Es ist eine der meistgestellten Fragen dieser Tage. Hast du eigentlich Bitcoin? Und nahezu jeder wird antworten: Leider nein. Kaum ein Bundesbürger ist beim Boom der Digitalwährung dabei, deren Wert sich allein in diesem Jahr mehr als versechzehnfacht hat.

Jetzt wird deutlich: Ein Phänomen, das die Welt erfasst hat, befindet sich in den Händen einer kleinen Minderheit. Gerade mal 112 Investoren halten wohl knapp 20 Prozent aller Bitcoin. Damit ist auch in der digitalen Welt der Wohlstand höchst ungleich verteilt. Doch der geballte Besitz öffnet auch der Manipulation Tür und Tor. Die wenigen Halter von Bitcoin haben die Macht über die Kursbewegung der Kryptowährung. Wenn sie sich entschließen zu verkaufen, dürften die Notierungen in den Keller rauschen. Die Bitcoin-Oligarchen könnten aber auch durch echte und vorgegaukelte Transaktionen den Preis in die Höhe treiben und auf diese Weise Unbedarfte in die Digitalwährung locken.

Weltweit gibt es rund 25 Millionen Bitcoin-Investoren. Darunter befinden sich zehn Dollar-Milliardäre, die 66.000 oder mehr digitale Münzen besitzen. Die große Masse hält lediglich Bruchteile des Geldes. Das offenbart Bitinfo, eine Website, die den Besitz der Kryptowährungen analysiert. Danach haben die zehn Superreichen zusammen ein Bitcoin-Vermögen von aktuell 14 Milliarden Dollar. Das entspricht in etwa dem Wert des deutschen Energieriesen RWE.

Die Informationen über die digitalen Geldbörsen, in denen der Bitcoin steckt, sind öffentlich, detaillierte Daten über die Identität der Besitzer jedoch nicht. So könnte die Bitcoin-Konzentration sogar noch gravierender sein, sollten ein und derselbe Nutzer mehrere digitale Geldbörsen eingerichtet haben.

Die Clique beeinflusst spielend den Markt

Aber selbst ohne eine solche Bereinigung sind die Zahlen bereits heikel genug. Danach halten lediglich 1.675 Bitcoin-Investoren 38 Prozent aller digitalen Münzen. Das entspricht gerade mal 0,007 Prozent aller Besitzer. Knapp 18.000 Anleger halten 61 Prozent des Bitcoin. Dagegen gehören 24,2 Millionen Investoren gerade mal vier Prozent aller digitalen Münzen.

„Ich denke, es gibt ein paar Hundert Bitcoin-Investoren, die sich alle kennen und sich vielleicht alle schon mal angerufen haben“, sagte Kyle Samani, Partner bei der Investmentboutique Multicoin Capital, dem Finanzdienst Bloomberg und suggerierte damit, dass diese Clique spielend den Markt beeinflussen kann.

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Offensichtlich scheinen selbst Absprachen untereinander nicht verboten, weil Bitcoin eine digitale Währung und kein klassisches Wertpapier ist. Es ist legal, dass sich einzelne Gruppen absprechen, um konzertiert Bitcoin zu kaufen und so den Preis nach oben zu bringen. „Die Investoren sollten mit ihrem Geld machen können, was sie wollen“, schrieb unlängst der bekannte Bitcoin-Investor Roger Ver zu diesem heiklen Thema.

Die Machtkonzentration wirft ein schlechtes Licht auf den Bitcoin. Bislang galt er als das Geld der Freiheit, das nicht von Staaten oder anderen Autoritäten manipuliert werden kann, sondern wo jeder Einzelne mit seinen Transaktionen mit darüber entscheiden kann, welchen Wert die Münze bekommt. Nun stellt sich heraus, dass eigentlich eine Gruppe von Oligarchen die Fäden in der Hand hält. „Es gibt keine Transparenz in dem Markt“, sagte Martin Mushkin, Jurist für digitales Recht bei dem Finanzdienst Bloomberg. „Bei den klassischen Wertpapieren muss alles auf den Tisch gelegt werden, in der digitalen Welt gilt das nicht.“

Regelrechte Wild-West-Stimmung

In der Community wird spekuliert, wer hinter den zehn Milliardären steckt. Die Zwillinge Tyler und Cameron Winklevoss, die mit ihrer Klage gegen Facebook-Gründer Mark Zuckerberg öffentlich bekannt und reich wurden, dürften darunter sein. Sie gaben einst zu Protokoll, im Jahr 2013 Bitcoin im Wert von elf Millionen Dollar gekauft zu haben.

Dem Wirtschaftsmagazin „Fortune“ zufolge könnten sich auch die beiden Risikokapitalgeber Barry Silbert und Ted Draper unter den Superreichen befinden. Und auch der ominöse Bitcoin-Gründer Satoshi Nakamoto, der 2008 die geistige Vorlage für den Bitcoin lieferte, könnte dank seiner Erfindung zu Reichtum gekommen sein. Ihm soll eine Million Bitcoin gehören. Das käme einem Reichtum von 17 Milliarden Dollar gleich. In der Reichen-Liste von Bitinfo taucht ein solcher Betrag nicht auf, jedoch könnte Nagamoto mehrere digitale Geldbörsen besitzen.

Dabei sind zumindest bei Bitcoin Regeln vorgegeben. Das gilt nicht für andere Digitalwährungen oder digitale Tokens, die Firmen zur Finanzierung ihrer Geschäftsaktivitäten ausgeben. Hier ist eine regelrechte Wild-West-Stimmung ausgebrochen, und nichts scheint unmöglich.

Machtansammlung könnte auch Vorteil haben

Experten wie Wolfgang Richter, Rechtsanwalt bei DWF in Berlin und Experte für digitale Münzen und Recht, warnen vor Gefahren. Gerade sogenannte ICOs, der öffentliche Verkauf von digitalen Münzen, müsse reguliert werden. Ähnlich, wie es bei Crowdfunding schon der Fall ist, bei dem sich verschiedene Parteien zusammenfinden, um eine Geschäftsidee zu finanzieren. „Für Bitcoin und andere Kryptowährungen werden bei Transaktionen für regulierte Einheiten die gleichen Geldwäschestandards gelten wie für Euro & Co.“

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Doch viele Experten sehen die Entwicklung bei Bitcoin & Co. gelassener. Die Situation ähnele Start-up-Unternehmen, bei denen die Gründer und einige wenige Investoren das Gros der Anteile halten. Und die Machtansammlung in den Händen weniger könne auch ein Vorteil sein. Gerade die großen Bitcoin-Oligarchen könnten kein Interesse daran haben, die digitale Währung zu zerstören.

Sollten die Notierungen weiter steigen, könnte sich die Situation jedoch ändern und der eine oder andere bereit sein, größere Pakete abzugeben, um nicht am Ende seinen Reichtum in Bitcoin einbüßen zu müssen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

Bild: Getty Images / ROSLAN RAHMAN