DLDwomen13 conference Munich - "Breaking new ground" - Germany July, 15-16, 2013 / #DLDw13

Burdas Investitionsstrategie

Stefan Winners ist seit Oktober 2012 neuer Digital-Vorstand bei Burda (www.hubert-burda-media.de). Seit 2005 war er Vorstandschef bei der Tomorrow Focus AG (die heutigen Zahlen von Tomorrow Focus zeigen übrigens großes Wachstum) und machte dort bereits mit kräftigem Umsatzwachstum auf rund 150 Millionen Euro auf sich aufmerksam. In seiner Jugend verdiente er sein Geld mit Mathe-Nachhilfe, nach dem BWL-Studium stieg er über Bertelsmann in die Medien ein. Sein Fokus bei Burda: Later-Stage-Investments.

Vor einigen Wochen gab Winners bei Gründerszene bereits Startup-Tipps, im Interview bei Burdas Digitalkonferenz DLD Women sprach Gründerszene mit ihm über Top-Venture-Capital-Unternehmen, Burdas Investitionsstrategie und seine Pläne für 2013.

Hallo Herr Winners, darf ich, wie in der Startup-Szene üblich, das Du nutzen?

Ja, klar.

Sehr gut. Stefan, du beschäftigst dich viel mit digitalen Themen, eher im Later-Stage-Bereich, aber hast du auch ein Lieblingsstartup?

Ich muss gestehen, ich habe kein konkretes Lieblingsstartup. Ich finde viele Unternehmen spannend, sowohl in Deutschland als auch in den USA. Wir schauen sehr stark auf die Startups und natürlich auch auf Later-Stage-Unternehmen, die in den Geschäftsfeldern aktiv sind, in denen wir bereits engagiert sind. Zum Beispiel auf den Reisebereich, da hat die Tomorrow Focus AG im letzten Jahr sehr stark europäisch zugekauft und Firmen angeschaut, die das Reisegeschäft signifikant ausbauen können. Zu den Akquisitionen gehörten Zoover, Ecotour und Tjingo. Und dann haben wir natürlich im letzten Jahr bei Xing aufgestockt, das waren wesentliche Akquisitionen.

Welche Bereiche interessieren Burda denn derzeit explizit im Zusammenhang mit der Investitionsstrategie?

Wir haben auf der einen Seite die Mehrheit an drei börsennotierten Gesellschaften Tomorrow Focus AG, Zooplus AG und Xing AG. Hier setzen wir auf organisches Wachstum, aber natürlich schaut der Vorstand von Xing darauf, neue Geschäfte zu finden, die das Xing-Netzwerk stärken. Wie die Akquisition von Kununu. Das heißt, dass wir durch Zukäufe entweder Produkte, Technologien oder Teams einkaufen, die unsere Geschäfte stärken. Bei Tomorrow Focus sind es Themen aus den Bereichen Reisen und Digital-Vermarktung, bei denen der Vorstand gerne zukaufen würde, wenn es Sinn macht. Der Vorstand von Zooplus möchte organisch weiter wachsen. Auf der anderen Seite haben wir die nicht börsennotierten Unternehmen, nämlich Burda Direkt und die Burda Consumer Tech Group, also viele E-Commerce-, Technologie- sowie Dienstleistungsunternehmen. Hier suchen wir eher Later-Stage-Unternehmen, die spätestens ein Jahr nach Übernahme profitabel sein sollten. Für die Gesamtgruppe gilt: Wir machen kein Seed, aber du weißt ja: Ausnahmen bestätigen die Regel.

Und das ist auch nicht geplant? Ist ja derzeit ein großes Thema für viele Corporate-Unternehmen, einen eigenen Inkubator zu gründen oder ein Accelerator-Programm zu starten. Ist ein Trend, ganz früh dran zu sein. Das plant Burda nicht?

Nein, wenn ich mir global die Venture-Fonds anschaue, werden zwei Drittel der Budgets im Later-Stage-Bereich investiert und ein Drittel im Early-Stage und Seed. Die Rendite ist im Later-Stage einfach höher. Die Corporate Ventures, die neu starten, haben eine steile Lernkurve vor sich. Bei langfristigen Renditevergleichen hat sich nämlich klar gezeigt, dass es einen sehr deutlichen Zusammenhang zwischen Renditeanstieg und Erfahrenheit der Venture-Teams gibt.

Die Failquote ist natürlich viel höher im Early Stage. Aber vielleicht ist es für viele Corporate-Unternehmen eher ein kulturelles Thema?

Vielleicht, wenn ich mir das leisten kann, dadurch einen kulturellen Wechsel zu unterstützen, ist das doch gut. Global haben in der Vergangenheit jedoch nur ganz wenige Fonds eine dauerhaft hohe Rendite für die Investoren erzielt. Das sind in Amerika vielleicht fünf und in Europa wahrscheinlich nur zwei Teams. Und alle anderen verlieren in der Regel Geld. Und das hängt damit zusammen, das ein Gründungsteam natürlich zuallererst zu den Top-drei-Ventures geht, wo die besten Leute sitzen, das erfahrenste Team sitzt. Das ist eine Kaskade, die von oben nach unten geht. Das bedeutet, dass die besten Venture-Teams die besten Dinge angeboten bekommen.

Und erst wenn die nein sagen, gehen die Gründer zum nächsten.

Das ist meine Beobachtung. Ja, und das ist auch mit den Talenten am Arbeitsmarkt so, die besten Arbeitskräfte gehen zu den besten Unternehmen und deshalb können diese Unternehmen am Markt auch am besten wachsen.

Wie findet ihr denn eure Investments?

Unsere wichtigsten Firmen verfügen über eigene Unternehmensentwicklungen, zum Beispiel bei der Burda Digital GmbH oder bei der Tomorrow Focus AG. Auch die Xing AG hat das, die Teams dort schauen sich laufend neue Ideen an und sprechen mit Firmen. Und versuchen Gründer glücklich zu machen, wenn ihr Geschäftsmodell wirklich fliegt.

Glückliche Gründer?

Schau dir doch einmal die Kaufpreise an, die wir alleine bei der Tomorrow Focus seit 2005 bezahlt haben. Da kommen mit den Earn-Outs mehr als 200 Millionen Euro zusammen. Wenn wir ein tolles Modell finden, wollen wir auch, dass das Gründungsteam am wirtschaftlichen Erfolg partizipiert. Und ich habe bisher keine einzige gerichtliche Auseinandersetzung mit Gründern gehabt, was heute bei vielen Transaktionen vorkommt.

Und wie machen Gründer euch glücklich?

Wir suchen die Gründer, die eine tolle Geschäftsidee haben, die wirklich gut zu uns passen, die nachhaltige Geschäftsmodelle aufbauen und vergrößern können. Wir wollen sie dabei mit unserer Erfahrung und unseren Synergien in den Bereichen Technologie, Vermarktung, SEO, Marketing et cetera unterstützen. Burda Digital hat letztes Jahr fast 1,2 Milliarden Euro Umsatz gemacht. Die Vorstände und Geschäftsführer wissen genau, was sie wollen. Aus 50 Gesprächen wird ein Kauf oder eine Beteiligung.

Meistens entdeckt ihr Investments aber auch selbst, oder?

Viele Ideen und Unternehmen haben wir selbst entwickelt. Bei Verkaufsprozessen größerer Unternehmen gibt es oftmals aber einen Prozess, in dem wir gepitcht haben und uns im Pitch durchgesetzt haben, weil wir für bestimmte Themen der beste strategische Partner waren. Wir bringen viel Reichweite, Erfahrungen und Kompetenzen mit. Zum Beispiel bei HolidayCheck. Hier haben wir die damals kleine Marke massiv in Focus.de eingebunden und damit die Bekanntheit deutlich gesteigert. Und der Umsatz ist von 2,5 Millionen Euro im Jahr 2005 auf fast 100 Millionen Euro im Jahr 2013 gestiegen.

Worauf achtet ihr beim Team, wenn das neben der Technologie zentral für euch ist?

Beim Team ist wichtig, dass wir ein hoch leidenschaftliches Team haben, das versteht, was es macht. Ein klares „Commitment to over-deliver“. Dann aber auch Werte wie Ehrlichkeit und langfristiges Denken. Aber entscheidend ist natürlich immer die Geschäftsidee, die einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil bringen muss. Zudem ist auch die technische Due-Diligence-Prüfung zentral: Wenn der Code nicht sauber gebaut ist, kaufen wir nicht.

Wie funktioniert der Austausch genau? Es sitzen ja nicht alle an einem Standort.

Wir haben verschiedene Mechanismen. Auf der einen Seite gibt es das Burda Digital Leadership Team, in dem sich die CEOs, Vorstände sowie die Geschäftsführer der AGs und der großen Unternehmen engagieren und die gesamte Burda Digital Gruppe nach vorne entwickeln. Hier entwickeln wir konzernweite Initiativen, die einen Mehrwert für jedes Unternehmen schaffen müssen. Und wir haben verschiedene Arbeitskreise, die die Unternehmen selbst organisieren, zum Beispiel zum Thema Mobile, SEO oder Social Media. Der Erfahrungsaustausch schafft einen Mehrwert für die Unternehmen.

Was sind deine Pläne für 2013, Stefan?

Da ich erst am 1. Oktober 2012 gestartet bin, möchte ich 2013 vor allem unsere Geschäfte im Detail besser verstehen. Ich fokussiere mich im Jahr 2013 darauf, die Strukturen auszubauen, aber auch das Portfolio der Burda Digital zu überprüfen. Wir haben zum Beispiel mehrere kleine Firmen ohne Wachstumsperspektiven. Und wir stärken auch überall die Management-Teams, um wirklich gut für das Wachstum in der Zukunft gerüstet zu sein.

Hat Europa andere Herausforderungen als die USA? Wo sind die Kernunterschiede nach deiner Einschätzung?

Der Kernunterschied ist sicherlich ein massives Overspending der Ventures. Wenn es ein neues Thema gibt, starten zehn Startups dazu, in Europa vielleicht zwei. Und wenn sich dann ein Unternehmen in den USA durchgesetzt hat, ist es in der Regel aufgrund des einheitlichen Marktes um ein Vielfaches größer als der europäische Wettbewerber. Mir ist aber überhaupt nicht bange. Wir zeigen seit Jahren, dass wir mit Marken wie zum Beispiel HolidayCheck uns auch gegenüber amerikanischen Marken durchsetzen können, wenn wir bessere Produkte entwickeln und eine stärkere regionale Marke etablieren können. Der entscheidende Punkt heißt Differenzierung: Haben wir Produkte, die einen signifikant besseren Kundennutzen als die Wettbewerber bringen? Sind wir näher am Kunden dran? Wenn man diese Fragen mit ja beantworten kann, ist schon viel erreicht.

Danke für das Gespräch, Stefan.

Danke, Nora.

Bild: Hubert Burda Media