Ist mit ihrem Startup auch in Deutschland auf dem Vormarsch: Mobike-Mitgründerin Hu Weiwei
Ist mit ihrem Startup auch in Deutschland auf dem Vormarsch: Mobike-Mitgründerin Hu Weiwei (Mitte)

Mehr als jedes dritte (35 Prozent) chinesische Startup hat zumindest eine Frau im Gründerteam. Das geht aus dem aktuellen Startup Outlook Report der amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) hervor, für den mehr als tausend Jungunternehmer befragt wurden – zwei Drittel davon aus der Tech-Branche (PDF). In den Vereinigten Staaten wird demnach nur jedes vierte Startup von Frauen (mit)gegründet und in Großbritannien sind es sogar nur 17 Prozent. In Deutschland sieht die Lage laut Startup Monitor von KPMG noch prekärer aus: 2017 waren hier 14,6 Prozent Gründerinnen. Immerhin eine leichte Zunahme im Vergleich zum Vorjahr (13,9 Prozent).

An der Spitze verschärft sich der Frauenmangel noch weiter: Abgesehen von HelloFresh ist keines der wertvollsten deutschen Startups von Frauen mitgegründet worden – und auch der Kochboxen-Versender verlor seine weibliche Führungskraft wieder, bevor es richtig ans Eingemachte ging. Europaweit sieht es nicht besser aus: So steht es jedenfalls im Ende 2017 erschienenen Bericht „Europe’s Titans of Tech“ der britischen Beratungs- und Investmentfirma GP Bullhound (PDF). Dabei habe es unter den befragten 160 Gründern nur sieben Frauen gegeben. „Es mag keine Überraschung sein, dass Europas Milliarden-Dollar-Gründer meist junge Männer sind“, schreiben die Autoren, „Das hebt eine ernsthafte Herausforderung für die Industrie hervor: Vielfalt.“

Das Problem ist auch aus Amerika bekannt – und zwar nicht erst seit den jüngsten Sexismus-Skandalen um Google und Co. Laut Silicon Valley Bank gibt es im Land der angeblich unbegrenzten Möglichkeiten nur in 43 Prozent der Vorständen und in 29 Prozent der Aufsichtsräten Frauen. Im Gegensatz dazu scheint es in China auch in der Unternehmensführung vorbildlich zuzugehen. Denn in dem Land, dessen Bevölkerung mehr als doppelt so groß ist wie die der Europäischen Union, säßen in knapp zwei Drittel der Vorstände Managerinnen sowie in 45 Prozent der Aufsichtsräte, heißt es im Startup-Bericht der SVB.

Sie führen die wertvollsten Unternehmen

Dabei führen die Chinesinnen auch einige der wertvollsten Unternehmen. So wird die Online-Bezahl-Plattform Ant Financial, die laut Berichten des Finanzblatts Financial Times in einer baldigen Finanzierungsrunde zum höchstbewerteten Startup der Welt aufsteigen kann (120 Milliarden Dollar), von Lucy Peng geführt. Die Mitgründerin des Ant-Financial-Mutterkonzerns Alibaba wurde schon durch dessen Börsengang zur Milliardärin. 1994 machte die Mittvierzigerin ihren Bachelor-Abschluss in Business Administration am Hangzhou Institute of Commerce der jetzigen Zhejiang Gongshang University. Dort lehrte sie einige Jahre Ökonomie, bevor sie von Jack Ma, den sie durch ihren Ehemann kannte, gefragt wurde, ob sie Alibaba mitgründen wolle. Damals hätte sie den späteren Erfolg des heutigen Milliarden-Konzerns nicht erwartet und einfach mitgemacht, weil sie Spaß daran gehabt hätte, gemeinsam mit einer Gruppe Enthusiasten zu arbeiten, schreibt das amerikanische Magazin Fortune.

Auch Chinas Uber Didi Chuxing, das nach dem originalen Uber momentan zweitwertvollste Startup der Welt, wird von der etwa vierzig Jahre alten Jean Liu geführt. Nach einem Computer-Science-Studium an der Universität Peking und einem Master-Abschluss in Harvard arbeitete sie zwölf Jahre in der amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs. Nachdem sie dort zu einer der jüngsten Managing Directors aufgestiegen war, wechselte sie 2014 zu Didi Chuxing und hat dem Unternehmen seitdem Milliarden Dollar in Finanzierungsdeals gebracht.

Melissa Yang wiederum hat 2011 den milliardenschweren chinesische Airbnb-Konkurrenten Tujia gegründet. Nach eigenen Angaben hat sie nach einem Bachelor-Abschluss an der Tsinghua University in Peking und zwei amerikanischen Mastern in Computer Engineering und Computer Science an der Wayne University sowie an der University of Washington bei Expedia.com gearbeitet. Ab Ende 2006 hat sie drei Jahre lang als CTO für Escapia gearbeitet und das Konsumentengeschäft aufgebaut, bevor sie den asiatischen Markt für Microsofts Suchmaschine Bing betreute. Über den chinesischen Startup-Markt berichtete sie zudem, dass nach Alibabas Erfolg viele Leute ihr eigenes Business gründen wollten. „Die chinesische Regierung hat dieses Gründertum unterstützt. Und Technologie hat in China Fahrt aufgenommen. Das mobile Internet. Es gibt so viele Technologien, die das Eröffnen vieler neuer Geschäfte ermöglichen“, sagte sie der Finanzzeitung.  

„Self-made“-Erfolge

Ein weiteres von einer Frau gegründetes Startup mit einer Milliarden-Bewertung ist das weltgrößte Fahrrad-Sharing-System Mobike. Das von der 35 Jahre alten Hu Weiwei und ihrem etwa gleichaltrigen Bekannten Xia Yiping 2015 ins Leben gerufene Unternehmen agiert seit Ende vergangenen Jahres wie in etwa 200 anderen Städten weltweit auch in Berlin. Hu hat Xia 2012 kennengelernt, als sie als Journalistin den bei Fords „connected cars“ in China arbeitenden Xia interviewen wollte, berichtet das Magazin Fortune. Allerdings habe sie ihn damals versetzt und sei trotzdem mit ihm in Kontakt geblieben. Drei Jahre später habe Hu Xia davon überzeugen können, seinen Fokus von Autos auf Fahrräder zu verlegen. Mobike gründeten sie gemeinsam mit dem mehr als vierzigjährigen Wang Xiaofeng, über den Hu laut Handelsblatt sagt, er kümmere sich um das Geschäft, während sie mit ihrer Vision „das Herz der Firma“ sei.

Auch die reichste „self-made“ Frau der Welt soll laut Forbes eine Chinesin sein – und zwar die Endvierzigerin Zhou Qunfei, deren Unternehmen unter anderem Touchscreens für Apples iPhone herstellt. Nichtsdestotrotz ist die Entwicklung von Frauen in Führungspositionen im Vergleich zum Bericht der Silicon Valley Bank von 2016 nicht nur in Großbritannien und den USA, sondern auch in China rückläufig.

Bild: VCG / Gettyimages