Jung, Influencerin und etwas ungelenk. An ihren Mails sollte Elle Darby noch feilen.

Eine dreiste Schnorrerin soll sie sein, unverantwortliche Gratis-Mentalität wird ihr und ihren Kolleginnen nachgesagt. Die 22-jährige Youtuberin Elle Darby hat es in den vergangenen Tagen nicht leicht gehabt. Sie bezeichnet sich selbst als Influencerin. Das heißt, sie hat viele Follower in den Netzwerken, denen sie gerne Produkte oder Dienstleistungen empfiehlt. Und weil sie den Valentinstag mit ihrem Freund in Dublin in einem Luxushotel verbringen wollte, schickte sie den Betreibern des Hotels eine Mail, in der sie fragte, ob man ins Geschäft kommen könne. Freie Übernachtung für Werbung auf YouTube und Instagram.

Offenbar erreichte die junge Frau den falschen Ansprechpartner. Denn Hotelmanager Paul Stenson machte aus der etwas ungelenken Anfrage von Ellen Darby eine Grundsatzdiskussion im Netz. Er schwärzte ihren Namen, stellte ihre Anfrage auf Facebook und ließ sich länglich über eine Gratismentalität aus, die er erkannt haben wollte. Dabei stellte er die rhetorische Frage, wer denn die Rezeptionisten, die Wäsche und das Reinigungspersonal bezahlen solle, wenn die Influencerin nicht bereit sei, ihr Zimmer zu bezahlen.

Ohne Aufmerksamkeit im Netz läuft kein Geschäft

Eine Antwort wollte er natürlich nicht. Denn die wäre einfach gewesen: Für das „Gratis“-Zimmer hätte das Hotel und das Café Aufmerksamkeit in den Netzwerken erhalten. Das ist heute ein ganz normales Geschäft, mit dem viele Werbeagenturen und Influencer-Agenturen ihr Geld verdienen. Ohne Aufmerksamkeit im Netz, das weiß heute jeder Mensch, der etwas zu verkaufen hat, wird das Überleben da draußen immer schwerer.

Der Hotelbetreiber hatte also zwei Möglichkeiten. Er hätte sich auf das Tauschgeschäft einlassen können oder er hat es nicht nötig, über eine Influencerin wie Ellen Darby Aufmerksamkeit zu erhalten, weil seine Geschäfte gut laufen. Eine schriftliche Zusage oder Absage – die Sache hätte sich erledigt. Er entschied sich aber für eine dritte Möglichkeit und stellte die junge Frau an den Internetpranger, um ihr eine Lektion zu erteilen und sie als Schnorrerin bloßzustellen. Zwar nannte er nicht ihren Namen, aber der wurde natürlich innerhalb von Minuten bekannt. Leute, die ein Vergnügen daran haben, Steine auf leichte Opfer zu werfen, lassen sich ebenfalls in Sekundenbruchteilen auftreiben. Und so geschah es dann auch.

Vielleicht hätte man dem Hotelmanager erklären sollen, wie Aufmerksamkeitsökonomie heute funktioniert. Es ist eben nicht so, dass Elle Darby etwas gratis erhalten hätte. Auch wenn sie in ihrer Mail ungeschickt von „Urlaub“ spricht. Wenn er professionell agiert hätte, wäre es eine einfache Rechnung gewesen: Sind die übernommenen Kosten des Hotels ein guter Preis für die Werbewirksamkeit? Es stimmt, die Anfrage der jungen Frau liest sich unprofessionell. Die Mail macht deutlich, dass die 22-Jährige noch nicht viel Erfahrung in diesem Business hat.

Jetzt sind Blogger nicht mehr erwünscht

Trotzdem bleibt es ein Business. Auch im Urlaub. Und es hat eben nichts mit Schnorrerei zu tun. Der Hinweis des Hotelbetreibers, dass die sogenannten Influencer doch lieber etwas anständiges lernen sollten, um ihre Geld zu verdienen, zeigt, um was es ihm wirklich geht. Er wollte eine moralische Lektion erteilen.

Da bekommen junge Frauen offenbar etwas umsonst, weil sie sich in der Selfie-Hölle Instagram anpreisen? Und sie schminken sich penibel, weil sie gut aussehen wollen und ziehen sich auffällig modisch an? Dazu sprechen sie auch noch eine Sprache, die die Erwachsenen nicht mögen und wollen? Oha! Das ist ja ein Ding. Das gefällt Paul Stenson alles nicht. Und natürlich kochte nach seinem Posting die empörte Volksseele und stimmt ihm zu.  

Inzwischen sind übrigens alle „Blogger“ – wer immer das sein soll – nicht mehr in Stensons  Hotel oder im Café erwünscht: „If any of you attempt to enter our premises from now on, you will be ejected. Perhaps if you went out and got real jobs you’d be able to pay for goods and services like everybody else. Just a thought!“ Das ist offenbar der Ton, in dem der Hotelmanager am liebsten kommuniziert. Ist das wirklich professioneller als die Anfrage der jungen Frau?

Immerhin darf Stenson gerade erleben, dass er das Netz vielleicht doch unterschätzt hat. Denn hier gibt es tatsächlich Leute, die das Influencer-Geschäft verstehen – und Menschen, die einer Frau zur Seite stehen, die es gewagt hat, eine Mail an sein Hotel zu schicken und sich jetzt unter Tränen fragt, was sie eigentlich falsch gemacht hat. Wie hätte sie auch ahnen können, das hier ein Manager sitzt, der nicht nur ein Hotel führt, sondern nebenbei ungebetene Lektionen erteilt und seine Gäste und Follower in den Netzwerken nach seinen etwas altbackenen Vorstellungen erziehen will. 

Bis wir uns alle wieder abgeregt haben, dauert es wahrscheinlich noch eine Weile. Deshalb an dieser Stelle erstmal Musik von The Fall. Der legendäre Mann hinter der Band, Mark E. Smith, ist in der vergangenen Woche im Alter von 60 Jahren gestorben.