Die Shareconomy bleibt bei Autos auf der Strecke

Die Liebe der Deutschen zum eigenen Auto ist ungebrochen. Das zeigt eine aktuelle Studie des TÜV Rheinland und der Beratungsgesellschaft BBE Automotive zur Zukunft von Carsharing.

Zwar sagen die Experten für die kommenden Jahre Wachstum für die Carsharing-Anbieter in Deutschland voraus. „Die automobile Welt wird dadurch aber nicht entscheidend verändert“, prognostiziert Studienautor und BBE-Geschäftsführer Gerd Heinemann. „Die zum Teil erwarteten enormen Wachstumsraten lassen sich nicht realisieren.“

Rund eine Million Carsharing-Nutzer gibt es bislang in der Bundesrepublik. Das sind gerade 1,7 Prozent der Führerscheinbesitzer in Deutschland. Gut die Hälfte davon sind bei sogenannten FreeFloatern registriert, also bei Anbietern wie DriveNow oder Car2Go, deren Autos an jeder beliebigen Stelle in einer Stadt abgestellt werden können. Der Rest verteilt sich auf stationsbasierte Angebote wie Flinkster und Cambio, auf privates Carsharing über Anbieter wie Autonetzer oder Tamyca und schließlich auf Firmenfuhrparks wie zum Beispiel bei der Bundeswehr.

Bis 2020 nun soll sich die Zahl der Kunden auf rund zwei Millionen verdoppeln, heißt es in der Studie. Mit Rückenwind, also durch Begünstigungen der Politik und die Vernetzung unterschiedlicher Anbieter, sind den Experten zufolge am Ende sogar rund drei Millionen registrierte Nutzer möglich. Damit bleibe Carsharing aber noch immer ein ergänzendes Mobilitätsangebot in der Nische.

„Der eigene Wagen wird nicht zum Auslaufmodell“, versichert Heinemann. „Auch wenn es immer wieder behauptet wird: Eine Verweigerung gegenüber einem eigenen Auto ist auch bei der Jugend nicht nachweisbar.“

Karlsruhe ist das Zentrum des Carsharing

Tatsächlich sprechen die Zulassungszahlen der vergangenen Jahre eine andere Sprache. So ist die Zahl der angemeldeten Autos in Deutschland nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes zwischen 2007 und 2014 von 41,2 Millionen auf 43,9 Millionen gestiegen. Und bis 2020 soll die Zahl nach BBE-Schätzung sogar auf rund 45 Millionen steigen – und das trotz rückläufiger Bevölkerungszahlen. Selbst in Berlin, also in einer Stadt, die aufgrund ihrer Größe und Bevölkerungsstruktur prädestiniert ist für Carsharing, steigen die Autoanmeldungen.

Und so liegt Berlin derzeit auch nur auf Platz sechs der wichtigsten Carsharing-Städte in Deutschland. In der Hauptstadt kommen derzeit 0,82 Gemeinschaftsautos auf 1000 Einwohner. Spitzenreiter in diesem Ranking und damit Zentrum des Carsharing hierzulande ist aktuell Karlsruhe. In der badischen Stadt gibt es – allerdings unterstützt durch verschiedene Pilotprojekte – durchschnittlich 1,93 Fahrzeuge pro 1000 Einwohner.

Dahinter folgen dann Stuttgart mit 1,38, Köln mit 1,17 und Düsseldorf mit immerhin noch einem Carsharing-Auto pro 1000 Einwohnern. Großes Potenzial für die Branche sehen die Experten von TÜV und BBE zudem in Städten wie Nürnberg und Augsburg, Mainz und Bonn oder Dresden und Leipzig.

Bei deutlich kleineren Städten dagegen stößt das Konzept an seine Grenzen, insbesondere beim beliebten Free-Floating-Prinzip. „Das Modell funktioniert nicht auf dem Land“, heißt es in der Studie mit Verweis auf Logistikprobleme und die zu erwartende fehlende Nachfrage. Dazu passt die Ankündigung von DriveNow, dem gemeinsamen Carsharing-Angebot von BMW und Sixt.

Unverändert rote Zahlen

In fünf deutschen Städten ist das Unternehmen derzeit tätig: Berlin, Hamburg, München, Köln und Düsseldorf. Und weitere sollen nach Aussage einer Sprecherin auf absehbare Zeit auch nicht hinzukommen. Wohl auch, weil die Anlaufkosten hoch sind. Daher schreibt DriveNow auch nach dreieinhalb Jahren am Markt unverändert rote Zahlen.

„Wir sind mittlerweile operativ profitabel“, sagt die Sprecherin. Unter dem Strich bleibe aber noch ein Verlust. Konkreter will sie nicht werden, da bleibt DriveNow ebenso zurückhaltend wie die übrigen Anbieter im Markt.

Dass sich mit Carsharing auf lange Sicht Geld verdienen lässt, glauben die Experten von TÜV und BBE dennoch sehr wohl. „Weil Carsharing ein fester Bestandteil zeitgemäßer Mobilität wird“, sagt Jürgen Brauckmann, der Bereichsvorstand Mobilität Deutschland beim TÜV Rheinland. Aber eben ein kleiner.

Denn die Analyse hat ergeben, dass allein zwei Drittel der Deutschen unverändert das eigene Auto für den Weg zur Arbeit nutzen wollen. Und dass sich lediglich 16 Prozent der Autofahrer vorstellen können, den eigenen Wagen abzuschaffen und nur noch Carsharing-Angebote zu nutzen. Für Brauchmann verständlich, schließlich sei Carsharing bei längerer Nutzung vergleichsweise teuer und garantiere darüber hinaus im Gegensatz zum eigenen Auto oder Fahrrad keine Mobilität, weil beispielsweise im entscheidenden Moment nicht immer ein Auto zur Verfügung steht.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt.

Bild: Daimler.com