e-commerce onlineshop

Ein Gastbeitrag von Oliver Graf, Geschäftsführer der Ve Interactive DACH GmbH.

Die Werbepsychologie beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit den Entscheidungsfindungsprozessen von Käufern. Webshops sollten sich deren Erkenntnisse deshalb unbedingt zunutze machen. Zudem können psychologische Aspekte häufig mit nur wenig Aufwand in den Kaufprozess eingebunden werden. Der User freut sich so über ein besseres Shoppingerlebnis und der E-Commerce-Betreiber über gesteigerte Conversion Rates. Welche Aspekte es zu berücksichtigen gilt und wie der Webshop diese für sich nutzen kann, wird hier erklärt.

1. Paralyse-Effekt: viel bringt nicht immer viel

Viele kennen das Gefühl, von einer riesigen Auswahl völlig überfordert zu sein. Dieses Phänomen greift auch in einem Webshop, der zu viele Handlungsoptionen auf einer Seite anbietet, etwa durch eine überwältigende Zahl an buchbaren Dienstleistungspaketen. Angesichts der vielen Handlungsmöglichkeiten tritt der sogenannte Paralyse-Effekt (Lähmungs-Effekt) ein. Der User kann sich nicht entscheiden, reagiert nicht und bricht mit hoher Wahrscheinlichkeit den Kaufprozess ab.

Um Kunden die Qual der Wahl zu nehmen, sollten sie bei der Entscheidungsfindung unterstützt werden: Bietet der Onlineshop zum Beispiel drei verschiedene Dienstleistungspakete an, könnte das Angebot mit dem größten Kundenvorteil farblich und inhaltlich hervorgehoben werden. So wird zum einen verhindert, dass der Kunde sich orientierungslos fühlt und gleichzeitig führt diese Vorgehensweise dazu, dass der User sich eher auf den Nutzen des Angebots und weniger auf seinen Preis fokussiert.

2. FOMO-Effekt: ich bin zu spät, ich bin zu spät

Etwas zu verpassen ist die größte Angst vieler Menschen (englisch: „fear of missing out“). Diesen Umstand können sich Webshop-Betreiber auf sehr einfache Weise zunutze machen: Die Angabe darüber, wie viele Artikel von einem Produkt noch verfügbar sind oder die Information, wenn eine Rabattaktion in Kürze ausläuft, liefert häufig den Anstoß für eine Kaufentscheidung.

Allerdings lohnt sich Ehrlichkeit: Künstliche Verknappung mag zwar verlockend sein, Kunden realisieren jedoch schnell, wenn hier getrickst wird. Sie fühlen sich betrogen und kehren dem Webshop den Rücken. Anders reagiert der User, wenn diese Angaben tatsächlich der Realität entsprechen und damit als hilfreiche Information wahrgenommen werden. Nach einem Urteil des OLG Hamm ist die korrekte Angabe von Warenbeständen sogar verpflichtend.

3. Farben: bei Rot bitte Klicken

Die Farbpsychologie ist ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Gestaltung einer Webseite geht. Mit einem farblich hervorgehobenem Call-to-Action (CTA) kann der User ganz subtil dazu motiviert werden, eine intendierte Handlung auszuüben. Grundsätzlich sollte die Farbe des CTAs die Aufmerksamkeit des Webseitenbesuchers auf sich ziehen. Zudem gilt es, beim User die gewünschten Emotionen anzusprechen: Vertrauen, Sicherheit, Spaß – sie alle werden durch verschiedene Farben repräsentiert.

Aber: Je nach Kulturkreis können sich die mit einer Farbe verbundenen Emotionen tatsächlich unterscheiden. Wie und besonders welche Farben das Kaufverhalten der Nutzer am stärksten beeinflussen, kann jeder Webshop mittels systematischen A/B-Testings herausfinden.

4. Mitläufer-Effekt: ich auch!

Nach einer Umfrage von Zendesk verlassen sich 88 Prozent aller User bei Kaufentscheidungen auf Onlinebewertungen. Hier greift der sogenannte Bandwagon-Effekt (Mitläufer-Effekt); er umschreibt den natürlichen Instinkt des Menschen, der Masse zu folgen. Webshops können sich diesen Effekt mehrfach zunutze machen: Einerseits führen zahlreiche Bewertungen dazu, dass diese Produkte als „Must-have“ wahrgenommen werden – wofür so viele andere Personen sich interessieren, muss einfach spannend sein; folglich interessiert sich auch der nächste User dafür. Gleichzeitig spricht der Mitläufer-Effekt auch das Bedürfnis der Menschen an, sich anderen mitzuteilen, wenn sie eine gleiche Handlung ausüben.

Durch die Platzierung von Social-Sharing-Buttons gleich unter dem Artikel kann der Webshop auch diesen Effekt für sich nutzen. Durch die nah am Produkt platzierte Option, seinen Kauf Freunden und Gleichgesinnten mitzuteilen, machen viele Kunden davon Gebrauch. Der Vorteil: Der Kunde kann seine neueste Errungenschaft mitteilen, während der Webshop-Betreiber sich über kostenfreie und persönliche Werbung für das Produkt und seinen Shop freuen darf.

Einen ähnlichen Zweck haben auch Kunden-Testimonials, die das Vertrauen in einen Webshop erhöhen sollen und nicht selten den finalen Klick bewirken.

Bild: Getty Images / Zhang Peng