eindeutig. Pon ist ein vorsichtiger, nachdenklicher Mann, aber mit seiner neuen Variante von Blockchain, genannt BigchainDB, will er sich auf den Weg zur nächsten Umwälzung des Internets machen. Auch wenn es laut seiner eigenen Einschätzung noch einige Jahre dauern wird.

Es geht um Dezentralisierung von Macht. Die Aufgaben von Knotenpunkten und Zentraleinheiten der Kontrolle werden in Zukunft auf das gesamte Netzwerk übertragen, wenn Pon Recht hat. Mit Hilfe dieser neuen Technik. „Die ist extrem machtvoll“, sagt Pon, der zuvor für Daimler und Accenture gearbeitet hat. Zu den Knotenpunkten gehören zum Beispiel Banken, Notare und alle, die an Übertragung von Werten oder an Urheberrechten beteiligt sind.

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Bereits die erste Variante von Blockchain war schwer zu verstehen. Die Idee war eng mit der virtuellen Währung Bitcoin verknüpft. Kurz gesagt: Alle Buchungen sollten auf allen beteiligten Computern gespeichert werden und so zum Beispiel für Sicherheit von Transaktionen sorgen. Doch die Technik hatte einige Schwächen. Pon: „Pro Sekunde waren nur zwei Transaktionen möglich. Also mussten wir ein völlig neues System aufsetzen, um die Technik skalierbar zu machen.“ Das ist nach eigener Aussage mit dem dezentralen Datenbanksystem BigchainDB gelungen.

Das neue System soll in der Lage sein, mehr als eine Million Vorgänge pro Sekunde abzuarbeiten. Ohne spürbare Verzögerung. Es soll sich außerdem nahtlos in dezentrale Plattformen, Dateisystemen und Rechner implementieren lassen. Aus Blockchain ist laut Ascribe ein skalierbares, verkaufbares Produkt geworden.

Ascribe-CEO Bruce Pon

Die Begeisterung für Bitcoin war unter anderem dadurch entstanden, weil die virtuelle Währung als Alternative zu einer staatlich kontrollierten Währung gesehen wurde. Aus dieser Begeisterung entstand die Idee, mit der darunter liegenden Blockchain-Technologie andere Vorgänge in das Netzwerk zu übertragen. BigchainDB ist eine dezentrale Datenbank, die viele Vorteile der Blockchain übernimmt.

Zum Beispiel dezentralisierte Kontrolle, Widerstandsfähigkeit gegen Manipulationen, Erzeugung und Übertragung von Werten. Dazu kommen jetzt aber die Vorteile von Big-Data-Technologie: schneller Datendurchsatz, minimale Verzögerung der Prozesse, hohe Kapazität, Abfragefunktionen und ein differenziertes Zugangsberechtigungssystem. So heißt es jedenfalls in der Ankündigung des Berliner Startups, das seine Technik gerade in San Francisco auf der Blockchain-Konferenz vorgestellt hat. Ascribe sieht folgende Einsatzmöglichkeiten für seine neue Technologie:

  • Verbindliche Verträge mit allen dazugehörigen Transaktionen können direkt in der BigchainDB gespeichert werden.
  • Erzeugung und sofortige Übertragung von großen Vermögen. Nur der Besitzer der Vermögen kann diese übertragen. Nicht der Netzwerkadministrator, wie in bisherigen Datenbanksystemen. Kosten werden minimiert, alles soll schneller gehen.
  • Echtzeit-Verfolgung der Produktion von Gegenständen. Zum Beispiel indem Daten von RFID-Chips in Bigchain gespeichert werden. So sollen Kosten gespart und Betrug vermieden werden.
  • Nachhalten von Urheberrechten. Digitale Kunstwerke oder Musik kann mit einem Wasserzeichen versehen werden. Alle Informationen über die Verbreitung und Kopien werden dann in der Bigchain gespeichert. Der Lizenzinhaber behält den Überblick über die Verbreitung seiner Werke. Auf dieses Feld hat sich Ascribe konzentriert.
  • Zeitstempel, Zertifikate und Quittungen. Bigchain ist in der Lage, digitale Vorgänge offen zu legen. Wann wurde was übertragen? Das verhindert juristische Probleme bei Vertragsabschlüssen.
  • Verbesserung der Verlässlichkeit von Datenbanken. Bis jetzt kann ein einziger Fehler zu Datenlecks führen. Bigchain kann das verhindern.

BigchainDB soll in einer Out-Of-The-Box-Version erhältlich sein und sich für die jeweilige Nutzungssituation anpassen lassen. Zum ersten Mal soll es für viele Unternehmen möglich sein, die Technologie auszuprobieren und von ihr zu profitieren. „Wir sind die erste Firma, die dies fehlende Verbindung herstellt“, sagt Pon. Erleben wir gerade die zarten Anfänge der nächsten Internet-Revolution? Bruce Pon schaut weit in die Zukunft und philosophiert von einem neuen Netzwerk des Vertrauens. Auch wenn Banken heute noch verpflichtet seien, ihre Transaktionen auf Papier zu archivieren. Gesetze werden sich den technischen Gegebenheiten anpassen. Da ist sich der Ascribe-CEO sicher. Irgendwann.

850 Startups arbeiten laut Schätzungen weltweit am Einsatz der Blockchain-Technologie. Insgesamt sind mehr als eine Milliarde Dollar an Investments geflossen. Diese Technik scheint auf viele junge Unternehmer und Investoren eine geradezu magische Anziehungskraft zu haben. Es gibt offenbar unzählige Geschäftsmodelle, die sich hier auftun. Vielleicht kommt am Ende ja etwas ganz anderes dabei heraus. Etwas, das wir uns heute nich nicht vorstellen können. Wir bleiben dran.

Bilder: NamensnennungWeitergabe unter gleichen BedingungenBestimmte Rechte vorbehalten von Hernan Piñera / Ascribe