"Vocier": Michael Kogelnik (29), Vinzent Wuttke (28)
"Vocier": Michael Kogelnik (29), Vinzent Wuttke (28) Vocier-Gründer Vinzent Wuttke

Schick, schicker, Judith Williams – wie immer flimmern die Investoren der TV-Show „Die Höhle der Löwen“ top gestylt über den Bildschirm. Eine hervorragende Grundlage für die beiden ersten Gründer, die in der sechsten Folge der Sendung um Geld und Aufmerksamkeit der Business Angels in der Jury buhlen. Michael Kogelnik und Vinzent Wuttke sind ehemalige Investmentbanker und arbeiten seit drei Jahren an Vocier, einem Handgepäck für Geschäftsreisende. Richtig disruptiv klingt das nicht. Doch, Moment. Der Clou folgt auf dem Fuße: Der Koffer ist so konstruiert, dass bis zu zwei Anzüge darin knitterfrei transportiert werden können. Die Löwen schauen gespannt zu, wie die beiden Gründer das patentierte Koffergestell vorführen. Es gibt anerkennendes Nicken und Lächeln.

Teleshopping-Queen Judith Williams legt Hand an und überprüft die Qualität. „Für gut befunden“, nickt sie zufrieden, als sie wieder auf ihrem Platz sitzt. Nicht nur die Qualität des Produkts, auch die der Gründer scheint anfangs zu überzeugen: „Ich investiere lieber in Macher als in Produkte“, gibt AWD-Gründer und Investor Carsten Maschmeyer zu bedenken. „Für mich gibt es keine guten Unternehmen – sondern nur gute Unternehmer.“

In den ersten zehn Monaten haben die Gründer 650.000 Euro Umsatz gemacht, ein Koffer kostet fast 1.000 Euro im Verkauf. Stolze Preise. Maschmeyer ist verwirrt, warum Wuttke und Kogelnik nicht viel mehr Geld von den Investoren wollen. Ist das, weil sie nicht mehr Anteile abgeben wollen – oder haben sie keine Fantasie für was sie das Geld ausgeben sollen? Die Gründer kommen ins Stocken. „Bevor wir volle Kanone rausgehen, wollen wir uns auf die Produktion konzentrieren“, so Kogelnik. Denn zurzeit schafften sie gerade 150 Koffer im Monat. Die Löwen sind enttäuscht. So würden die Gründer, glaubt Maschmeyer, bestimmt bald von den großen Platzhirschen im Reisekoffermarkt eingeholt. „Laufen Sie so schnell wie möglich“, rät er ihnen – und ist raus.

Das Argument macht den Tech-Experten und Löwen-Kollegen Frank Thelen wütend. „Dann dürften wir gar keine Startups mehr gründen“, wirft er seinem Kollegen vor. „Ihr seid schneller, ihr seid besser, ihr werdet gegen die Großen gewinnen!“ Eben schneller und besser als „diese großen, blöden Corporates“. Das könnte auch gut auf einem Motivationsposter mit Sonnenuntergang stehen. Dennoch ist Thelen raus. Der Grund: Er trage nun mal keine Anzüge und könne so nicht richtig hinter dem Produkt stehen.

Investor Jochen Schweizer trägt zwar einen Anzug – kann den Gründern aber „leider nur Geld“ bieten. Die beiden schauen, als ob sie nichts dagegen hätten. Doch der Erlebnisunternehmer ist ebenfalls raus. Williams war bereits angetan, als sie hörte, dass Vocier auch eine Kofferreihe für Business-Frauen herausgeben wolle. Sie möchte gemeinsam mit Unternehmer Ralf Dümmel investieren: 250.000 Euro für zehn Prozent am Unternehmen: „Falls Ralf will?“ Nein, er will nicht und macht den Gründern ein eigenes Angebot: Dieselbe Summe für 15 Prozent. Die Ex-Banker beraten sich und bieten dem Unternehmer im Gegenzug 6,5 Prozent. Das will Dümmel nicht, die Gründer gehen leer aus.

Die Goldesel-Pizza

Nicht so durchgestylt wie die Koffer-Gründer sind die beiden nächsten Kandidaten: Matthias Kramer und Marc Schlegel treten in hellgrünen Schürzen vor die Investoren. Sie pitchen ihre „gesunde Pizza“ aus Lein- und Chia-Samen. Natürlich bio, glutenfrei und vegan. Die Löwen mampfen zuerst skeptisch vor sich hin, Williams ist von den Zutaten begeistert – findet den Teig aber gewöhnungsbedürftig. Die beiden Frankfurter sind sichtlich nervös. Über 65.000 Euro haben sie in sieben Wochen mit ihrem Onlineshop umgesetzt, erzählen sie. Und mehr als 3.000 Bestellungen abgearbeitet. Das sind Angaben, die dem Zahlenliebhaber Thelen ein Leuchten in die Augen zaubern. Dieses Jahr soll der Umsatz fünf Mal so hoch sein wie vorab prognostiziert. Das heißt: bis zu zwei Millionen Umsatz.

Thelen berät sich mit seinem Kollegen Maschmeyer: Das sei „der Traum von der Wirst-nicht-fett-von-Pizza“, flüstert er. Die Dollarzeichen in den Augen der beiden Investoren sind förmlich zu sehen. Sie bieten 150.000 Euro und wollen 30 Prozent am Unternehmen. Schlegel und Kramer erhöhen ihr ursprüngliches Angebot auf 20 Prozent. Nach einer kurzen, altbekannten „ihr bekommt uns als Investoren, was sind wir euch wert?“-Rede erhöhen die Gründer auf 25 Prozent. Die beiden Löwen sind dabei.

Ein „Misthaufen“

Drei Millionen Euro – so viel Geld will Andreas Felsl von den fünf Investoren. Dafür würde er 30 Prozent an seinem Unternehmen WeCharge abgeben. Felsl bastelt Steckdosen und die dazugehörige Software, die es Fahrern von Elektrofahrzeugen ermöglichen soll, ihre Geräte an normalen Steckdosen aufzuladen. Energy-Sharing an jeder Ecke sozusagen.

Auch Felsl ist nervös: sein Pitch stockt und hakt. Der Funken springt nicht über, die Löwen glauben nicht an die Idee. Sein Auto brauche sicher 40 Stunden, damit es an einer normalen Steckdose voll auflade, behauptet Thelen. Wie „ein Studentenprojekt, über das man zwei Wochen nachgedacht hat“, wirke WeCharge auf ihn. „Das ist ein wirrer Misthaufen!“ Damit ist alles gesagt – die Investoren sind raus.

Spieglein, Spieglein

Erneut tritt eine durchgestylte Kandidatin vor die Löwen. Dieses Mal allerdings ohne Anzug, dafür mit perfektem Make-up. Gründerin Susi Armonies hat eine LED-Lampe selbst gebaut, das mit einem Saugnapf am Spiegel befestigt wird und für „optimale Lichtverhältnisse“ zum Schminken oder Rasieren sorgen kann. Die gelernte Innenarchitektin trägt ihren Pitch souverän vor, bei ihr sitzt jede Zahl und jeder Fakt über ihr Produkt. Sie wirkt authentisch – und fordert 80.000 Euro für 15 Prozent Unternehmensanteile.

Seit einem Jahr ist das Produkt online erhältlich, 2015 verkaufte sie 3.800 Leuchten über den Onlineshop und mithilfe zweier Kooperationspartner. Da sie die Lampe für 38 Euro verkauft und für 23 Euro pro Stück herstellt, bekommt sie von Ex-Stuntman Jochen Schweizer einen Rüffel. Das Produkt eigne sich nicht für den stationären Handel, der Einkaufspreis sei zu hoch. Er ist – genau wie Thelen und Maschmeyer – raus. Dieses Mal klappt es mit dem gemeinsamen Deal für Dümmel und Williams: Sie bieten 150.000 Euro für 40 Prozent am Unternehmen. Deal.

Pulver-Alarm

Mit Frooggies aus Liechtenstein kommen gleich drei Gründer auf die Bühne. Philippe Nissl, Sarah Nissl-Elkuch und Patrick Elkuch stellen Fruchtpulver ohne Zusatzstoffe oder Geschmacksverstärker her. Mit dem Produkt könne man Smoothies herstellen – oder auch backen. Seit April 2015 haben die Gründer in Liechtenstein und der Schweiz 10.000 Packungen verkauft und 100.000 Euro Umsatz gemacht.

Thelen glaubt nicht, dass sein Smoothie nur aus Wasser und Pulver besteht und lässt sich einen vor seinen Augen mischen. Und das schmeckt sogar. Für 100 Gramm Pulver müssen Kunden zwischen zehn und 14 Euro zahlen. Die Produktion kostet drei bis vier Euro pro Packung. Statt Superfood wie Chia-Samen oder Gojibeeren werden nur Normalo-Früchte wie Erdbeeren zu Pulver verarbeitet.

Maschmeyer glaubt nicht, dass es das Produkt noch nicht gibt. Er selbst habe schließlich in Nu3 investiert – und die würden dasselbe machen. Wegen seines eigenen Investments sei er raus. Schweizer würde das Geld bezahlen – und will gleich ein neues Produkt mit Eiweiß erfinden. Er will – wie von den Gründern gefordert – 40.000 Euro zahlen und 10 Prozent am Unternehmen übernehmen. Zudem möchte er am Umsatz des gerade erfundenen Eiweiß-Pulver-Produktes beteiligt werden: 15 Prozent davon sollen an ihn fließen, bis das Investment wieder drin ist. Danach soll der Abschlag auf fünf Prozent sinken. Die Gründer stimmen zu, es kommt zum Deal.

Kissenschlacht im TV

Früher hat Alexander Gomer Farbbeutel an Veranstalter der Farbfeste Holi verkauft. Nun hat der Gründer von „Mach dich bunt“ ein eigenes Konfetti auf Maisbasis entwickelt. 100.000 Euro für zehn Prozent am Unternehmen fordert Gomer. Er will zudem eine Festival-Linie starten, bei der es Kissenschlachten geben soll. Die Kissen sollen mit seinem Konfetti gefüllt sein.

Die Löwen probieren begeistert die Kissen aus, der Studioboden ist bald mit buntem Konfetti bedeckt. Doch die Begeisterung lässt nach, als sie die Preise hören: Fünf Euro pro Kissen für Endkunden. Das ist teuer. Die Löwen haben zu viele Bedenken und keiner investiert. Doch Williams plant, mal mit ihrer Schwiegermutter eine Kissenschlacht von Gomer zu besuchen.

Alle Deals der sechsten Folge DHDL im Überblick:

  • Die beiden Gründer Michael Kogelnik und Vinzent Wuttke wollen 250.000 Euro und bieten dafür fünf Prozent an ihrem Koffer-Startup Vocier. Ralf Dümmel bietet ihnen die Summe – will aber 15 Prozent. Das Gegenangebot mit 6,5 Prozent lehnt der Löwe ab. Es kommt zu keinem Deal.
  • Für ihre „gesunde Pizza“ wollen Matthias Kramer und Marc Schlegel 150.000 Euro von den Investoren. Dafür würden sie zehn Prozent am Unternehmen abgeben. Maschmeyer und Thelen wollen für dieselbe Summe jedoch 30 Prozent. Ein Gegenangebot von den Gründern wird abgeschlagen. Man einigt sich auf 25 Prozent.
  • Der WeCharge-Gründer Andreas Felsl will stolze drei Millionen Euro von den Investoren und bietet im Gegenzug 30 Prozent. Doch kein Löwe will in das Energy-Sharing-Konzept investieren.
  • Die Gründerin Susi Armonies von My Beauty Light fordert 80.000 Euro für 15 Prozent Unternehmensbeteiligung. Sie bekommt von Williams und Dümmel ein Angebot: 150.000 Euro für 40 Prozent am Unternehmen. Deal.
  • Für die weitere Produktion des Fruchtpulvers Frooggies wollen die Gründer Philippe Nissl, Sarah Nissl-Elkuch und Patrick Elkuch 40.000 Euro und würden dafür zehn Prozent am Unternehmen abgeben. Jochen Schweizer investiert – und bekommt zudem 15 Prozent Umsatzbeteiligung an einem gemeinsam entwickelten Produkt, bis das Investment wieder drin ist.
  • Alexander Gomer braucht für sein Konfetti und das Kissenschlacht-Festival „Mach dich bunt“ 100.000 Euro. Zehn Prozent am Unternehmen gibt er dafür ab. Alle Investoren haben Spaß, sich Kissen um die Ohren zu hauen. Aber keiner will investieren.
Bild: VOX