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Die Affinitas-Gründer David Khalil (links) und Lukas Brosseder

100 Business-Pläne und Gründungsangst

Wie kommt man eigentlich in Oliver Samwers Wohnzimmer? Wahrscheinlich muss man gut sein, fleißig, unternehmerisch stark, mutig. Vielleicht braucht es manchmal auch einfach etwas Glück.

Es ist Anfang 2007, als Lukas Brosseder und David Khalil das Glück haben, zu einer Party im Umfeld der DLD-Konferenz in München eingeladen zu werden. Die beiden arbeiten zu der Zeit als Unternehmensberater, verdienen gut, sind voll beschäftigt. Aber ihr Plan aus Studienzeiten, selbst zu gründen, hat sie nie losgelassen.

„Es war immer klar, dass wir gründen wollten“, erzählt David Khalil. „Wir haben aber trotz gefühlt 100 geschriebener Business-Pläne nicht den Mut gehabt, etwas zu gründen und sind nach dem Studium in die Unternehmensberatung gegangen.“

Oliver Samwers und Max Fingers Diplomarbeit

Während Brosseder und Khalil in der Beratung schuften, legt die deutsche Startup-Szene los: Michael Brehm, den die beiden von der Elitehochschule WHU kennen, ist Geschäftsführer von StudiVZ, das gerade für 85 Millionen Euro verkauft wurde. Fünf weitere ehemalige Kommilitonen – darunter die Wimdu-Gründer Arne Bleckwenn und Hinrich Dreiling – rollen mit ihrem Startup Gamegoods erfolgreich ein Land nach dem anderen auf.

„Wir machten bis tief in die Nacht Powerpoint-Slides und sie erzählten uns, wie sie drei Monate nach dem Launch 85 Mitarbeiter in Köln beschäftigten. Da dachten wir uns: Wir haben irgendetwas total falsch gemacht“, erinnert sich Khalil.

Über die Gamegoods-Macher kommen die beiden auf die DLD-Party, die im Luxushotel Bayerischer Hof stattfindet. Für die beiden eine Traumwelt, schnell sind sie wieder angefixt von der Idee, selbst zu gründen. Das Resultat der Party: ein Intro per Mail zu Oliver Samwer. Und: „Wir saßen ein paar Wochen später in seinem Wohnzimmer“, sagt Lukas Brosseder.

Die Anfänge bei den Samwers

Das Gespräch läuft gut, noch im Frühjahr 2007 beginnen beide für die drei Samwer-Brüder zu arbeiten. Die Gutverdiener-Jobs bei der Unternehmensberatung hängen sie an den Nagel. Die ehemaligen Kollegen schütteln nur den Kopf. Das Internet-Business verbinden sie noch mit der Dotcom-Blase, den Namen Oliver Samwer kennen damals nur die wenigsten. „Als ich bei der Unternehmensberatung BCG gekündigt habe, hielten mich alle für bescheuert“, sagt David Khalil.

Für die Samwers übernehmen Brosseder und Khalil Management-Aufgaben, sind Mädchen für alles, rund um die Uhr. Neben den beiden besteht das Team zu diesem Zeitpunkt aus Florian Heinemann und Christian Weiß – die sich später von Rocket Internet lösen und 2012 den Konkurrenz-Inkubator Project A Ventures starten werden -, sowie Philipp Kreibohm und Felix Jahn, den derzeitigen Geschäftsführern des Samwer-Startups Home24. „Die vier waren immer einen Tick selbstbestimmter“, sagt Khalil und fügt schmunzelnd hinzu: „Denn sie saßen nicht wie wir direkt mit den drei Brüdern in München.“

Die beiden bleiben knapp zwei Jahre bei den Samwers. „Das Arbeiten mit einem Inkubator ist immer kurzfristig – was viel Spaß macht und wobei man unglaublich viel lernt, aber irgendwann möchte man dann das Kind von Anfang bis Ende begleiten“, resümiert Brosseder. Die Chance dazu erhalten sie im November 2008 – bei der Rocket-Gründung der Affinitas GmbH, die im Mai 2009 mit der Partnerbörse Edarling (www.edarling.de)online geht. „In der freien Wirtschaft würde man vielleicht sagen, dass wir zu Gründern befördert wurden“, sagt Khalil.

Affinitas wächst

Edarling wächst schnell, wird nach und nach zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz für die alteingesessenen Player wie ElitePartner oder Parship. Im Januar 2010 sichert sich die US-Größe Eharmony 30 Prozent an Affinitas. Der Plan: „Wir waren ganz klar auf einen Exit an Eharmony ausgerichtet“, sagt Khalil.

Doch dazu kommt es nicht. Im Mai 2013, genau vier Jahre nach dem Launch, kauft sich Affinitas für geschätzte 30 Millionen US-Dollar los.

Die Abkapselung von Eharmony „führte zu einer Zeit des Umbaus im letzten Jahr und war für uns das wesentlichste Ereignis der vergangenen zwölf Monate“, kommentiert Khalil den Rückkauf. Auch die Ziele passen die Gründer an: „Es war lange unser Ziel, ein Mitglied der Eharmony-Familie zu werden. Heute verfolgen wir die Vision, zur weltweiten Spitze in unserem Feld zu werden. Das ist unternehmerisch natürlich deutlich spannender.“

Dadurch wird das Wachstum gedrosselt: „Es gibt keinen Zwang mehr, nach kurzfristigen Parametern den möglichen Exit-Erlös zu maximieren.“ Zudem will man nun vor allem mobil stärker werden – derzeit kommen nur 20 bis 30 Prozent des Traffics über mobile Endgeräte. Auch würden sie den vor zwei Jahren ins Leben gerufenen Spin-Kodex gerne prominenter in der öffentlichen Wahrnehmung verankert sehen.

Ein weiteres Produkt ist derzeit nicht in Planung. Auch eine Flirt-App wie Tinder soll es nicht geben, selbst wenn „Tinder eine hervorragende App ist. Es gibt aber noch kein Business-Modell. Und der Erfolg von Tinder ist sicherlich schwierig zu kopieren. Viralität lässt sich nicht einfach nachbauen – siehe Rockets Versuch mit Pinterest“, erklärt Brosseder.

Heute hat Affinitas 310 Mitarbeiter, die zwei Produkte betreuen: Neben Edarling die Datingplattform Shopaman, 2011 als Betterdate gestartet und im November 2012 umfirmiert.

Fehlt nach fünf Jahren Affinitas manchmal der Startup-Alltag? Khalil und Brosseder beteuern: Ihnen gehen die unternehmerischen Tätigkeiten bei Affinitas nicht aus. Und sie schnuppern als Business Angels weiter Gründerluft – bei Amorelie etwa, Linkbird, Lesara oder Realytics.

Bild: Affinitas