Due Diligence Vorbereitung

Ein Beitrag von Dr. Jörg Zätzsch, Rechtsanwalt und Partner bei CMS Hasche Sigle. Er ist auf die Bereiche VC-Finanzierung, M&A sowie Gesellschaftsrecht spezialisiert und unter anderem Referent für das Thema Beteiligungsrecht beim Gründerszene Legal Day.

Ordnung im Datenraum

„Der Datenraum ist wie das Gästeklo“, das sagte ein Investment-Manager eines Venture-Capital-Fonds vor längerer Zeit zu mir und fügte hinzu: „Wenn es da unaufgeräumt ist, wissen Sie, wie es im ganzen Haus aussieht“. Über diese These mag man streiten. Sie hat aber doch einen wahren Kern. Ein Unternehmen, das für die Due Diligence der Investoren bei einer Finanzierungsrunde oder bei einem Exit einen chaotischen Datenraum mit den Dokumenten der Gesellschaft vorlegt, wird wohl kaum den ersten Preis im Corporate Housekeeping (neudeutsch für ordentliche Unternehmensführung, insbesondere Ordnung der rechtlichen Dokumente) gewinnen.

Chaos hinterlässt bei Investoren keinen guten Eindruck. Warum ist es dennoch so, dass bei einem Verkauf oder bei Finanzierungsrunden Datenräume für eine Due Diligence oft – nicht immer – noch ein hohes Maß an Unordnung aufweisen?

Zunächst liegt dies daran, dass es eben nicht das tägliche Geschäft von Startups ist, einen Datenraum für Investoren einzurichten. Außerdem ist es ein allzu menschliches Phänomen, sich erst um Dinge zu kümmern, wenn man dies auch wirklich muss. So kommt es für mich jedes Jahr immer wieder überraschend, dass die Steuererklärung abgegeben werden muss. Ein hektisches Heraussuchen von Unterlagen, Anrufe bei Krankenversicherungen et cetera für etwaige Nachweise und so weiter sind die Folge. Die Unterlagen unter Zeitdruck zusammenzusuchen, geht an und auf die Nerven. Genauso ist es bei einer Finanzierungsrunde oder bei einer Exit-Transaktion.

Zeitfresser Due Diligence

Im Wesentlichen wird das Management bei einer solchen Transaktion Zeit für drei Bereiche aufbringen müssen:

Erstens muss die Investment-Dokumentation oder der Veräußerungsvertrag verhandelt werden. Dies ist intensiv und kostet folglich Zeit. Parallel oder zeitlich vorgelagert sind zweitens die Due-Diligence-Anfragen der Investoren zu beantworten. Im Regelfall stellt der Investor eine Frageliste zu diversen Themenbereichen und erwartet, dass die Gesellschaft die Dokumente/Verträge zu diesen Anfragen zur Überprüfung durch den Investor und seine Berater bereitstellt. Dies kann sich als Zeitfresser erweisen, wenn die Dokumente nicht vorbereitet abrufbar sind, das heißt, nicht nur in digitaler Form vorhanden, sondern auch in einer von den Investoren vorgegebenen Ordnung.

Ist man zum ersten Mal mit einer solchen Liste konfrontiert, überrascht der Detaillierungsgrad (vor allem bei ausländischen Erwerbern), der nicht selten einen Aufschrei des Managements hervorruft. Um ein Gespür für den Vorbereitungsaufwand einer Due Diligence zu bekommen, kann ein Gespräch mit Gründern, die bereits einen größeren Exit hinter sich haben, sehr erhellend sein.

Ein besonderer „Nervfaktor“ kann entstehen, wenn die Fragelisten nicht auf den Einzelfall angepasst sind und auch unpassende Fragen enthalten, wie etwa die Fragen nach Bodenverunreinigungen oder Abfallentsorgungskonzepte bei einem E-Commerce-Unternehmen ohne großen Lagerbestand. Nicht selten findet man leider solche neben der Sache liegenden Fragen auch in Due-Diligence-Checklisten der Anwaltskanzleien, was verständlicherweise Unmut hervorruft.

Drittens muss sich das Management nach wie vor und das mit größter Priorität um das laufende Geschäft kümmern. Das Verhandeln der Investment-Dokumentation und die Diligence kommen also zusätzlich zum operativen Geschäft hinzu.

Exit-orientiert denken – Zeit und Kosten bei Due Diligence sparen

Während beim operativen Geschäft und auch bei den Verhandlungen wenig Zeit gespart werden kann (oder sollte), kann die Due Diligence demgegenüber zeiteffizient vorbereitet werden. Wenn ein Unternehmen exit-orientiert denkt und auch auf VC-Finanzierungsrunden angewiesen ist, empfiehlt es sich, die Dokumente fortlaufend so in einem Dokumentenmanagementsystem zu organisieren, dass auf Knopfdruck ein Datenraum für eine Due Diligence abgeleitet werden kann. Das Unternehmen ist dann jederzeit „due diligence ready“.

Dazu empfiehlt es sich, zunächst die Brille des potenziellen Investors aufzusetzen und sich zu fragen, welche Unternehmensdokumente und welche Art der Aufbereitung ein zukünftiger Investor gerne sehen würde. Eine gute Gliederung kann man zum Beispiel den Due-Diligence-Fragelisten von Anwaltskanzleien entnehmen. Diese sind regelmäßig nach Fachgebieten gegliedert und fragen die jeweiligen Dokumente ab. Klassische Gebiete sind etwa Gesellschaftsrecht, Finanzierung, Arbeitsrecht, Intellectual Property / Lizenzen, Einkaufsverträge (oder bei Unternehmen im Internet-Bereich das entsprechende Äquivalent), Verkaufsverträge, Rechtsstreitigkeiten.

Die Kunst besteht nun darin, diese Kategorien mit einem Dokumentenmanagementsystem (oder einfacher auch: Dateiablagesystem) der Gesellschaft überein zu bringen, so dass alle Unternehmensteile (so vorhanden) nach einem ähnlichen Schema ihre Dateien ordnen, ohne dass Wildwuchs entsteht. Dies klappt nicht immer. Der relativ geringe Anfangsaufwand lohnt sich aber bei einem Exit-orientierten Unternehmen auf jeden Fall.

Konkrete Vorteile bei der Verhandlung

Ein so fortwährend geführtes Dokumentensystem bietet nicht nur Zeitvorteile.

Erstens ist das Management bei dieser Art der Datenaufbereitung besser informiert und kann auf Augenhöhe mit dem Investor verhandeln. Mögliche „Hick-ups“ fallen früher auf. Ein klassisches Beispiel bei Startups ist die Frage, wem die Domain der Gesellschaft gehört. In einer Due Diligence wird regelmäßig abgefragt, welche Domains die Gesellschaft nutzt und welche Domains auf sie angemeldet sind. Erst bei der Due Diligence stellt sich dann häufig heraus, dass die Domains noch auf die Gründer angemeldet sind und nicht auf die Gesellschaft selbst.

Nun ist dieses Beispiel trivial und der Fehler leicht zu beheben. Was aber, wenn essentielles Intellectual Property durch die Geschäftsführer geschaffen wurde und nicht auf die Gesellschaft übertragen worden ist? Was, wenn einer der Geschäftsführer, der dieses Intellectual Property mit kreiert hat, nicht mehr für die Gesellschaft tätig ist? Was, wenn gerade dieser Geschäftsführer im Unfrieden gegangen ist?

Unter dem Zeitdruck einer Finanzierungsrunde dieses Problem zu lösen, ist denkbar ungünstig. Auch schafft die dann zeitkritische Situation ein gewisses Erpressungspotential gegenüber der Gesellschaft. Besser ist es daher, diese Themen fortlaufend anzugehen. So muss man sich nicht von den gegnerischen Anwälten bei einer Due Diligence über diese Dinge belehren lassen.

Der zweite Vorteil betrifft die Frage der Haftung bei einer Finanzierungsrunde oder einem Unternehmensverkauf. In der Regel erwartet der Investor, dass zumindest die geschäftsführenden Gründer Gewährleistungen im Hinblick auf das operative Geschäft der Gesellschaft abgeben. Damit soll das Investment abgesichert werden. Sollten die Gewährleistungen falsch sein, sind die Gründer in der Regel zur Leistung von Schadenersatz verpflichtet. Hart verhandelt wird dabei oft, ob Umstände, die im Datenraum offengelegt sind, dem Investor als bekannt gelten sollen.

Die Folge wäre, dass der Investor aufgrund dieser ihm bekannten Umstände keine Gewährleistungsansprüche geltend machen könnte. Aus Gründersicht ist es erstrebenswert, eine solche Position zu verhandeln. Dies lohnt jedoch nur, wenn der Datenraum möglichst umfangreich und ordentlich aufbereitet ist. Die Bestückung des Datenraums kann damit unmittelbare Auswirkungen auf das Haftungsrisiko der Gründer haben.

Drittens spart ein solcher Ansatz erhebliche Zeit, die bei der Verhandlung der Transaktion besser genutzt werden kann. Allzu oft erreichen uns als Anwaltskanzlei Hilferufe bei Transaktionen, das Unternehmen doch bei der Erstellung des Datenraums zu unterstützen. Weil es an der notwendigen Zeit und an den Ressourcen des Unternehmens fehlt, in einer relativ kurzen Zeitspanne die Daten für den Investor aufzubereiten, wird aus dem Zeitfaktor dann recht schnell ein Geldfaktor, denn die Aufbereitung der Datenräume ist natürlich nicht umsonst.

Viertens sitzt man mit einem bereits erstellten ordentlichen Datenraum im „driverseat“ der Transaktion. Das Unternehmen wird nicht zum Getriebenen, der die eigenen Dokumente anhand von Fragelisten der Investoren zeitraubend sortiert und aufbereitet, sondern bittet die Investoren nebst Berater, zu den Dokumenten im Datenraum lediglich Ergänzungsfragen zu stellen. Verkauft man eine Gesellschaft im Rahmen eines Bieterverfahrens oder stehen mehrere Investoren im Wettbewerb, geht es ohnehin nicht anders.

Alles gute Gründe, um gleich heute die Dokumente der Gesellschaft „due diligence ready“ aufzubereiten. Vielleicht sollte auch ich gleich jetzt meine Steuerunterlagen zusammensuchen, oder vielleicht morgen, oder lieber doch übermorgen …?

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