Der E-Motor von Relo ist abnehmbar und kann per App angesteuert werden.

Es geht bergauf. Jeder Tritt in die Pedale ist schweißtreibend. Nur die Gruppe Rentner auf ihren motorisierten Fahrrädern, die gerade lautlos an mir vorbeizieht, scheint einen coolen Kopf zu bewahren. Und schon ist das Klischee wieder bedient – E-Bikes sind bloß etwas für Senioren. Dabei hat sich die Branche in den vergangenen zwei Jahren massiv gewandelt: Sie ist jünger, smarter und stilbewusster geworden.

Eine erfolgreiche Crowfunding-Aktion aus dem vergangenen Jahr hat gezeigt, in welche Richtung sich der E-Bike-Markt derzeit entwickelt: Binnen 97 Tagen hatte das Wiener Startup Freygeist 1,5 Millionen Euro auf Companisto für die Serienreife eingesammelt. Das gerade mal 12 Kilo schwere E-Bike steht in Sachen Design und Leichtbauweise einem urbanen Rad in nichts nach – nur, dass ein Elektromotor schier unsichtbar im Rahmen verbaut ist.

Das E-Bike von Freygeist versteckt seinen Motor im Rahmen.

Im Oktober ging Freygeist an den Markt. Die 500 produzierten Räder seien mittlerweile bis auf einen geringen Restbestand vergriffen, sagt Mitgründer Martin Trink. Dabei ist das knapp 4000 Euro teure Bike alles andere als ein Schnäppchen und kann preislich mit einem hochwertigen E-Roller mithalten. Made in Germany hat seinen Preis. Doch die Anfragen brechen nicht ab.

„Die Integration von Akkus ist in der ganzen Industrie immer häufiger anzutreffen“, sagt Trink.  Andere Hersteller wollen das Konzept von Freygeist nun aufgreifen, erzählt er. Fürs kommende Jahr sucht das Startup, das mittlerweile nach Berlin gezogen ist, einen größeren Produktionsstandort. Bald werde außerdem ein günstigeres Modell angeboten, so der Gründer.

Auch das US-Startup GeoOrbital meldet Erfolge. Es konnte in diesem Jahr für seinen elektrischen Vorderradantrieb bei der Crowdfunding-Plattform Kickstarter 1,26 Millionen Dollar einsammeln. Das Reifenset kann beliebig für jeden Fahrradtyp ergänzt werden. Mit 825 Euro ist es vergleichsweise günstig. Der Haken: Für den 500-Watt starken Motor braucht es in Deutschland eine Zulassung.

Sogenannte Pedelecs wie das E-Bike von Freygeist können hierzulande ohne Führerschein gefahren werden. Geladen wird an der Steckdose. Mit maximal 250 Watt unterstützen sie die eigene Tretkraft bis zu 25 Stundenkilometer. Danach schaltet sich der Motor ab. So verlangt es der Gesetzgeber. Alle Zweiräder mit mehr Power sind zulassungspflichtig und damit in der Haltung wegen der Versicherungsbeiträge teurer.

Aufgrund der gesetzlichen Vorgabe seien 95 Prozent aller E-Bikes Pedelecs, so der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV).  2,5 Millionen E-Bikes sollen demnach auf deutschen Straßen unterwegs sein. Mit über 535.000 verkauften E-Bikes im Jahr 2015 ist das Business zu einem millionenschweren Markt herangewachsen.
Infografik: Elektroantrieb boomt - auf dem Radweg | Statista

Die gesamte Fahrradbranche erziele etwa 2,42 Milliarden Euro Umsatz im Jahr, teilte der ZIV mit. Der Anteil der verkauften E-Bikes liege derzeit bei rund 12,5 Prozent. Im Vergleich zum E-Auto-Markt, der anteilig am Gesamtabsatz gerade mal auf 0,4 Prozent kommt, ist die Wachstumskurve der E-Bikes beachtlich (siehe Grafik).

Die Vorteile der elektrischen Fahrräder liegen auf der Hand: Es braucht keine gesonderte Ladeinfrastruktur, es gibt keine anderweitigen Haltungskosten außer Strom und überall sind Parkplätze vorhanden. Im Stadtverkehr sind Fahrräder in der Regel schneller unterwegs als Autos. Die Anschaffungskosten für ein neues E-Bike starten bei rund 900 Euro. Allerdings hat Stiftung Warentest in diesem Preissegment erhebliche Qualitätsmängel aufgedeckt, die vor allem die Bremstechnik betreffen. Wer mit seinem bisherigen Fahrrad zufrieden ist, kann auch genauso gut einen Hybrid-Motor nachrüsten.

Der Hybrid-Antrieb von Relo ist abnehmbar.

Das Nürnberger Startup Relo hat einen abnehmbaren, gerade mal 3,7 Kilo schweren E-Motor entwickelt. Damit kommen vor allem sportliche Radler auf ihre Kosten, denn für diese Zielgruppe ist das Gewicht entscheidend. Sowohl das Mountainbike als auch ein Rennrad lassen sich nachrüsten. Motor und Akku sind mit zwei Kilogramm der schwerste Teil des Antriebs und können bei Bedarf via Steckverbindung abgenommen werden. So wird das Pedelec schnell wieder zu einem normalen Fahrrad umfunktioniert.

Kostenpunkt 2000 Euro inklusive Montage – auch das ist nicht gerade günstig. Doch die Entwickler haben bereits einen Schritt weiter gedacht, da der Motor vernetzt ist. Der Fahrer kann am Lenker die Trittunterstützung optional über einen Daumenschalter via Bluetooth-Verbindung oder über seine App am Smartphone einstellen. Über die App können die Geschwindigkeit, Antriebsstufe und der Akkustand abgerufen werden. Als nächstes folge eine App für die Apple Watch, so das Unternehmen.

Bild: Relo / Freygeist