Im schottischen Edinburgh steht auf der „Hauptstraße“, der Princess Street am Fuße des pittoresken Burgfelsens, ein altes Gebäude. Es ist eine Filiale der Royal Bank of Scotland und es ist auffällig dunkler als viele der neueren Gebäude rechts und links davon. Der Grund dafür sind die Bus— und PKW-Abgase, allen voran der Ruß, der über viele Jahre hinweg die Oberfläche der Fassade porös gemacht und sich darin angesammelt hat. Die umweltfreundliche(!) Reinigung – ein fast unmögliches Vorhaben.

Das Bankgebäude war in der schottischen Hauptstadt bereits vor mehr als einem Jahrzehnt einer der Anlässe, einmal über den Verkehr in der Innenstadt nachzudenken. Seitdem hat sich viel getan. Auf der Princess Street fahren seitdem nur öffentliche Verkehrsmittel, der regionale Busbetreiber setzt unterstützt von der Stadt längst auf emissionsarme Fahrzeuge, geliefert wurden sie von Volvo: Seit dem vergangenen Sommer fahren ein halbes Dutzend vollelektrische Busse auf den Innenstadt-Routen, noch einmal so viele kommen bald. 40 hybride sind schon länger innenstadtnah im Einsatz, weitere 20 bereits bestellt.

Ebenfalls in Schottland hat der chinesische Hersteller BYD („Build Your Dreams“) einen Fertigungsstandort. Das Unternehmen baut, richtig, Elektrobusse und verkauft diese an Städte wie Kopenhagen. Die dänische Hauptstadt arbeitet eifrig daran, das öffentliche Verkehrsnetz vollständig auf Elektrobetrieb umzustellen. 26 Fahrrad-Autobahnen sollen zusätzlich helfen, die innerstädtischen Emissionen zu reduzieren, schon Ende 2016 gab es in der Stadt mehr Fahrräder als Autos. In China gibt es eine Stadt, in der 14.000 Elektrobusse fahren.

Bislang können sich die meisten deutschen Städte lediglich mit einem schmücken: guten Absichten und frühen Plänen. Stattdessen ist die Diskussion immer wieder geprägt vom, Entschuldigung, Gejammere über den geliebten Diesel. Vom Gejammere darüber, dass kein deutscher Hersteller Elektrobusse liefern kann, das hat auch Sigrid Nikutta, die Chefin der Berliner Verkehrsbetriebe auf der NGIN-Mobility-Konferenz betont. Außer mickrigen Tests sind Elektrobusse in Berlin nicht zu finden.

„Armer Diesel!“ wird geschrieben, weil die Technik abseits von Betrugsskandalen in den letzten Monaten doch verbessert wurde und noch weiteres Potenzial hat, genau wie der Benzinmotor. Es wird geschrieben, dass die gesetzlichen Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxid vielleicht zu ambitioniert gesetzt wurden, überhaupt: Gibt es für die überhaupt eine feste medizinische Grundlage? Auch dass die von den Ökos postulierte „Verkehrswende“ nun mal Zeit braucht, steht immer wieder in den Kommentaren. Die Ladeinfrastruktur fehlt noch. Es wird auch geschrieben, dass die blaue Plakette vielleicht doch eine gute Lösung gewesen wäre. Warum sie nicht kommen konnte, weiß wohl allein der ehemalige Verkehrsminister Alexander Dobrindt, der ja für so einiges verantwortlich gemacht wird. Und es wird geschrieben, wie wichtig ja die Autoindustrie ist, die mit ihren Diesel und Benzinmotoren gutes Geld verdient, was ja auch Arbeitsplätze sichert und Forschung ermöglicht. Vielleicht muss man auch einfach den Pendler abschaffen, schreibt noch einer.

Merken Sie was? Defensive wohin man schaut. Sollten und wollten Deutschland und die deutschen Autobauer nicht Vorreiter sein, wenn es um die Mobilität der Zukunft geht? Bahnbrechende neue Technologien entwickeln und fördern statt den Status quo zu verteidigen? Nach vorne schauen, Lösungen aufzeigen und konkrete Umsetzungen präsentieren statt Ausflüchte? Stattdessen können Städte wie Kopenhagen oder Edinburgh den Weg nach vorne aufzeigen, während in Deutschland diskutiert wird. Genug mit dem Lamentieren über den Diesel!

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