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eve-buechner-refund-me-startup-helden Eve Büchner (41) ist Gründerin des Flugentschädigungsdienstes Refund.me.

„Startup-Heldin“ Eve Büchner im Interview

Wessen Flug sich um Stunden verspätet, der kann sich immerhin mit der Aussicht auf eine finanzielle Abfindung trösten – zumindest eigentlich, denn selten sind die betroffenen Fluggesellschaften bereit, die gemäß EU-Verordnung zu leistenden bis zu 600 Euro an Entschädigung zu zahlen. Wer über keine Rechtsschutzversicherung verfügt, steckt nun schnell den Kopf in den Sand. Hier setzen Startups wie Refund.me an, die die Fälle mithilfe von Partneranwälten für die Fluggäste klären und nur im Erfolgsfall Provisionen verlangen.

Hinter dem Potsdamer Startup Refund.me steckt die 41-jährige Eve Büchner. Das ehemalige TV-Gesicht legte in den vergangenen Jahren einen echten Karrierewandel hin: Auf ihr BWL-Studium hatte sie ab 1998 eine journalistische Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule gesetzt. Zwischen 1997 und 2010 war sie als Moderatorin und Korrespondentin für unter anderem N-TV und Sat.1 tätig. Nach Beendigung ihrer Fernsehkarriere gründete sie 2011 die Holding QuantumReality, unter deren Dach sich heute bisher ausschließlich ihre Eigenprojekte ByLook, RemoteFeelings und Refund.me befinden. Quantum Reality visiert aber auch Seed-Investments in weitere Startups an.

2012 startete sie dann den Flugentschädigungsdienst, der mittlerweile mehr als 40 Mitarbeiter in elf Standorten weltweit beschäftigt, darunter Mumbai, Paris und Miami. Büchner hat drei Söhne und lebt in Potsam und Palo Alto, Kalifornien. In der Reihe „Startup-Helden“ erzählt sie, was Refund.me von der Konkurrenz abhebt, wie sie zum Unternehmertum kam und wie sie dieses mit dem Thema Familie unter einen Hut bekommt.

Wie kamst Du vom Schreiben und Moderieren zum Thema Gründung?

Ich wollte die Dinge selbst gestalten, anstatt nur über sie zu berichten. Meine Großmutter hat immer gesagt: „Wir müssen die Welt besser machen. Das muss man jeden Tag versuchen. Im Kleinen fängt es an.“ So bin ich geprägt. Also wollte ich im ganz klassischen Sinne die Welt besser machen. Diesen Wunsch habe ich seit meiner Kindheit und es erfüllt mich, dass ich es im Kleinen auch schaffe. Mein Job als Journalistin und Moderatorin brachte viele Geschäfts- und damit auch viele Flugreisen mit sich. Ich war selber oft von Verspätungen und Flugausfällen betroffen, also beschloss ich, aus der Not eine Tugend zu machen. So entstand die Idee für Refund.me.

Hast Du festgestellt, dass Deine Fernsehprominenz Dir in der Gründungswelt Türen geöffnet hat?

Meine Bekanntheit aus den Zeiten als Fernsehmoderatorin hat mir geholfen, Medienpräsenz für mein Unternehmen zu bekommen. Trotzdem ist der Erfolg meiner Unternehmen mehr mit der verbraucherorientierten Idee und dem passenden Marketing dahinter verknüpft. Was mir wirklich Türen in der Investorenszene geöffnet hat, ist eine gute Idee, gute Ausführung, ein gutes Team und natürlich harte Arbeit.

Was macht Refund.me anders als die Konkurrenz Fairplane, EUclaim und Flightright?

Wir arbeiten mit einem speziellen, hochpräzisen Advanced-Business-Logic- (ABL) System. Damit können Ansprüche direkt auf der Webseite oder über die kostenlose App eingereicht werden. Zudem arbeiten wir mit der geringsten Provision der Branche. Sie beträgt 15 Prozent, wenn wir den Entschädigungsfall außergerichtlich klären können. Müssen wir den Rechtsweg gehen, beträgt die Provision 25 Prozent, da wir die Zusatzkosten decken müssen. Unsere Erfolgsquote beträgt 98 Prozent. Erst kürzlich hat uns der jährliche „Innovative Lawyers Report“ der Financial Times zum „Legal Industry Pioneer“ gekürt, was eine große Ehre für uns ist.

Wie viele der von Refund.me durchgesetzten Entschädigungsfälle ließen sich denn bisher außergerichtlich klären?

Gut über 60 Prozent unserer Fälle wurden außergerichtlich geklärt.

Wie managst Du mehrere Unternehmen gleichzeitig?

Ich führe meine Unternehmen weitgehend Cloud-basiert. Dementsprechend gibt es auch nur mein Büro, in dem mein Team und ich zusammenkommen. Dieser Ansatz ermöglicht mir die Koordination meiner Mitarbeiter, der Unternehmensaktivitäten und meiner Familie gleichzeitig. Als Mutter von drei Söhnen muss ich mir auch Zeit für meine Familie nehmen. Die virtuelle Zusammenarbeit in der Cloud ermöglicht mir und meinem Team, unsere Arbeitszeiten zu flexibilisieren.

Was sind Deine Tipps für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?

Es ist wichtig, sich zu überlegen, welche Prioritäten für sich selbst, die Familie und den Job gelten sollten. Ich habe mir zu Beginn Fragen gestellt, wie: Welche sind die Schlüsselfaktoren, um meine Familie zusammenzuhalten? Wie kann ich meine Kinder in meine beruflichen Abläufe integrieren? Wie stelle ich mein Team am effektivsten auf? Wie läuft die Kommunikation am effektivsten? Erst, wenn man die Antworten auf die persönlichen Schlüsselfragen gefunden hat, kann man beginnen, zu organisieren und zu priorisieren und – wenn nötig – eine andere Richtung einzuschlagen. Wenn es irgendwie möglich ist, sollte man sich Raum für flexible Arbeitszeiten schaffen. So kann man sich besser den Bedürfnissen der Familie anpassen.

Du lebst sowohl in Deutschland als auch in den USA. Reisen Deine Kinder immer mit Dir mit?

Der jüngste Sohn ist bisher immer mitgereist, da ich ihn lange gestillt habe. Nun ist er ein Jahr alt ist und geht in den Kindergarten, deshalb ist es bei einwöchigen Reisen besser, wenn er nun mit den beiden Großen (4 und 9) zu Hause bleibt. Unser Kindermädchen ist seit zehn Jahren wie eine Großmutter für die Kinder da. Das beruhigt mich, denn Verlässlichkeit und Routine sind wichtig. Bei mehr als zweiwöchigen US-Aufenthalten gehen alle Jungs mit und besuchen dann eine internationale Schule in Palo Alto.

Bild: © Steve Bergmann