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Wer Deutschland als Autonation bezeichnet, der erntet meist zustimmendes Kopfnicken. Wer die Bundesrepublik allerdings ein „digitales Leistungszentrum“ nennt, wie es der scheidende Bundesverkehrs- und Digitalminister Alexander Dobrindt (CSU) jüngst getan hat, wird hingegen eher belächelt. Laut einer Studie des Verbandes Bitkom ist die Digitalbranche mittlerweile allerdings der größte Industrie-Arbeitgeber in Deutschland – noch vor klassischen Wirtschaftszweigen wie etwa der Autoindustrie. „In der Informationstechnik, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik werden zum Jahresende über eine Million Menschen beschäftigt sein“, sagte Achim Berg, Präsident von Bitkom. Das seien 30.000 Stellen mehr als im Vorjahr, ein Plus von 2,9 Prozent.

Den Angaben zufolge hat die Digitalbranche bereits zum Jahresende 2016 die Maschinenbau-Branche überholt, sagte Berg. Danach folgen die Elektroindustrie und Automobilbranche. In der Bitkom-Branche könnten sogar noch mehr Menschen beschäftigt sein, wenn nur genügend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, erklärte Berg weiter. Ende 2016 habe es in Deutschland rund 50.000 offene Stellen für IT-Spezialisten gegeben.

Die Untersuchungen von Bitkom zeigen, dass in der Informationstechnik (IT) weiterhin das größte Wachstum und absolute Marktvolumen der Branche verzeichnet werden. Die Umsätze steigen laut aktueller Prognose um 3,4 Prozent auf 85,8 Milliarden Euro. 881.000 Mitarbeiter arbeiten 2017 in diesem Bereich. Am besten laufen die Geschäfte im Software-Segment bei einem Umsatz von 23 Milliarden Euro.

Die Bundesagentur für Arbeit bestätigt auf Nachfrage von Gründerszene die Tendenz der Zahlen. Es sei jedoch immer eine Frage der Auslegung, welche Jobs welchem Bereich zugerechnet werden. „Nach Sichtung der Beschäftigtendaten kann ich Ihnen mitteilen, dass der gesamte Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie in den letzten Jahren deutlich an Beschäftigung zugenommen hat“, heißt es aus der Behörde. „Im Juli dieses Jahres waren dort 1,030 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigt.“ Bei der Bundesagentur betont man allerdings: „Auch der Maschinen- und Fahrzeugbau hat mit jeweils über eine Million sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten von den guten wirtschaftlichen Entwicklungen profitiert.“

Trotz der positiven Zahlen für die eigene Branche hatte Bitkom erst vor wenigen Tagen vor den Auswirkungen der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt gewarnt. „Ich gehe davon aus, dass etwa die Hälfte aller Aufgaben in den nächsten zwanzig Jahren von Maschinen oder Computern erledigt werden kann“, sagte Achim Berg der Rheinischen Post. Er forderte daraufhin das Schulfach Programmieren brachte erneut ein bedingungsloses Grundeinkommen ins Gespräch.

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