Investor Ralf Dümmel nimmt die Elektrische Zahnbürste von "Happy Brush" genau unter die Lupe.

Tech-Startups sind bei Die Höhle der Löwen rar. Vox präsentiert lieber Produkte zum Anfassen. Dass es dann doch ein Tech-Unternehmen in die Show geschafft hat, liegt wahrscheinlich an den bunten Bildern, mit denen Artnight für seine Onlineplattform wirbt. Und daran, dass ja auch Frank Thelen in irgendetwas investieren muss.

Jedoch gelangten auch die Berliner nicht ohne eingeübten Wortwitz in die Show: „Wir bringen Farbe in die Höhle der Löwen.“ Hammerspruch. Gemeint sind Kunstnächte, die Artnight über das Netz verkauft. Naja, wir haben schon schlechtere Wortwitze bei DHDL gehört. (Diesen hier, zum Beispiel!) Aber die Jungunternehmer legen noch einen drauf: „Unsere Artnights finden nicht in langweiligen Unterrichtsräumen statt, sondern in Bars und Restaurants, wie dieser coolen Bar: die Löwenhöhle.“ Toller Pitch! Denkt sich zumindest Dagmar Wöhrl. Sie strahlt. Die Gesichter der anderen Löwen sind im TV nicht zu sehen, wahrscheinlich sind sie nach drei Staffeln und unzähligen Wortwitz-Versuchen abgehärtet. Ja, es ist nicht leicht, wenn alle nur dein Geld wollen.

Für den Produkttest bieten sich Wöhrl und Maschmeyer an. „Dagmar malt mich und ich mal Dagmar“, witzelt Maschmeyer, der Schelm. Dagmar lacht. Sie scheint heute Abend über alles lachen zu können. In einem Zwischenschnitt ist die versteinerte Mine von Frank Thelen zu sehen. Denkt er gerade noch über die missglückten Wortwitze nach?

Und raten sie mal, was für ein Bild Maschmeyer und Wöhrl malen müssen. Einen Löwen. Verstehen sie? Wegen „Die Höhle der Löwen“. Genial!

Während noch gemalt wird, kratzt sich Thelen nervös am Ohr. Dann schaut er wenig begeistert von links nach rechts. Und als sich der Artnight-Gründer mit einer autobiografischen Anekdote probiert („Artnight funktioniert auch als Date richtig gut.“) hält sich Thelen nervös die Hand ans Gesicht. Wohl doch kein Investmentpotenzial.

Nachdem der Löwenzirkus vorbei ist (dieses Wortspiel gibt es kostenlos von Gründerszene), geht es dann doch um Fakten. Im letzten Monat habe das Unternehmen 20.000 Euro Umsatz gemacht, will jetzt 150.000 Euro für zehn Prozent. „Und das ist jetzt schon 1,5 Millionen wert?“, fragt Maschmeyer, der damit beweist, dass er auch nach lustigen Malrunden erstaunlich schnell wieder seine Standardfrage parat hat. „Das ist eine faire Bewertung”, entgegnet Gründer Neisinger. Die Erklärung bleibt er dem Zuschauer und den Löwen aber schuldig und legt lieber noch einen drauf: 2018 wolle man bereits fünf Millionen umsetzen. Ambitioniert!

Aber Artnight hat noch einen weiteren Joker: Es gibt ein Vorbild aus den USA, das extrem erfolgreich ist und bereits 70 Millionen umsetzt. Jackpot! So viel zum Innovationsgeist, der in der Sendung propagiert wird. Copycat-Alarm!

Damit kommt Leben in die Löwenbude (auch der geht auf uns): Plötzlich will Gast-Investor Georg Kofler investieren. Als Erklärung gibt der an, Artnight sei etwas für Social Media, da kenne er sich aus. Jetzt wird auch Thelen hellhörig: „Der Markt ist groß, man muss es dann wie einen Marktplatz wie Airbnb einfach skalieren.“ Eben, alles einfach skalieren! Kann ja so schwer nicht sein. Thelen bietet wie Kofler 150.000 Euro, aber für 15 Prozent. Gut für die Gründer, die sich für das finanziell bessere Angebot von Kofler entscheiden. Schlecht für Gründerdeutschland, dass einige Investoren erst dann zuschlagen, wenn von einem großen Vorbild aus den USA die Rede ist.

Das nächste Gründer-Klischee (Tüftler mit witziger Idee und Herzblut) wirft uns Vox direkt mit dem zweiten Kandidaten vor die Füße: „Die Löwen werden heute eine Weltneuheit sehen, mein Produkt wird heute zum ersten Mal in die Geschichte eingehen.“ Das epochale Produkt entpuppt sich als Katzenstreuschaufel. Hm. Damit will er die Löwen „auf die Schippe nehmen“, haha! Fünf Jahre und 25.000 Euro hat der Gründer – im normalen Leben Imbissverkäufer – in das Projekt gesteckt. Die Familie musste dafür auf vieles verzichten, erzählt die Frau des Erfinders. Traurige Musik wird eingespielt. Im Klartext: Falls ihr Mann heute ohne Investment nach Hause kommt, war’s das.

„Mit dem Deal würde sich das Leben von allen komplett verändern“, legt Keddii-Scoop-Gründer Ali Dilgin noch einmal nach. Ok, Vox, wir haben es ja verstanden! Der arme Mann liebt seine Idee und soll jetzt von den Löwen zerfleischt werden (unser letzter Wortwitz für heute, versprochen!).

Doch beim Pitch zeigt sich: Von Katzenstreu scheinen die Löwen noch nie etwas gehört zu haben. Zumindest Frank Thelen gibt offen zu, keine Ahnung zu haben. Aber immerhin geht es um 100.000 Euro für 30 Prozent am Unternehmen. Thelen will es dann ganz schnell hinter sich bringen: „Dafür liebe ich ja diese Sendung, für die verrückten Ideen, die leuchtenden Augen. Aber ich mache es ganz kurz, das interessiert mich überhaupt nicht.“ Immerhin ehrlich. Mit einem Komm-das-nächste-mal-mit-einer richtigen-Geschäftsidee-Lächeln im Gesicht trotzdem nicht so nett. 

Kosten soll die Schaufel übrigens 7,99 Euro, drei Euro Marge, verkauft wurde noch keine. „Aber ich bin fest davon überzeugt, dass das klappt“, argumentiert der Gründer. Gelächter in der Löwenrunde. Am Ende bleibt nur Dümmel übrig, bietet 100.000 Euro für 40 Prozent – und rettet damit nicht nur den schweißgebadeten Gründer sondern wahrscheinlich auch dessen Ehe. Good Guy Dümmel! Von diesem Investoren-Mut für vielleicht auch blöde Ideen wollen wir mehr sehen! Zurück in die TV-Realität holt uns dann Kollege Kofler, nachdem der Gründer draußen bereits Freudensprünge macht: „Ralf, das war eine richtig humanitäre Geste. Das war nett von dir.” Ralf Dümmel, der Retter der Armen und Schwachen.

Und dann wird es tatsächlich wahr, noch ein Tech-Startup! Oder so. Denn den nächsten Gründer kündigt Vox als Mentalisten an, als jemanden, der Gedanken lesen kann. Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner entwickelt er eine Meditations-App, die Lebensenergie gestresster Menschen auftanken soll. Soweit, so dubios. „Gehen auch die nächsten Gründer mit einem Deal nach Hause?“, fragt der DHDL-Sprecher. Die Antwort: Wahrscheinlich nicht, denn wenn Vox mit so einer Frage kommt, hat es selten für einen Deal gereicht.

Beim Löwen-Pitch soll eine Karaffe, aus der Wasser fließt, unseren täglichen Energiefluss symbolisieren. Der eine oder andere Zuschauer dürfte sich jetzt gefragt haben: Ist das noch Gründertum oder schon Abzocke? Die von ihnen abgespielte Meditationsübung („Atmen sie tief ein und aus“) klingt nicht außergewöhnlich innovativ. „Was ist daran jetzt das Besondere?“, fragt auch Maschmeyer. Kostenpunkt? Etwa zehn Euro im Monat. Dafür bekommt man auch ein Netflix-Abo – was ja durchaus mehr Entspannung bieten könnte, als die wabernde Stimme eines selbsternannten Mentalisten.

Als Thelen nach den täglich aktiven Nutzern fragt, gerät das bis dato gut eingespielte Gründerduo ins Stottern: 100 Nutzer am Tag. Autsch! „Das ist so unterirdisch, da habt ihr so richtig daneben gegriffen“, raunt Thelen, der Rausschmeißer des Abends. „Frank, sei mal nicht so streng“, unterbricht Kofler. Doch als die Gründer mit astronomischen Ambitionen kontern („Millionenumsätze!“), ist auch Kofler raus. Bühne frei für Thelen, der in der ihm eigenen Art mit einer Mischung aus Ratschlägen und Schimpfworten erneut angreift. Aber egal, so wünschen wir uns das! Mehr Fakten, weniger zetern. Am Ende ist jeder Löwe raus und der Zuschauer lernt: Wer mit überzogenen Vorstellungen auf Investoresuche geht, wird kaum Erfolg haben. Und Verhaltensauffällige im Fernsehen vorzuführen, bringt Einschaltquoten.

Die weiteren Deals des Abends:

Mit Manplan werkelt Manuel Planella (38) aus Steinhagen an einem Einstecktuchhalter. Zehn Prozent will er für 75.000 Euro abgeben, Dagmar Wöhrl will 20 Prozent. Deal.

Um deutlich mehr Geld geht es bei TeeFee aus Frankfurt, das zuckerfreie Bio-Kinderlebensmittel herstellt und eine Million Euro für 25 Prozent verlangt. Zu teuer, kein Deal.

Mit Happy Brush verkaufen Florian Kiener (32) und Stefan Walter (35) eine elektrische Zahnbürste. Maschmeyer und Dümmel bieten für 20 Prozent der Anteile gemeinsam 500.000 Euro. Das ist halb so viel, wie von den Gründern gewünscht. Trotzdem: Deal. Wir haben das Gerät übrigens getestet. Und: es kribbelt.

Bild: MG RTL D / Bernd-Michael Maurer