2014 war ein Rekordjahr für Übernahmen und Fusionen in der europäischen Internetwirtschaft: 668 Deals wurden geschlossen. Jetzt veröffentlicht die Corporate-Finance-Beratung Catcap in einem Report, der Gründerszene vorab vorlag, die Zahlen für das Folgejahr – und die machen klar: So gut wie 2014 lief 2015 nicht. Die Zahl der Deals sank auf 575, was aber immer noch über der Marke von 2013 (509) liegt.

Gleichzeitig blieb die Zahl der Transaktionen im Bereich von über 100 Millionen US-Dollar beinahe gleich: Davon gab es 16 (2014: 17); im Bereich zwischen 50 und 100 Millionen gab es elf (gegenüber 8 in 2014), und sogar 22 im Bereich zwischen 20 und 50 Millionen (2014 nur 9).

Die Daten des Catcap-Reports stammen vom Finanzinformationsdienst S&P Capital IQ und der Beratungsfirma Majunke und beziehen sich nur auf Unternehmen der Internetwirtschaft – Software-Deals sind laut Catcap nicht enthalten. Das erklärt auch, wieso die Ergebnisse etwa vom Exit-Report von Tech.eu etwas abweichen.

Weitere Ergebnisse:

  • Erstmals konnte Deutschland Großbritannien als attraktivster Zielmarkt für Übernahmen leicht abhängen: Während hierzulande 129 Deals über die Bühne gingen, waren es auf der Insel 116 Transaktionen.
  • Wie im Vorjahr stammen außereuropäische Käufer fast immer aus den USA (ganze 50 Übernahmen). 2014 stammte kein Käufer aus China, 2015 waren es hingegen schon fünf.
  • Der Top-Deal des Jahres war – mit Abstand – die Übernahme der schwedischen Spieleschmiede King.com durch das US-Unternehmen Activision Blizzard. Kaufpreis: 5,9 Milliarden US-Dollar.

Der Hamburger Catcap-Partner Mark Miller interpretiert im Kurz-Interview die Ergebnisse:

Was waren 2015 die wichtigsten Trends?

Deutschland hat sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit Großbritannien etwas abgesetzt, sicher getragen von der Berliner Stärke. Osteuropa ist stark im Kommen und zieht hohes internationales Interesse auf sich. „Proven Winners“ brauchen etwas mehr Zeit und Geld, um sich zu beweisen. Es ist spannend zu sehen, wie sich Mediengrößen wie ProSiebenSat.1 und Ströer gerade mit M&A neu erfinden. Plattform-Unternehmen sind sehr gesucht und werden, strategisch getrieben, von Unternehmen wie Recruit weggekauft. Überhaupt haben die Japaner Europa als Betätigungsfeld entdeckt.

Warum hat die Zahl der Deals abgenommen?

Das Jahr 2014 war ein sehr starkes M&A-Jahr und insofern ist es auch nicht verwunderlich, dass die Anzahl der Deals in 2015 leicht rückläufig ist. Der zugrundeliegende positive Trend ist weiterhin in Takt und es besteht Grund zur Annahme, dass wir auch im Jahr 2016 verstärkte M&A-Aktivitäten in der Internetbranche sehen werden (sofern sich die makroökonomischen Parameter nicht deutlich verschlechtern). Dabei sehen wir, dass Internetunternehmen für strategische Käufer relevante Unternehmensgrößen erreicht haben. Das spiegelt sich auch in den Transaktionssummen wieder. Die Internetbranche wird erwachsen: weniger, aber größere Deals stehen auf der Tagesordnung.

Das Jahr der IPOs war 2015 definitiv wiederum nicht. Wieso? Und wird 2016 besser in der Hinsicht?

IPOs stehen in starker Abhängigkeit der aktuellen Entwicklung und Lage an den Aktienmärkten. Da sich die europäischen Aktienmärkte seit dem zweiten Halbjahr 2015 rückläufig entwickeln, flankiert von den nach unten korrigierten Bewertungen von Internetunternehmen in den USA, wurden und werden auch hierzulande Börsengänge von Internetunternehmen kritischer betrachtet. Daher wird diese Exit-Möglichkeit für Investoren aktuell wieder weniger interessant. Aber: Die Unternehmen, die es 2015 an die Börse geschafft haben, die haben sich ordentlich und den TecDax geschlagen und liegen mit der Ausnahme von Windeln.de über dem Ausgabepreis.

In den USA werden Bewertungen schon signifikant nach unten korrigiert. Wird das bei uns auch passieren?

Das glaube ich nicht, da die institutionellen Investoren in Europa in der Regel weniger aggressiv bei der Bewertung preisen als zum Beispiel ihre amerikanischen Kollegen. Darüber hinaus steht bei europäischen Startups die frühzeitige Monetarisierung auf der Agenda, wohingegen bei US-Startups oftmals erst die Reichweite im Fokus steht, bevor man über die Monetarisierung nachdenkt, siehe etwa Tinder oder Twitter. Und: Ein Unternehmen wie Axel Springer macht nunmehr 70 Prozent seines Gewinns mit größtenteils akquiriertem Digitalgeschäft. Diesem Beispiel folgen weitere Strategen und halten damit die Nachfrage nach Internetunternehmen hoch.


Übersicht: Die wichtigsten Exits der vergangenen Monate

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