Prof. Dr. Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit google
Prof. Dr. Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit google Johannes Caspar, Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit

Anfang April machte Johannes Caspar, seines Zeichens Hamburgischer Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit, Ernst. Mit dem Erlass eines Widerspruchsbescheids verpflichtete seine Behörde die Firma Google, die Praxis des Sammelns und Zusammenführens von Nutzerdaten in der heutigen Form zu beenden und zu verändern. Damit wurde ein von Google eingelegter Widerspruch gegen die im September 2014 vorgelegte Anordnung abgewiesen. Nachdem Google zunächst Kooperationsbereitschaft signalisierte, versucht der US-Weltkonzern mit Niederlassung in Hamburg jetzt, die Anordnung mit einer Anfechtungsklage zu stoppen.

Im Interview spricht Johannes Caspar über die Hintergründe. Er beobachtet bundesweit die Aktivitäten des kalifornischen Konzerns. Klaas Flechsig, Sprecher von Google Deutschland, betonte gegenüber Computer Bild, die Klage ändere „nichts an der Tatsache, dass wir schon lange konstruktiv mit dem Hamburger Datenschutzbeauftragten zusammenarbeiten – und dies auch weiterhin tun werden“.

Sie haben Google per Anordnung verboten, Daten von Nutzern wie bisher zu sammeln und zusammenzuführen.

Mit der aktuellen Datenschutzrichtlinie behält sich Google vor, sämtliche Daten, die die Betroffenen in ganz unterschiedlichen Diensten hinterlassen, zusammenzuführen. Daraus werden Megaprofile erstellbar: Am Ende fügt sich alles zu einem riesigen Mosaik zusammen, einem umfassenden Persönlichkeitsbild des einzelnen Nutzers. Dazu können Hobbys, Bewegungsprofile, politische Einstellungen, sexuelle Vorlieben gehören. Die Informationen, die Google hier über den Einzelnen sammelt, sind umfassend und lückenlos.

G Tipp – Lesenswert bei Gründerszene Ratgeber: So änderst Du, was Google über Dich speichern darf

Aber haben die Nutzer dem nicht selbst zugestimmt?

Jedes Individuum hat ein Recht, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner Daten zu bestimmen. Aber die Betroffenen wissen oft gar nicht, dass Google alle Daten des Nutzers aus den vielen Angeboten wie Google Suche, Gmail, YouTube, Google+ oder Maps zusammenführt und unter anderem zu Werbezwecken auswertet. Das gilt für registrierte wie auch für nicht registrierte Nutzer. Ohne deren ausdrückliche Einwilligung widerspricht diese Praxis deutschem und europäischem Recht. Das muss sich ändern.

Was fordern Sie konkret?

Der Nutzer muss über das, was Google mit den Daten macht, transparent informiert werden. Und es muss sichergestellt werden, dass für die Erstellung dieser Persönlichkeitsprofile eine Einwilligung vorliegt. Google hat dafür einen Mechanismus zu entwickeln und zeitlich befristet umzusetzen. Dass Google gegen diese Anordnung Klage erhoben hat, zeigt, wie schwer sich der Konzern damit tut, dem Nutzer mehr Kontrolle einzuräumen. Aber es stehen noch weitere Frage im Raum: Wie können wir einen derartigen Datengiganten künftig hinsichtlich der Einhaltung dieser Vorgaben effektiv kontrollieren? Kommen wir an die Server heran, um nachzuvollziehen, was dort mit den Daten der Nutzer tatsächlich geschieht? Wenn Google künftig mehr Vertrauen für sich schaffen will, dann muss es sich bewegen und öffnen. Ein Spiel auf Zeit hilft nicht weiter.

Welche Erfolgschancen geben Sie sich im Streit mit Google?

Auch wenn der Gang durch die gerichtlichen Instanzen lange dauern kann, bin ich zuversichtlich, dass wir am Ende unser Ziel erreichen werden. Bereits in der Vergangenheit ist es uns gelungen, Google zum Umsteuern zu bewegen: Bei Google Street View haben wir das Recht auf Widerspruch durchgesetzt. Wir haben für Google Analytics datenschutzgerechte Bedingungen entwickelt. Gegenwärtig überwachen wir erfolgreich die Umsetzung des Rechts auf Vergessen in der Suchmaschine. Wir werden nun auch die europäischen und nationalen Regeln zum Schutz vor umfassenden Persönlichkeitsprofilen juristisch durchsetzen.

Google ist nicht der einzige Datensammler. Was ist mit Werbenetzwerken, mit Facebook?

Die Probleme bei Facebook sind ähnlich. Auch hier gibt es eine europäische Initiative der Datenschutzbehörden, die sich mit den neuen Datenschutzbestimmungen auseinandersetzt. Facebook räumt sich darin das Recht ein, zwischen den konzerneigenen Unternehmen, wie WhatsApp oder Instagram, Daten hin- und herzuschieben. Auch hierfür fehlt die Einwilligung der Nutzer. Sind die Daten dann erst einmal in den USA, ist eine Durchsetzung des europäischen oder deutschen Datenschutzrechts kaum mehr möglich. Damit wäre dann eine neue Dimension bei der millionenfachen Übermittlung von Daten erreicht.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Computer Bild.

Bild: Computer Bild