„Customer Service ist das neue Marketing“ - Freshdesk

Als erstes Unternehmen außerhalb der USA bekam Freshdesk ein Investment von Google Capital. Innerhalb von nur sechs Jahren hat das Team bereits vier Produkte auf den Markt gebracht: Freshdesk, Freshservice, Hotline.io und Freshsales. Gründer und Geschäftsführer Girish Mathrubootham macht einiges anders, aber anscheinend richtig. Seine Kundensupport-Lösung richtet sich an Startups und KMUs – eine Nische, die sich lohnt.

 

Ein kaputter TV-Screen, ein verärgerter Kunde – und eine Mission

Nachdem ein Umzugsunternehmen seinen Fernseher zerstörte, muss Girish Mathrubootham 2009 Bekanntschaft mit dem Customer Support der Hölle machen: Sechs Monate lang versuchte er vergeblich, per Telefon und E-Mail jemanden zu erreichen. „Zum Schluss ging es mir nicht mehr um das Geld, sondern um Gerechtigkeit“, sagt der Unternehmer. In einem Online-Forum machte er seinem Frust Luft. Und siehe da: Nicht nur entschuldigte sich der Geschäftsführer der Spedition persönlich, auch der Schadensersatz landete wenige Tage später auf seinem Konto.

Mathrubootham wurde klar: So weit sollte es nicht kommen. Darum entschied er, Freshdesk zu bauen. Die Software ermöglicht Startups und KMUs einen effizienten Kundendienst, der am Puls der Zeit angekommen ist.

In diesem Jahr hielt Freshdesk als einziges neues Unternehmen Einzug im ‚Gartner’s Magic Quadrant for the CRM Customer Engagement Center‘ und steht als erstes in Indien gegründete SaaS-Unternehmen kurz vor dem Unicorn-Status.

Im Interview erzählt der CEO, welche Schlüsselrolle Customer Service spielt, wie sein Unternehmen so schnell wachsen konnte und was die nächsten CRM-Trends sein werden.

Girish, ihr seid das erste Unternehmen außerhalb der USA, in das Google Capital investierte. Wie konntet ihr sie überzeugen?

2013 war unsere App im Google Apps Market Place die Nummer Eins unter den Customer Support Solutions. David Lawee, Partner bei Google Capital, kam auf uns zu und sagte zwei Dinge. Erstens: Wenn man Freshdesk mit SaaS-Unternehmen aus dem Valley vergleicht, haben wir es geschafft, auf andere Weise extrem effizient zu skalieren – und zwar ohne starkes Marketing und Sales und ohne Fokus auf große Unternehmen. Zweitens: Wir haben nicht versucht, Valley-Unternehmen blind nachzuahmen, sondern unser eigenes Ding gemacht und lediglich einige Learnings mitgenommen. Das waren wohl die zwei entscheidenden Argumente, in uns zu investieren.

Kürzlich habt ihr die 80.000-Kunden-Marke geknackt. Wie habt ihr es geschafft, euren Kundenstamm innerhalb eines Jahres zu verdoppeln?

Wir waren von Anfang an global aufgestellt. Kurz nachdem wir das Produkt im Jahr 2011 gelauncht hatten, hatten wir bereits sechs Kunden aus vier Ländern. Da unsere potenziellen Neukunden uns hauptsächlich online finden, konzentrieren wir uns auf SEO und Online Advertising.

Der Hauptgrund für unser Wachstum ist allerdings, dass wir mit Freshdesk auf den Long Tail der Global Assembly abzielen. Sprich: Eine Nischenzielgruppe, kleine Unternehmen, die aber genau wie die Großen SaaS-Tools benötigen, mit denen sie ihren Kundensupport und ihr CRM effizient ausführen können.

Hinzu kommt ein gutes Produkt. Freshdesk bietet alle Funktionalitäten, die Startups und KMUs benötigen. Außerdem lassen sich unsere Features intuitiv bedienen, die Nutzer haben also eine gute User Experience. Und dann ist da noch die Sache mit dem Preis: Da wir kaum Ausgaben für klassisches Marketing oder Sales haben, können wir das Produkt kostengünstig anbieten und deshalb locker mit den Marktriesen mithalten.

Neben Büros in der Bay Area, Chennai, Sydney und London habt ihr nun ein weiteres Headquarter in Berlin eröffnet. Wieso gerade hier?

Insgesamt punktet Berlin durch Faktoren wie Lebensqualität, geringe Lebenshaltungskosten und der Anzahl junger talentierter Leute aus der Tech-Szene vor anderen europäischen Städten, die ebenfalls auf unserer Liste standen. Die Stadt mausert sich gerade zum führenden Startup Hub Europas – da wollen wir unbedingt mit von der Partie sein. Außerdem ist die lokale Kundennähe wichtig für uns: Von Berlin aus werden wir die gesamte DACH-Region betreuen.

Wie wollt ihr zukünftige Kunden auf euch aufmerksam machen?

Erst einmal müssen wir für Brand Awareness sorgen. Wer uns nicht kennt, weiß auch nicht, dass Google Capital, Accel Partners oder Tiger Global Management in uns investiert haben. Oder dass mittlerweile 700 Angestellte die eben genannten 80.000 Kunden betreuen. Um einander kennenzulernen, organisieren wir aktuell gezielt Events für Startups und KMUs, die planen, eine Customer Support Software einzuführen. Auf diesen Veranstaltungen erzählen wir unsere Geschichte, zeigen die aktuellsten Freshdesk-Produkte und teilen darüber hinaus die neuesten Ideen und besprechen Trends.

Welche Zukunftstrends können wir im Bereich Customer Service denn erwarten?

Drei Dinge: Social Media, In-App-Support und Machine Learning. Social Media entwickelt sich immer weiter und es wird auf noch mehr Plattformen Kommunikation stattfinden. Für Mobile First Companies ist es wichtig, In-App-Support wie Chats anzubieten, damit Kunden nicht umständlich die Telefonnummer heraussuchen müssen, während sie in der App sind – dafür haben wir unsere Hotline-App. Zudem bedarf es neuer Machine Learning-Lösungen, die beispielsweise Kundenanliegen nach Dringlichkeit priorisieren und Tickets automatisiert den richtigen Ansprechpartnern zuweisen. Daran arbeiten wir aktuell.

Also wird Customer Service in Zukunft weiter an Wichtigkeit gewinnen?

Absolut! Ich sage immer: „Good customer service is good business”. Customer Support ist das neue Marketing, nicht zuletzt auch durch die Macht von Social Media. Unternehmen können sich einfach keinen schlechten Kundenservice mehr leisten, weil sie dafür direkt die Quittung über öffentliche Kanäle wie Twitter oder Facebook bekommen.

Dafür gibt es unterschiedliche Tools. Anders als viele eurer Konkurrenten habt ihr euch nicht für ein Produkt entschieden, sondern bietet mehrere an. Wie kommt das?

Wir sehen ein Problem, suchen eine Lösung und bauen sie dann. Zuletzt haben wir Freshsales an den Markt gebracht. Unser Team suchte nach einer agilen CRM-Lösung mit integrierten Features, die sie mit Daten zu Nutzeraktivitäten, ihrer eignen Produktivität und mit Informationen zur Priorisierung potenzieller Kunden versorgt. Heraus kam Freshsales, womit wir genau das ermöglichen: E-Mail- und Telefonintegration, Account Management, Aufzeichnung des User-Verhaltens, Lead Scoring, visuelle Vertriebspipelines, Reportings und Mobile Apps – alle Schlüsselfunktionen für einen High Velocity Sales unter einem Dach. Wer das ausprobieren möchte, kann sich selbst davon überzeugen.

Hast du einen abschließenden Tipp für Gründer?

Ja. Vielleicht sogar gleich zwei. Wenn es um die Produkt-Philosophie geht: Ein Kunde muss vor und nach dem Kauf das Gefühl haben, dass das Unternehmen da ist und sich kümmert. Und zwar nicht nur, wenn es Probleme gibt, sondern vor allem durch proaktive Hilfestellungen.

Und unter Gründern: Versteht bitte euer Geschäftsmodell und setzt wirklich nur das um, was für euch funktioniert.

 

Vielen Dank für das Interview!

 

Artikelbild: Vertical Media GmbH