Gemeinsam ein Rind schlachten? Das hat in diesem Fall nichts mit religiösen Praktiken zu tun: Beim so genannten Crowdbutchering (oder auch Crowdbutching) geht es in erster Linie um nachhaltigen Fleischkonsum.

Mehrere Plattformen wie Kaufnekuh.de, Geteiltes-fleisch.de oder Kuhteilen.ch (in der Schweiz) bieten die Möglichkeit, Fleisch von artgerecht gehaltenem Vieh zu bestellen und dabei sicher zu gehen, dass nichts verschwendet wird. Das einfache Prinzip: Menschen kaufen sich Anteile eines Tieres, das erst dann geschlachtet wird, wenn alle Anteile verkauft sind.

An allen Punkten der Warenkette, so werben die Plattformen, wird dabei auf Sozial- und Umweltverträglichkeit geachtet: Die Tiere stammen aus kleineren, regionalen Betrieben mit Weidehaltung. Bei der Schlachtung wird auf kurze Wege großen Wert gelegt, um den Tieren Stress zu ersparen. Danach reift das Fleisch mindestens zwei Wochen, damit es zarter wird und länger frisch bleibt. Schließlich werden alle Teile des Tieres verarbeitet. Was nicht an die Käufer-Crowd geht, landet in Hundefutter, in der Lederverarbeitung oder Seifenherstellung.

Die Unternehmen Kaufnekuh.de und Geteiltes-Fleisch.de haben keine unabhängige Bio-Zertifizierung, sondern setzten auf das Vertrauen ihrer Kunden durch Transparenz: Die Käufer bekommen die Ohrmarkennummer ihres Tieres mitgeteilt, sowie Geburts- und Aufzucht-Hof.

Ein solches Fleisch-Paket enthält ungefähr acht Kilo Gemischtwaren wie Suppenfleisch, Rouladen oder Hackfleisch. Filet-Stücke oder Wunsch-Teile werden nicht einzeln angeboten, jeder Käufer bekommt den gleichen Anteil von allem. Die Waren werden vakuumverpackt und gekühlt per Express-Sendung nach Hause geliefert.

Kaufnekuh.de und Kuhteilen.de sind 2014 beinahe gleichzeitig an den Markt gegangen – Kuhteilen.de in der Schweiz und Kaufnekuh.de in den Niederlanden. Im September vergangenen Jahres hat der Niederländer Yvo van Rijen, Gründer von Kaufnekuh.de, das Prinzip des Crowdbutch(er)ing schließlich nach Deutschland gebracht. Seitdem hat das Unternehmen, das mit seinem dreiköpfigen Team ausschließlich aus Baambrugge bei Amsterdam agiert, 25 Kühe von fünf Deutschen Höfen rund um den Bodensee schlachten lassen. Das waren ungefähr 900 Fleisch-Pakete. Die Bestellungen kämen aus ganz Deutschland, besonders aus Ballungsgebieten, lässt das Unternehmen mitteilen.

Das deutsche Startup Geteiltes-fleisch.de mit Sitz in Frankenthal gibt es erst seit Januar. Seitdem hat es erst wenige Bestellungen in der Größenordnung von zwei ganzen Rindern erhalten. Die beiden Gründer, von denen der eine aus privaten Gründen nicht genannt werden will, betreiben das Unternehmen nur nebenher.

Dennis Vetter, der andere der beiden, erklärt: „Uns geht es einfach darum, dass wir selbst für uns und unsere Familien auf gutes Fleisch Wert legen. Verdienen tun wir kaum was dabei.“ Die Anforderungen an Haltung und Fütterung seien sehr hoch, nur zwei Prozent der deutschen Rinder kämen laut Vetter für Geteiltes-fleisch.de überhaupt in Frage. Das läge daran, dass Geteiltes-fleisch.de, anders als Kaufnekuh.de, auf reine Fleischrassen setzte und nur Tiere in einem bestimmten Alter schlachte. Das macht sich am entsprechend höheren Preis bemerkbar – 150 Euro gegenüber dem fast gleich großen Paket von Kaufnekuh.de für 100 Euro.

„Der Markt in Deutschland ist anders als in den Niederlanden. Die Leute hier haben ein großes Sicherheitsbedürfnis und fragen viel nach, deshalb entwickelt sich die Nachfrage etwas zögerlicher“, erzählt die Pressesprecherin von Kaufnekuh.de im Gespräch mit Gründerszene. Doch das Marktpotential für nachhaltigen Fleischkonsum in Deutschland sei sehr groß. Mit einer zukünftigen Bio-Zertifizierung könne man deutsche Kunden noch besser überzeugen. In absehbarer Zeit wolle man das Angebot auch um Schweinefleisch erweitern. Das haben auch die Gründer von Geteiltes-fleisch.de vor.

Das Konzept reiht ein in eine Reihe von neuen Konsum-Konzepten der Sharing-Economy. Bei der solidarischen Landwirtschaft, auch „community supported agriculture“ genannt, geht eine Gruppe aus Konsumenten gemeinsam in Vorkasse, um dem Bauern das Erntejahr zu finanzieren. Die Erträge werden zu gleichen Teilen ausgegeben. So trägt die ganze Gruppe das Risiko für Ernteausfälle. Die Nähe zum Produkt und seiner Herstellung sowie Transparenz im Prozess sind genau wie beim Crowdbutch(er)ing grundlegend.

Bild: Gettyimages Helmut Meyer zur Capellen