Sexismus in der Tech-Szene

„Ich bin kein Sexist“

„Hey G. I will not leave Berlin without having sex with you. Deal?“ stand in der E-Mail, die Startup-Mitarbeiterin Gesche Haas im Juli nach einem Berliner Tech-Event erreichte. Der Absender: Investor und Tech-Journalist Pavel Curda, der für TheNextWeb schreibt und schon als Mentor beim Berliner Inkubator Hubraum oder beim Startupbootcamp tätig war. Wochen später erzählte Haas, die für das New Yorker Design-Startup Conjure.io arbeitet, Sam Biddle, Autor des Tech-Blogs ValleyWag, von dem Vorfall.

In dem Artikel wird Haas mit den Worten zitiert: „Ich war so durcheinander. Ich konnte für eine oder zwei Stunden nicht einschlafen. Was hatte ich ihm signalisiert?“ Am nächsten Tag habe sie herausgefunden, dass eine Teilnehmerin der Konferenz die gleiche Mail erhalten hat. „Da wusste ich, dass ich nicht selbst schuld war.“

Veröffentlicht am Dienstagabend, verbreitete sich der ValleyWag-Artikel binnen Minuten. Haas teilte den Artikel auf ihrer Facebook-Seite – und bekam bisher über 1.500 Likes für den Post.

Und wie reagierte Absender Pavel Curda? Der Investor behauptete auf Twitter zunächst, dass sein Gmail-Account gehackt wurde. Wenige Stunden später entschied er sich offenbar doch dazu, einzugestehen, dass er die Mail tatsächlich verschickt hatte: Als Business Insider die Story aufgriff, entschuldige sich Curda in einem Statement offiziell bei Haas: „Ich bereue es, dass ich während meines Aufenthalts in Berlin im Juli diese Mails geschrieben habe, die in der Presse erwähnt wurde“, erklärt Curda dort. „Ich entschuldige mich dafür und bin auch bereit, mich noch einmal mit einem großen Blumenstrauß zu entschuldigen.“

Auch im Gespräch mit TechCrunch versucht Curda die Situation zu erklären. „I fucked up. Wir hatten in der Nacht zuvor eine lange Diskussion über Business-Themen und haben zusammen getrunken. Sie ist eine nette Frau und ich war total betrunken.“ Und weiter: „Ich bewundere Gründerinnen und kenne viele von ihnen. Ich bin kein Sexist. Ich will die Lage beruhigen. Sie scheint sehr sauer zu sein. Ich habe einen großen Fehler gemacht und den bereue ich. Ich bin nur ein kleiner Angel Investor in Mitteleuropa. Ich werde mein Verhalten ändern. Ich bereue es und entschuldige mich.“ Auf Twitter entschuldigte sich Curda erneut für die Mail.

Doch offenbar verschickte Curda die Mail tatsächlich nicht nur an Haas, sondern auch an Lucie Montel, die bei der Event-Agentur Rainmaking Loft in Berlin arbeitet und an derselben Berliner Konferenz wie Haas im Juli teilnahm. Auf Curdas ursprüngliche Hacking-Erklärung hin twitterte sie:

Die späten Entschuldigungs-Versuche nützen Curda nicht viel: Der Tech-Blog TheNextWeek verkündete, dass er als Autor nicht mehr tragbar sei. Auch der Berliner Inkubator Hubraum schmiss ihn aus dem Mentoren-Pool. Auf Facebook schrieb Hubraums Programm-Managerin Fee Beyer, dass so ein Verhalten unter keinen Umständen akzeptabel sei. „Wir haben größten Respekt für alle Unternehmerinnen, die sich zu Wort melden.“

Traurigerweise ist Gesche Haas nicht die einzige Frau aus der Tech-Szene, die mit Chauvinismus kämpfen muss. Im Silicon Valley ist die Debatte über Sexismus derzeit in vollem Gange. Immer mehr Berichte zeigen, wie viele Frauen in der amerikanischen Tech-Branche von ihren männlichen Kollegen diskriminiert werden.

Dazu zählt auch Whitney Wolfe, Mitgründerin der erfolgreichen Dating-App Tinder, die im Juli ihr eigenes Unternehmen verklagte, weil ihr Chef sie monatelang belästigt und schikaniert hatte – „Hure“ und „Schlampe“ wurde sie von ihm in SMS-Nachrichten genannt. Weitere Gründerinnen, Programmiererinnen und Ingenieurinnen taten es ihr gleich und schrieben teilweise anonyme Erfahrungsberichte, in denen sie schildern, welche Schikane ihnen widerfahren ist – in der Hoffnung, dass dieses Problem beseitigt wird.

Der Fall Gesche Haas ist damit nur ein weiterer, der zeigt, wie weit verbreitet Chauvinismus offenbar in der sonst so fortschrittlichen Tech-Branche ist.

Bild: Screenshot