Als 2013 in Dresden eine Drohne unbemerkt an Angela Merkel heranflog und vor ihre Füße stürzte, kümmerte das offenbar niemanden: Eine Sicherheitsmann trottete seelenruhig an die Bühne, schnappte sich das Fluggerät und verzog sich wieder. Keine Panik, keine Besorgnis.

Im etwa 400 Kilometer entfernten Kassel war die Bestürzung jedoch groß. Jörg Lamprecht und Ingo Seebach konnten es nicht fassen: Wie war es möglich, dass eine Drohne derart unbemerkt an wichtige Politiker herankam? Was wenn die Drohne bewaffnet gewesen wäre? Für die beiden war klar: Drohnen-Abwehr ist für viele Menschen noch gar kein Thema – was es umso brisanter macht. So kamen die beiden schließlich auf die Idee, das Drohnen-Warnsystem-Startup Dedrone zu gründen, 2014 war es soweit. Ihr erstes Produkt: Ein Warnsystem namens DroneTracker, das an Gebäudewänden, Fenstern oder speziellen Befestigungsvorrichtungen angebracht wird. Innerhalb einer Reichweite von 100 Metern kann die Anlage Drohnen wahrnehmen, woraufhin ein Alarm ausgelöst wird. Mit Hilfe einer Kamera können Bilder und Videos vom Fluggerät gemacht werden.

Regelung zur Einschränkung von Drohnenverkehr

Zwei Jahre später scheint sich auch die Politik langsam bewusst zu werden, wie gefährlich solche unbemannten Flugsysteme sein können: Am 1. Juni wurden von der Deutschen Flugsicherung Regeln für derartigen Flugverkehr an 16 internationalen deutschen Flughäfen wie Berlin-Tegel eingeführt: Mit einem Abstand von anderthalb Kilometer vom Flughafenzaun soll der Flugverkehr sicher gewährleistet und das Fliegen, Starten oder Landen von unbemannten Luftfahrzeugen verboten werden.

Außerhalb dieser No-Go-Zone braucht jedes Vehikel eine Freigabe, um in Flughafennähe fliegen zu dürfen. Die Größe der Kontrollzone kann vom Flughafen individuell bestimmt werden. Und: Der Flugbetrieb darf nur in direkter Sichtweite des Piloten stattfinden. Auch das Fliegen über Menschenmengen, militärischen Objekten, Kraftwerken und Krankenhäusern ist verboten.

Zusammenarbeit mit Regierungen

Ob solche Gesetze oder Regelungen etwas bringen, da ist sich Lamprecht unsicher. Er findet: „Regeln oder Gesetze sind weitgehend kooperative Systeme, einen bösen Drohnenpiloten wird das nicht abhalten. Einbruch ist schließlich auch verboten. Zudem wird die Zuordnung Drohne zu Pilot immer schwieriger. Die modernen Drohnen können bequem via Autopilot und vom PC aus gesteuert werden: Die Drohne fliegt über den Frankfurter Flughafen und der Pilot sitzt derweil in Chicago im Sessel und steuert eben diese Drohne über das iPhone.

Genau wie der Dedrone-Gründer selbstredend für Drohnen-Warnsysteme plädiert, sehen Drohnen-Hersteller ihre Nutzung natürlich generell als unbedenklich. Doch einige von ihnen sind sich durchaus bewusst, dass eine Zusammenarbeit mit Ministerien und Regierungen in Kauf genommen werden muss. Der britische Hersteller der Nano-Drohne Zano sagte im Gründerszene-Interview: „Wir wollen die Nutzung unserer Drohnen mit Gesetzesvorschriften verbinden. Damit Zano nicht in No-Go-Gebiete fliegt – wie zum Beispiel Militärflughäfen – wollen wir mit Regierungen zusammenarbeiten. Wenn wir in Zanos Navi einprogrammieren, dass es nicht dort hinfliegen darf, dann fliegt es dort auch nicht hin.“

Drogen- und Waffenschmuggel mit Drohnen leicht gemacht

Nicht nur auf Flughäfen sieht Lamprecht ein Sicherheitsproblem: Drogen-, Waffenschmuggel oder sogar Gefängnisausbrüche können durch Drohnen ausgeführt werden. Im Dezember 2014 wurde laut Spiegel eine Drohne von Wärtern in einem Hamburger Gefängnis abgefangen. Mit dabei hatte sie Marihuana, ein iPhone und einen USB-Stick. Auch in Bremen kam es in einem Gefängnis Ende des Jahres 2014 zu einem ähnlichen Zwischenfall: Eine Drogen transportierende Drohne stürzte im Innenhof ab.

„Überlegen wir doch mal: Gefängnisse geben Milliarden für Überwachung aus: Hohe Zäune, Stacheldraht, Türme, Wachleute, Kameras. Und dann kommt eine kleine Drohne angeflogen, überwindet ohne Weiteres diese Zäune und lässt eine Waffe in den Innenhof des Gefängnisses fallen. Was dann?“ fragt Lamprecht.

Immer billiger, immer besser

„Drohnen können mittlerweile für wenig Geld im Internet gekauft werden, jeder kann eine kaufen,“ so Lamprecht. Und ihre Technologie werde immer besser. „Jeder, der eine Eingangstür hat, die er oder sie verschließt, ist ein potentieller Kunde von uns.“

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Vor Dedrone gründete Lamprecht Aibotix, eine Drohnentechnologie-Firma, die Anfang des Jahres an Hexagon verkauft wurde. Er glaubt: „Drohnen sind bei den Investoren hoch im Kurs. Wir haben in der Drohnen-Herstellung im vergangenen Jahr einen Finanzierungsanstieg von mindestens 100 Prozent gesehen. Die nächste Welle von Finanzierungsrunden wird dann logischerweise die Hersteller treffen, die Drohnen einschränken – nämlich uns.“ Besonders viel Potential sieht der Gründer in den USA: Dort leitet Dedrone seit Oktober 2014 eine Niederlassung. „Für uns war klar, dass wir in die USA gehen müssen, denn dort herrscht eine größere Bereitschaft an interessierten Investoren. Auch der Drohnen-Markt ist viel größer und entwickelter als hierzulande. Auch ist der Drogenschmuggel via Drohnen dort bereits stark auf dem Vormarsch,“ sagt Lamprecht.

Tatsächlich überzeugte Dedrone erst im April dieses Jahres mit seiner Anti-Drohnen-Technologie einige Investoren – und sammelte fast drei Millionen US-Dollar ein. Vor mehr als einem Jahr wurde der erste Prototyp fertiggestellt, noch ist Dedrone in der Betaphase. Mit 20 Kunden wird die aktuelle Version genau getestet. Ab August soll verkauft werden. „Es gibt keinen Grund zur Panik, aber zur Vorsicht,“ so Lamprecht. „Denn die potentielle Gefahr ist real.“

Bild: Dedrone