Vertical-Media-Mitgründer Mark Hoffmann im „Allzweckwaffenhemd“ (Zitat!)

„Sag mal, Du trägst aber nicht immer einen Anzug, oder?“ Das ist der einzige Satz aus meinem Bewerbungsgespräch bei Mark Hoffmann, an den ich mich konkret erinnern kann. Ich war neu in der Startup-Szene und an diesem Tag Ende 2011 sehr froh, dass ich wenigstens die Krawatte zu Hause gelassen hatte, ich bin eigentlich gar kein Anzugträger. Woran ich mich auch noch erinnere: Der Vertical-Media-Chef hatte ein rot-weiß-blau-kariertes Hemd, Jeans und weiße Sneaker an. Warum das erwähnenswert ist? Es ist das Outfit, in dem er auch heute noch gerne hier im Verlag herum läuft.

Neulich nach einem Fototermin erzählte Mark: „Ich fasse es nicht, ich hatte so viele Klamotten dabei und dann wollten die, dass ich genau das anziehe.“ Offenbar gehören er und das Karohemd zusammen. Bei Gründerszene und Vertical Media werden wir diese Kombo leider nicht mehr so häufig zu sehen bekommen: Denn Mark Hoffmann gibt den CEO-Posten ab und wechselt als Geschäftsführer zu meinestadt.de nach Köln.

Wenn er nun sein eigenes Startup verlässt, dann könne er das ruhigen Gewissens machen, sagt Mark, weil der Verlag und das Team gut aufgestellt seien. Und weil der Zeitpunkt gut passe, um sich nach 2.797 Tagen, das hat er ausgerechnet, einer neuen Herausforderung zu stellen. Wir verlieren allerdings einen Chef, der als Mitgründer das Team über die Jahre auch sehr geprägt hat – und der natürlich nicht ganz ohne Kanten ist. „Ist doch ganz okay so“, viel euphorischer wird es mit Mark oft nicht, auch wenn er das Loben immer besser hinbekommen hat in der vergangenen Zeit.

Über die Jahre habe ich Mark als einen Chef erlebt, der nicht auf jede Idee gleich aufspringt und seine Mitarbeiter gerne fordert. Wenn wir zum Jour fixe am großen Konferenztisch sitzen und unsere Ideen und Vorstellungen diskutieren, verzieht er gerne erstmal das Gesicht. Und man weiß sofort, dass nun gute Antworten gefragt sind, weil er gleich mit einem wichtigen Gedanken um die Ecke kommt. Wer beharrlich bleibt und die passenden Argumente hat, von dem lässt er sich überzeugen. Auf einer unserer Konferenzen hat er bei seiner Eröffnungsrede gesagt, man dürfe nie aufhören, unzufrieden zu sein. Damit man weiter an sich, der Firma, dem Projekt arbeitet. Damit man nicht bequem wird. Unzufrieden sein – das kann Mark manchmal nur zu gut. Genug gefeiert haben wir natürlich trotzdem, manchmal groß, manchmal klein, immer mit Jägermeister.

Auch wenn wir mit Gründerszene und Vertical Media eine Erfolgsgeschichte schreiben konnten – immer nur bergauf ging es nicht, es mussten auch Mitarbeiter gehen. Dass Mark solche Situationen nicht leicht fallen, hat man ihm in der Zeit deutlich angesehen. Aber auch seine Überzeugung, dass es anders nicht gehen würde. Und die Entschlossenheit, das Nötige zu tun, um das Unternehmen bald wieder auf Erfolgskurs zu bringen.

Seitdem konnten wir das Verlagsteam deutlich ausbauen und haben neue Reichweitenrekorde geschafft. Wir haben unsere große Heureka Conference als Szene-Event aufgestellt, unsere Jobbörse etabliert, die gesteckten Geschäftsziele erreicht, zwei neue Magazine an den Start gebracht. Und wir haben im Team einige Kinder bekommen. Mark auch, insgesamt drei. Wenn er sich den beziehungsweise die jüngste gerne mal auf den Bauch schnallt – auch das musste das Karohemd mitmachen – und auf diese Art bepackt mit Ohrstöpseln telefonierend durch die Flure läuft, ist das vorbildlich für einen CEO. Da lässt man Mark gerne durchgehen, dass er genau das auch selbst mal hervorhebt, wenn er mit Baby auf dem Bauch gerade nicht telefoniert.

Mit der steigenden Reichweite hat sich auch die Bedeutung unseres Digitalverlags in der Startup-Welt und darüber hinaus gewandelt. Waren es am Anfang vor allem die Neuigkeiten und die illustren Geschichten aus einer kleinen, überschaubaren Szene, geht es längst um viel mehr: Wir wollen Aufmerksamkeit beim großen Publikum wecken. Es geht um die Frage, wie Konzerne mit Startups und Digitalisierung umgehen, um Politik, Transparenz, Karrieremöglichkeiten, Vernetzung.

Der Wechsel an der Spitze von Vertical Media wird für unser Team und Marks Nachfolger Lars Janzik keine große Belastungsprobe werden. Denn Mark hat eine Atmosphäre der Offenheit und der Experimentierfreude aufrecht erhalten. Die Kollegen in Köln dürfen nun einem motivierten Geschäftsführer entgegensehen, der in den letzten Jahren an Erfahrung und Gelassenheit gewonnen hat.

Und Vertical Media bekommt mit Lars einen neuen Chef, auf den wir uns freuen und mit dem wir die Erfolgsgeschichte weiter schreiben können. Der eine Menge guter Ideen, einiges an Erfahrung und eine positive Einstellung mitbringt. Aber wir freuen uns auch darauf, das rot-weiß-blau karierte Hemd hier ab und an begrüßen zu können. Bis dahin, tschö, Mark.

Alex Hofmann ist der stellvertretende Chefredakteur von Gründerszene.
Bild: Urban Zintel