Sind auch in ihrer Freizeit gemeinsam unterwegs – wie beim Skirennen in Kitzbühel: die Fair-Gründer Georg Bauer und Scott Painter (v.l.)

Seine Freunde zögen ihn oft auf, sagt Georg Bauer: Er sei am Startup-Fieber erkrankt, sagen sie. Tatsächlich parliert der gut gelaunte 66-Jährige in flüssigem Denglisch, die Redakteurin am Telefon duzt er selbstverständlich, das mache man schließlich so in der Startup-Szene.

Eigentlich könnte er sich längst zur Ruhe setzen. 35 Jahre lang hat Georg Bauer in der Automobilbranche gearbeitet, bei Mercedes, BMW und zuletzt bei Tesla. Dort habe er das erste papierlose Leasingmodell entwickelt, sagt er. Ans Aufhören denke er aber trotz des bereits erreichten Rentenalters noch lange nicht. Stattdessen sei er auf der Suche nach „dem nächsten großen Ding“. Innovatives Denken und Veränderungsfreude seien schließlich nicht eine Frage des Alters, sondern des Kopfes.

Nach den Jahren als Angestellter bei den großen Automobilkonzernen hat Bauer jetzt gemeinsam mit dem US-Amerikaner, Seriengrüner und Investor Scott Painter sein eigenes Startup gegründet. Vor eineinhalb Jahren ist der gebürtige Bayer dafür nach Los Angeles gezogen, an den Silicon Beach, hat Deutschland gegen Kalifornien getauscht.

Mit Fair will der geborene Bayer den Autoverkauf und das Leasing-Geschäft revolutionieren. Das Versprechen: Der Autokauf solle so einfach und schnell werden wie nie. Dafür hat das Gründerduo eine App entwickeln lassen. Über diese können Autofahrer ein Fahrzeugmodell unter mehr als 30 Herstellern auswählen, ihren Führerschein einscannen, per Fingerabdruck unterschreiben – und bekommen das Auto dann von einem der rund 70 Partner-Händler gestellt. Inklusive sind Versicherung, Wartung und Pannendienst. Statt einer festgelegten Vertragslaufzeit, wie beim Leasing, können die Kunden ihr Auto laut Bauer solange fahren, wie sie möchten, und Fair lediglich fünf Tage vorher in Kenntnis setzen, bevor sie es zurückgeben und gegen ein anderes Modell tauschen wollen. Das günstigste Auto in der App sei derzeit der Nissan Leaf, Baujahr 2014. Kostenpunkt: 120 Dollar pro Monat.

Geld verdienen will der Fair-Mitgründer unter anderem durch Zusatzversicherungen und Garantiegebühren, die mit der „All-in-one-Lösung“ einhergehen. Seit September kann die Fair-App in den USA heruntergeladen werden, 300 Kunden haben sie nach Bauers Angaben seitdem genutzt. Damit sei er „sehr zufrieden“.

Mit der Idee, den Autoverkauf neu zu denken und digitaler zu machen, sind Bauer und sein Mitgründer nicht alleine. Auch Automobilkonzerne experimentieren mit neuen Vertriebswegen. Ein ähnliches Modell testet derzeit Porsche. Gegen eine Gebühr von 3.000 Euro monatlich können Autofahrer in den USA eine Art Abo abschließen und verschiedene Porsche-Modelle fahren. Auch Volvo ist mit einem solchen Produkt am Markt.

Bauers Pläne für das kommende Jahr sind ambitioniert. Schon in der zweiten Jahreshälfte will er mit seinem Angebot nach Deutschland kommen, auch hier sei der Markt reif für ein neues Geschäftsmodell beim Autoverkauf, glaubt er.

Warum er dann in den USA und nicht in Deutschland gegründet hat? Weil die Menschen dort erstens offener seien für digitale Angebote, zweitens die Kunden mehr im Fokus stünden – und vor allem, weil das Funding leichter sei, erzählt Bauer. In Deutschland investiere man in Business Cases, in den den USA in Ideen. Rund eine Milliarde US-Dollar hat der „Car-Guy“, wie Bauer sich selbst nennt, laut Crunchbase bisher für sein Startup eingesammelt. Zu den Investoren gehören BMW iVentures, die Penske Automotive Group und Mercedes-Benz.

Wenn es um das eigene Auto geht, setzt der Gründer jedoch nicht auf innovative Modelle, sondern auf traditionelle Schlitten. Er fahre einen Mercedes und einen BMW, beide Verbrenner. Einen Wagen für das schnelle Fahren, und einen für das bequeme. Mit 66 Jahren darf es ab und an auch einmal komfortabel und etwas langsamer sein.

Bild: Fair