Nie war es in Zeiten der Digitalisierung so leicht einen neuen Job zu finden wie heute. Gleichzeitig war es für Unternehmen noch nie so schwierig, qualifizierte Fachkräfte wie Entwickler einzustellen. Denn während Unternehmen jedes Jahr mehr Stellen für Entwickler ausschreiben, wächst das Kandidatenangebot nicht im gleichen Maße.

Ergebnisse einer Studie von WeAreDevelopers zeigen: Nur circa sechs Prozent der Programmierer suchen wirklich aktiv einen neuen Arbeitgeber, alle anderen schauen sich nur aus reinem Interesse um.

Allerdings zeigt die Studie auch, dass fast jeder zweite Entwickler (41 Prozent) für einen neuen Job durchaus aufgeschlossen wäre. Darüber hinaus überrascht die Studie zudem mit folgendem Ergebnis: 84 Prozent der befragten Programmierer wären zu einem Jobwechsel ins Ausland bereit.
Beliebteste Ziele sind ganz vorneweg Deutschland, gefolgt von Schweden und Großbritannien.

Die Zielgruppe im Blick haben

Ein großer Fehler, den Unternehmen immer wieder machen, ist, dass sie sich ihrer Zielgruppe nicht bewusst sind und in einem viel zu breiten Feld nach Fachkräften suchen. Klassische Jobportale, die nicht speziell auf Developer zugeschnitten sind, sondern mehrere Zielgruppen ansprechen, funktionieren nicht mehr.

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Zusätzlich fehlt es vielen Unternehmen daneben noch an einer klaren „Developer-Recruiting-Strategie“. So eine Strategie lässt sich am besten vom Developer-Team selbst entwickeln. Dabei sollten Fragen beantwortet werden, wie zum Beispiel, welche Events das Unternehmen für das Recruiting nutzen will oder ob es gezielte Kampagnen gibt, die gefahren werden sollen.

Um den Rekrutierungsprozess aufzulockern, bieten sich kreative Live-Maßnahmen, wie die Veranstaltung von Hackathons oder Kongressen mit bekannten Sprechern aus der Branche. In so einem ungezwungenen Rahmen schafft man eine viel persönlichere Ebene als bei reinen Jobmessen.

Außerdem müssen die Recruiting-Kanäle von Mitarbeitern mit den richtigen Kompetenzen betreut werden. Dabei können Unternehmen ihre Jobanzeigen beispielsweise in einer bestimmten Programmiersprache einstellen. Dadurch sprechen sie nur Entwickler an und es entsteht gleichzeitig ein Wir-Gefühl.

Nicht selten schleichen sich bereits bei der Stellenanzeige die ersten Fehler ein. Über 63 Prozent der Entwickler halten beispielsweise Produktdetails in der Stellenausschreibung für den wichtigsten Aspekt. Diese kommen jedoch meistens zu kurz.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Bewerbungsverfahren. Entwickler schreiben natürlich lieber Code als Bewerbungen. Das Anfordern von Kurzbewerbungen verschafft Unternehmen einen deutlichen Vorteil. Die erste Hürde sollte also so gering wie möglich gestaltet werden.

Doch woran erkennt man einen wirklich qualifizierten Entwickler? Hier sind persönliche Gespräche unverzichtbar, denn nicht jeder potentielle Mitarbeiter verrät im Lebenslauf beispielsweise sämtliche Programmiersprachen, die er beherrscht.

Von Vorteil ist es auch, das interne Developer-Team in den Bewerbungsprozess einzubinden. So lassen sich nicht nur die Fähigkeiten ausloten, sondern das Unternehmen kann direkt feststellen, ob die Chemie unter den Kollegen stimmt.

Im Nachgang an das Gespräch und das persönliche Kennenlernen sollten sich Firmen nicht allzu lange mit ihrer Rückmeldung Zeit lassen, denn gute Entwickler warten nicht mehrere Wochen auf eine Zusage.

Auf die richtigen Rahmenbedingungen kommt es an

Entwickler mögen flache Hierarchien und schnelle Entscheidungswege. Es ist also wichtig, die Entwickler-Teams relativ klein zu halten und auch dafür zu sorgen, dass die Vorgesetzten aus dem Developer-Umfeld kommen. In kleineren Teams fällt es häufig leichter, den offenen Umgang miteinander und das gegenseitige Lernen zu fördern und zu fordern.

Natürlich sollten Unternehmen auch über die neueste Technik verfügen, denn kein Entwickler möchte an einem veralteten PC arbeiten. Ebenfalls wichtig: Offen für Neues sein. Chefs in der Entwicklung sollten die Anwendung neuer Technologien und Prozesse immer begrüßen und nicht verwehren.

Je nach Berufserfahrung und Unternehmensgröße sollten die Gehälter der Branche angepasst sein. Daneben sind auch der Arbeitsort, der Ruf des Unternehmens und der Wunsch nach flexiblen Arbeitszeiten wichtige Kriterien. Gerade wenn es um Home-Office und Arbeitszeiten geht sollten viele Unternehmen aufgeschlossener sein.

Einige Entwickler sind nicht begeistert, wenn sie für einen Job umziehen sollen. Sollte sich ein Wohnortwechsel jedoch nicht vermeiden lassen, kann eine Umzugskostenübernahme angeboten werden.

Ist ein passender Kandidat für die offene Entwicklerposition gefunden, kann es durchaus sein, dass sich Unternehmen in Geduld üben müssen. Auch im Developer-Umfeld sind Kündigungsfristen ganz normal und viele Entwickler können nicht von heute auf morgen eine neue Stelle antreten. Unternehmen sollten also potentielle neue Mitarbeiter nicht abschrecken, indem sie Druck ausüben.

Die Erwartungshaltung eines Entwicklers an einen neuen Job ist hoch – und Jobangebote sind meistens ausreichend vorhanden. Damit die neugewonnene Fachkraft nicht direkt wieder das Weite sucht, ist es wichtig, sich mit der Erwartungshaltung des neuen Mitarbeiters auseinanderzusetzen.

Oftmals kommt es intern schon vor Dienstantritt des neuen Mitarbeiters zu Missverständnissen. Stellenausschreibungen werden falsch veröffentlicht, weil die Kommunikation innerhalb der Abteilungen nicht stimmt. Folglich ziehen sich Einstellungsprozesse immer mehr in die Länge, was nicht gerade förderlich im War for Talents ist.

Bild: Getty Images / Stanislaw Pytel