Führen die neue Energieplattform: Heiko von Tschischwitz, Andreas Rieckhoff und Varena Junge

Er will die Macht der Energiekonzerne brechen. Vor knapp zwei Jahrzehnten hat Heiko von Tschischwitz Deutschlands erstes Ökostromanbieter Lichtblick gegründet – und damit einen Angriff auf die etablierten Anbieter Eon und RWE gestartet.

Heute stellt er in Hamburg sein neues Projekt Enyway vor, das er gemeinsam mit Varena Junge, Andreas Rieckhoff und einem 50-köpfigen Team entwickelt hat. Damit will Tschischwitz, der seinen Posten als Lichtblick-CEO an Wilfried Gillrath abgibt, den Energiekonzernen und Stadtwerken endgültig ihr Geschäft streitig machen – und das Sharing-Prinzip im Energiemarkt etablieren.

Enyway ist eine Plattform, über die Privatpersonen untereinander direkt Strom handeln können, „im Prinzip kann jeder zum Energieversorger werden, einen Mittelsmann braucht es nicht mehr“, erklärt Tschischwitz im Gespräch mit Gründerszene. Oder anders gesagt: Windrad-Betreiber Jan von der Nordsee kann ab sofort seinen Windstrom an Lisa nach Berlin verkaufen.

Das ist laut dem 49-Jährigen ein Novum auf dem Energiemarkt: Windmüller und PV-Anlagenbesitzer waren bisher angehalten, ihren Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen. So sah es das Gesetz vor. Bis jetzt. Ein neuer Passus im Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) eröffnete dem Ex-Lichtlick-CEO die Möglichkeit für sein neues Geschäftsmodell: Seit diesem Jahr ist es demnach erlaubt, selbst produzierten Ökostrom direkt an Nachbarn, Freunde oder andere Privatleute zu verkaufen. Vorausgesetzt, die Anlagenbetreiber treten als Versorger auf.

Sharing-Prinzip für die Energiebranche

„Das ist nicht trivial“, sagt Tschischwitz, sondern bedeute einen hohen Verwaltungsaufwand. Die Stromverkäufer nutzen beispielsweise trotzdem die Infrastruktur der Netzbetreiber und müssen deshalb eine Nutzungsgebühr vereinbaren. „Die Abrechnung mit dem Netzbetreiber muss geregelt und festgelegt werden, woher der Strom kommt, wenn die Sonne mal nicht scheint und der Wind nicht weht.“ Diese Arbeit erledige Enyway für die Stromverkäufer. Den Kilowattstundenpreis können sie selbst kalkulieren, „so wie auch ein Vermieter bei Airbnb den Preis für seine Wohnung allein bestimmen kann“, erklärt der Gründer.

Nicht nur die Stromverkäufer sollen profitieren. Auch Hausbesitzern und Mietern verspricht das Lichtblick-Spinoff Vorteile: Sie könnten ab sofort auswählen, bei wem sie ihren Strom kaufen. Damit wüssten sie jetzt genau, an wen ihr monatlicher Stromabschlag fließe, wirbt das Startup.

Das soll sich für die Kunden auch rechnen. Unterm Strich sei ein Vertrag über die Plattform nicht teurer als ein regulärer Tarif: Die Preise der Stromverkäufer seien auch unter Hinzurechnung des knapp vier Euro hohen Grundgebühr „voll wettbewerbsfähig, weil die Verwaltungskosten der Energieversorger wegfallen“, verspricht Mitgründer Varena Junge.

Auf die Frage, wie sie ihre Plattform gegen mögliche Hackerangriffe und Ausfälle schützt, verweist der CEO auf die IT-Expertise seines Teams. Die Daten seien nicht beim Startup, sondern in der Cloud von Amazon Web Services gespeichert. Auch Lichtblick wirbt seit Jahren damit, nicht bloß Energieversorger, sondern Digitalunternehmen zu sein.

Bild: Enyway