Alexander Nix, Chef von Cambridge Analytica, hat keinen Hehl daraus gemacht, womit sein Unternehmen Geld verdient

Aufschrei! Ein Unternehmen, oder vielmehr ein Uni-Dozent mit seiner App, soll Nutzerdaten nicht nur für die eigenen, vermeintlich wohlgesonnenen Zwecke genutzt, sondern sie für gutes Geld weiterverkauft haben. Ein anderes Unternehmen habe sich das zu Nutze gemacht und mit den Daten den US-Wahlkampf auf den Kopf gestellt. Das ist zumindest die Sachlage, wie sie viele Medien nach der Verbannung des britischen Datenunternehmens Cambridge Analytica von Facebook erzählen.

Jetzt geht, wie in solchen Situationen üblich, die Suche nach dem Schuldigen los. Wie konnte Facebook so sorglos mit den Daten der Nutzer umgehen? Wie kann es sein, dass die sensiblen Nutzerdaten auf den Festplatten eines „bösen“ Unternehmens gelandet sind? Und wie kann es sein, dass gerade im Wahlkampf solche Daten eingesetzt werden können, um einen Kandidaten beim Stimmenfang zu unterstützen?

Alles Fragen, über die man gründlich nachdenken sollte und deren Antworten Konsequenzen mit sich bringen müssen. Aber wenn wir ehrlich sind, stellen wir sie auch zum Selbstschutz. Sind es nicht wir, die Nutzer, die oft recht sorglos mit den Daten umgehen? Das ist auch eine Frage, die wir uns stellen müssen. Haben wir immer noch nicht verstanden, wie empfindlich wir eigentlich sind, wenn es um unsere Daten geht, obwohl wir sie offenbar allzu gerne von uns geben? 270.000 Nutzer, so heißt es, sollen genau das gemacht haben, für eine App zur Persönlichkeitsprognose. Falls Cambridge Analytica damit indirekt wirklich 50 Millionen Profile erstellt haben sollte, weil auch gewisse Informationen über Freunde der Nutzer weitergeleitet wurden, verdeutlicht das die Problematik umso mehr.

Dass Facebook nun Cambridge Analytica von der sozialen Plattform verbannt, ist als prompte Reaktion genauso naheliegend wie nutzlos. Ein neuer Account, eine andere Datenquelle, ein anderes Netzwerk – es scheint geradezu lächerlich, so einen weiteren Missbrauch ausschließen zu wollen. Allenfalls ein Zeichen setzt die Verbannung, die grundsätzlichen Fragen beantwortet sie nicht. Und nach Cambridge Analytica wird das nächste Unternehmen kommen, das einen Weg findet, sich soziale Daten illegal zu Nutze zu machen. Daran werden auch schärfere Gesetze wenig ändern können.

Wir wollen mündige Bürger sein? Dann müssen wir mit offenen Augen durch die virtuelle Welt gehen: Uns auf Nutzerrichtlinien von sozialen Netzwerken zu verlassen, die wir im übrigen ja selbst nicht einmal gelesen haben, ist naiv. Damit machen wir es uns zu einfach. Wir wollen den Luxus, den die Plattformen versprechen? Dann liegt es auch an uns, über die möglichen Konsequenzen nachzudenken. Darüber, dass wir uns beeinflussbar machen. Nachher laut aufzuschreien, wenn Illegales geschieht, ist eine natürliche und verständliche Reaktion. Die Netzwerke sind natürlich in der Pflicht, unsere Daten gut zu verwahren, und sie müssen zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie das nicht tun. Dass wir derart gezieltes „social hacking“ selbst möglich gemacht haben, muss uns aber bewusst sein.

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