Streetscooter_Post_Flotte_2016
Streetscooter_Post_Flotte_2016 Der Streetscooter wird von einem Startup in Aachen produziert

Das Wort Schneckenpost könnte bald wieder eine Bedeutung bekommen, wenn auch eine ganz andere. Die Deutsche Post hat ein eigenes Elektrofahrzeug entwickelt, Streetscooter genannt, und eben dieser Paketwagen wird nun auch ohne Fahrer in Versuchen eingesetzt. Im Schritttempo von etwa fünf Stundenkilometern fährt der Elektrowagen neben dem Postzusteller her, wenn dieser in einer Wohnstraße Briefe oder Pakete zustellt. Der Postzusteller muss sein Auto dadurch nicht dauernd ein paar Meter weiter vorfahren, weil es ihm von alleine folgt.

Wann die ersten Tests auf öffentlichen Straßen zu sehen sein werden, ist noch nicht entschieden. „Das wird aber eher früher als später der Fall sein“, sagte Post-Chef Frank Appel am Rande der Vorstellung der Geschäftszahlen in Bonn. Zunächst einmal müssten dafür die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden. „Aber das technisch ausgerüstete Fahrzeug haben wir schon“, sagte der Manager. Die Kleinlaster sind vollgepackt mit Sensoren und Computertechnik, damit Hindernisse einwandfrei erkannt werden und das Auto von sich aus anhält.

Der Streetscooter wird von einer Tochtergesellschaft der Post in Aachen gebaut, bis Ende des Jahres sollen 2000 Fahrzeuge hergestellt werden. Im kommenden Jahr ist dann ein Ausbau der Serienfertigung auf 10.000 Modelle geplant. In einigen Großstädten werden die Elektrowagen bereits eingesetzt. Derzeit ist das Post-Management mit Autoherstellern im Gespräch, ob und wie der Streetscooter auch an andere Käufer außer der Post verkauft werden kann und wie Betreuung und Service organisiert werden können. Entscheidungen dazu seien noch nicht gefallen, sagte Appel.

Die Post ist wild entschlossen, vom riesigen Wachstum des Onlinehandels und damit verbunden des Paketversands zu profitieren. Die Zahlen sind spektakulär: In der Vorweihnachtszeit werden die Paketdienste in Deutschland an einzelnen Tagen 15 Millionen Sendungen zustellen, rund die Hälfte davon wird auf die Post entfallen. Mehr als 10.000 Saisonkräfte und ebenso viele zusätzliche Fahrzeuge hat allein der Post-Konzern eingestellt und angemietet.

„Die Digitalisierung wird Arbeit schaffen“

„Ich rechne damit, dass wir in den nächsten fünf bis zehn Jahren weiterhin ein Mengenwachstum von fünf bis sieben Prozent bei den Paketen haben werden“, sagte Appel. Im laufenden Jahr liegt das Plus der Paketmenge wie auch des Umsatzes daraus im Post-Konzern bei hohen elf Prozent. Die Wirtschaft befinde sich in einer Umstellung auf den Onlinehandel, lautet die Devise des Post-Managements. „Bei Nahrungsmitteln hat das gerade erst begonnen, da ist noch viel mehr drin“, sagte Appel.

Selbstfahrende Autos sind für die Post nur eine von mehreren technischen Unterstützungen der Zustellarbeit. In der Sortierung zählen etwa intelligente Brillen, sogenannte Smart Glasses, für die Zusammenstellung der Waren dazu. „Die Digitalisierung wird das Leben der Menschen verbessern, und sie wird Arbeit schaffen“, sagte Appel. Die Welt benötige Produktivitätsfortschritte, und die seien in Servicebereichen noch möglich. Bei der Post könnten nach Aussage Appels dadurch 100.000 neue Arbeitsplätze in den kommenden Jahren entstehen. Derzeit beschäftigt der Konzern weltweit gut eine halbe Million Mitarbeiter.

Zum Wachstum im Paketgeschäft kommt bei der Post noch ein anderer Punkt hinzu, der das Geschäftsjahr positiv beeinflusst. Vier Portoerhöhungen nacheinander haben aus 52 Cent nunmehr 70 Cent als Standardporto gemacht, und das lässt jetzt die Kassen klingeln. Der Vorsteuergewinn des im Konzern zusammengefassten Brief- und Paketbereichs verdoppelte sich im dritten Quartal 2016 gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 295 Millionen Euro. Immerhin gibt es die Aussage von Konzernchef Appel, dass das Briefporto vorerst nicht weiter steigen soll. Frühestens im Jahr 2019 sei dies wieder möglich, sagte der Manager. Der Umsatz der Zustellgeschäfte der Post stieg dagegen – im Unterschied zum Ergebnis – im dritten Quartal nur um vier Prozent auf vier Milliarden Euro.

Der Gesamtkonzern aus Post und DHL steht nach den erfolgreichen ersten drei Geschäftsquartalen vor einem Rekordjahr. So soll das Vorsteuerergebnis auf 3,4 bis 3,7 Milliarden Euro steigen. Rund ein Drittel davon wird aus dem Brief- und Paketgeschäft kommen. Appel bestätigte damit die Gewinnprognose. Allein im dritten Quartal hat sich das Ergebnis auf 755 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdreifacht. Gründe dafür sind neben dem in Deutschland und Europa stark wachsenden Paketgeschäft vor allem die weltweite Nachfrage nach Expresssendungen und auch nach Luft- und Seefracht. Nach Jahren der Sanierung der Frachtgeschäfte hat der Konzern hier die Trendwende geschafft und erzielt wieder einen Gewinn.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt Online.

Bild: Streetscooter