Exit vertragliche Vorbereitungen

Ein Beitrag von Felix Stützer und Dr. Stephan Bücker, Rechtsanwälte bei der Kanzlei Baker Tilly Roelfs in München.

Wie man den Exit vertraglich vorbereitet

Die meisten Gründer schielen zumindest mit einem Auge schon bei der Konkretisierung ihrer Unternehmensidee auf ein mögliches Exit-Szenario. Im Folgenden sind die wichtigsten rechtlichen Punkte zusammengestellt, die es schon in der Frühphase eines Startups und insbesondere bei Finanzierungsrunden zu beachten gilt, um einen Exit aus Gründersicht optimal vorzubereiten.

Frühphase der Gründung

Die ersten Weichen werden schon in der Frühphase einer Gründung gestellt. Hier gilt es, das Unternehmen von Anfang an in die richtige Spur zu bringen und auf den gewünschten Erfolg hin auszurichten.

Gesellschaftervereinbarung:

Auch wenn man davon ausgehen muss, dass eine zunächst aufgesetzte Gesellschafter-Vereinbarung in einer späteren Finanzierungsrunde noch vor einem möglichen Exit zumindest verändert, wenn nicht komplett neu aufgesetzt wird, kann und sollte mit der ersten Gesellschaftervereinbarung schon ein Zeichen gesetzt werden. Durch entsprechende Klauseln (zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten unten mehr) kann man allen Gesellschaftern und Mitgründern schon gleich am Anfang aufzeigen, wo die Reise hingehen soll und sie auf ein Ziel fokussieren.

Außerdem erkennen Investoren potenzieller Finanzierungsrunden an einem entsprechend ausgearbeiteten Gesellschaftsvertrag, dass die Gründer auf einen Exit abzielen und sich die Ziele insofern decken. Ein wichtiges Argument für Investoren. Auch potenzielle Käufer in einem Exit-Szenario, die in einer umfassenden Due-Diligence-Prüfung mitunter auch die Gründungsdokumente unter die Lupe nehmen, können so die Professionalität und die Zielstrebigkeit der Gründer und somit des gesamten Startups erkennen. Dies kann sogar Auswirkungen auf den Kaufpreis haben, da ein Unternehmen auf stabilen Füßen grundsätzlich einen höheren Preis erzielt.

Angel-Vereinbarungen:

Ähnliches gilt bei Vereinbarungen mit Business Angels. Auch hier sollten die entsprechenden Gesellschaftervereinbarungen das beschriebene Maß an Professionalität und Zielstrebigkeit erkennen lassen. Zusätzlich spielt hier das Thema Liquidationspräferenzen schon eine größere Rolle als bei der Gründung, da nun wahrscheinlich erstmalig ein Ungleichgewicht von finanziellem Aufwand (Business Angels) zu Geschäftsanteilsmehrheiten (Gründer) entsteht, das über die Vereinbarung von Liquidationspräferenzen reguliert werden kann.

Zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten im Detail wird im Folgenden noch eingegangen. Hervorzuheben ist aber, dass einmal aufgestellte Mechanismen diesbezüglich auf der Angel-Ebene in folgenden Finanzierungsrunden mitunter aufrechterhalten werden können. In den Verhandlungen kann auf die existierenden Regelungen verwiesen werden, was es argumentativ enorm erleichtert, einen bestimmten Standard durchzusetzen oder zumindest die entsprechenden Vorgaben eines Investors abzumildern.

Regelungen in Angel-Vereinbarungen haben daher einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die korrespondierenden Regelungen in späteren Beteiligungsvereinbarungen und sollten entsprechend sorgsam konstruiert sein.

Saubere Dokumentation:

Was für eigentlich jede Phase eines Startups gilt, gerät in der zumeist hektischen und nicht immer optimal durchstrukturierten Gründungsphase oft in den Hintergrund: Eine saubere Dokumentation aller operativen Maßnahmen sowie eine ordentliche Buchführung. Auch hier gilt: Investoren wie potenzielle Exit-Kandidaten werden sich in ihren Due-Diligence-Prüfungen alle Unterlagen des Startups genau anschauen. Lücken und unvollständig dokumentierte Vorgänge stellen Risiken dar und führen wenn nicht unbedingt zu einem Platzen des Deals, dann doch zumindest zu einer schlechteren Bewertung.

Auch die Tatsache, dass eine saubere Unternehmensdokumentation eine Due-Diligence-Prüfung beschleunigt und so für den Investor beziehungsweise potenziell Übernehmenden billiger macht, ist ein Argument für einen höheren Kaufpreis. Der Mehraufwand für eine saubere Unternehmensdokumentation wird sich daher später auszahlen. Bitte wenden – hier geht’s zur nächsten Seite.

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Exit vertragliche Vorbereitungen

Finanzierungsrunde

Was im vorigen Abschnitt über Vereinbarungen in der Frühphase eines Startups gesagt wurde, gilt natürlich auch und umso mehr in späteren und damit vom finanziellen Volumen zumeist gewichtigeren Finanzierungsrunden. Die wichtigsten Regelungen in Beteiligungsverträgen im Hinblick auf einen möglichst lukrativen Exit für die Gründer sollen daher hier vorgestellt werden.

Allgemein:

Generell gilt es, sich in Finanzierungsrunden einen genauen Überblick zu verschaffen, welche Mehrheitsverschiebungen sich aus den mit solchen Runden verbundenen Kapitalerhöhungen ergeben. Wer verfügt über die einfache Mehrheit oder gar die für Satzungsänderungen entscheidende Dreiviertelmehrheit? Welche Allianzen können unter den Gesellschaftern gebildet werden, um solche Mehrheiten beziehungsweise Sperrminoritäten im Hinblick auf Satzungsänderungen oder andere vorgesehene Mehrheitserfordernisse zu erreichen? Dies hat unmittelbaren Einfluss auf die Entscheidungsfindung in der Gesellschaft und somit auf dem Weg zu einem Exit.

Drag-Along:

Drag-along-Regelungen, zu Deutsch auch Mitveräußerungspflicht, sind grundsätzlich typische Klauseln, die von Investoren ins Spiel gebracht werden. Mit diesen Regelungen soll bewirkt werden, dass Gesellschafter zu einem Verkauf zu den gleichen Bedingungen wie ein verkaufender Mitgesellschafter gezwungen werden. Hintergrund ist, dass potenzielle Käufer eines Unternehmens in der Regel das ganze Unternehmen kaufen wollen und keine renitenten Minderheitsgesellschafter in „ihrer“ neuen Gesellschaft dulden wollen.

Die Aufnahme von Drag-Along-Klauseln ist daher auch essenziell, um Kaufinteressenten zu finden. Schließlich wird so sichergestellt, dass nur ein Teil der Gesellschafter von den Konditionen überzeugt werden muss, der Rest wird dann verpflichtet, mitzuziehen. Die Ausgestaltung ist dabei ziemlich frei. Typischerweise wird man die Rechtsfolge der Mitveräußerungspflicht an einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss mit einer bestimmten Mehrheit binden. Investoren erbitten sich hier oft ein größeres Stimmgewicht, indem der Gesellschafterbeschluss nur mit einer Investorenmehrheit oder zumindest nicht gegen die Stimme bestimmter Investoren gefasst werden kann.

Als Gründer gilt es hier im Zusammenhang mit dem Vorgesagten zu den Stimmrechtsverteilungen genau darauf zu achten, wieviel Einfluss man selbst auf die Ausübung eines Drag-Alongs hat. Zwar verkaufen die Mitveräußerungsverpflichteten zu den gleichen Konditionen wie die verkaufsauslösenden Gesellschafter, werden also nicht benachteiligt. Dennoch fehlt der Einfluss auf den Zeitpunkt und die Konditionen des Verkaufs im Einzelnen, wenn andere über die geforderte (Investoren-)Mehrheit verfügen. Andersherum ist eine Drag-Along-Klausel natürlich auch für Gründer vorteilhaft und exitbegünstigend, wenn sie nämlich selbst über die auslösende Mehrheit verfügen.

Tag-Along:

Tag-along-Klauseln, zu Deutsch auch Mitveräußerungsrecht, sind quasi das Gegenstück zu Drag-along-Klauseln. Durch Tag-Along-Rechte wird es Gesellschaftern gestattet, selbst zu gleichen Konditionen an einen Käufer von Geschäftsanteilen zu verkaufen, wenn ein anderer Gesellschafter seine Anteile abstoßen will. Wenn Tag-Along-Klauseln verwendet werden, muss kein Gesellschafter befürchten, dass ein Exit quasi ohne ihn stattfindet.

Im Detail ist dann noch zu klären, was passiert, wenn der potenzielle Käufer gar nicht alle Geschäftsanteile (also die zunächst angebotenen plus die des Mitveräußernden) kaufen will. Die gebräuchlichsten Varianten der Klausel sehen entweder ein „Ganz-oder-gar-nicht“-Modell vor oder eine Aufteilung der zu veräußernden Geschäftsanteile entsprechend der aktuellen Anteilsverhältnisse der Veräußernden. Die zweite Variante hat natürlich den Nachteil, dass eigentlich keiner der Veräußernden zufrieden gestellt wird, da beide mit Geschäftsanteilen in dem Unternehmen verbleiben. Andererseits kann so immerhin ein Teil-Exit realisiert werden, anstatt das Geschäft platzen zu lassen.

Vorerwerbs- und Vorkaufsrechte:

Um eine Veräußerung von Geschäftsanteilen an unliebsame Dritte zu vermeiden, können die Gesellschafter Vorerwerbs- und/oder Vorkaufsrechte vereinbaren. Ohne auf die juristische Unterscheidung dieser beiden Gestaltungsmöglichkeiten einzugehen, können solche Klauseln dafür sorgen, dass ein Gesellschafter die Geschäftsanteile von einem veräußerungswilligen Gesellschafter zu genau den Konditionen erwerben kann, zu denen dieser sie an eben jenen Dritten veräußern wollte. Der Eintritt ungewollter Dritter in die Gesellschaft kann so verhindert werden.

Vinkulierung:

Vinkulierung bezeichnet die Einschränkung der Verfügungsfähigkeit über Geschäftsanteile. Diese ist in Gesellschaftervereinbarungen zumeist so geregelt, dass Geschäftsanteile nur bei einem zustimmenden Gesellschafterbeschluss mit einer bestimmten Mehrheit überhaupt übertragen werden dürfen. Insofern sind Drag- und Tag-Along-Klauseln sowie Vorerwerbs- und Vorkaufsrechte immer im Zusammenhang mit den Vinkulierungsvorschriften und dort insbesondere im Hinblick auf die vorgesehenen Mehrheiten zu beurteilen.

Das Zusammenspiel aus Vinkulierung und den oben genannten vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten bereitet in der Praxis oft Schwierigkeiten und muss genau aufeinander abgestimmt werden. Bitte wenden – hier geht’s zur nächsten Seite.

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Exit vertragliche Vorbereitungen

Liquidationspräferenzen:

Ganz entscheidend im Exitfall ist für jeden Gesellschafter die Aufteilung des Kauferlöses. Grundsätzlich würde man davon ausgehen, dass jeder Gesellschafter so viel von dem zu verteilenden Kuchen erhält, wie ihm im Verhältnis der veräußerten Geschäftsanteile zusteht. Investoren verlangen jedoch im Regelfall dafür, dass sie mit einem im Vergleich zu anderen Geldanlagen relativ hohen Ausfallrisiko substanzielle Geldbeträge in ein Startup geben, dass sie bei der Verteilung eines Exit- oder Liquidationserlöses bevorzugt werden. Dies wird als Liquidationspräferenz bezeichnet.

Auch wenn in den letzten Jahren zu beobachten war, dass sich die angewandten Modelle immer mehr dahin verschieben, dass die Investoren im Verhältnis zu den Gründern nicht mehr zu stark bevorzugt werden, ist es kaum vorstellbar, dass ein Startup Geld einsammeln kann, ohne das die Gründer im Gegenzug Liquidationspräferenzen einräumen müssen.

Auch hier sind die verschiedensten Varianten denkbar und in der Praxis auch anzutreffen. Grob lässt sich die Verteilung eines Exiterlöses in zwei Phasen trennen: Die Verteilung auf Ebene der Präferenzen und die nachrangige anteilige Verteilung.

Auf der Präferenzebene, die im Falle von mehreren Finanzierungsrunden für gewöhnlich noch einmal in der Art verschachtelt ist, dass spätere Investoren vorrangig vor früheren Investoren bedient werden, wird von Investorenseite zumeist verlangt, dass zumindest der Betrag des Investments zunächst an sie ausgeschüttet wird. Teilweise verlangen Investoren auch ein Mehrfaches ihres Investments vorab, oder eine Verzinsung. Im zweitgenannten Fall steigt also die Belastung durch die Liquidationspräferenz, je später der Exit erfolgt.

Anstatt der Festlegung auf die „Investitionssumme“ kann natürlich auch ein fixer Betrag als Liquidationspräferenz festgelegt werden. Dies hat den Vorteil, dass die entsprechende Klausel aus sich heraus verständlich ist, ohne über mehrere Gesellschaftervereinbarungen hinweg nachvollziehen zu müssen, wie hoch der investierte Betrag tatsächlich ist.

Auf der Ebene der anteiligen Verteilung würde dann der nach der Bedienung der Präferenzebene übrig gebliebene Betrag entsprechend den Anteilsverhältnissen verteilt. Um den Effekt, dass die Gründer und frühen Investoren durch die Präferenzebene zu stark benachteiligt werden, abzumildern, sind verschiedene Klauselvarianten denkbar.

Zum einen kann bei der anteiligen Verteilung der Betrag angerechnet werden, den ein Investor schon auf der Präferenzebene erhalten hat. So ist sichergestellt, dass ein Investor nur im Falle eines schlechten Exits tatsächlich besser gestellt wird und im Falle eines mittleren bis hohen Exits, je nach Gestaltung, die Präferenz durch die Anrechnung rechnerisch aufgehoben wird. Nachteil einer Anrechnungsklausel in der Praxis ist, dass die exakten Auswirkungen sowohl vertragssprachlich als auch rechnerisch schwer zu fassen sind und so oft zu Auslegungsstreitigkeiten sowie erhöhten Kosten für Berater führen.

Eine zweite, gestalterisch deutlich einfachere Möglichkeit ist, dass die Präferenzen ab einem bestimmten Exiterlös aufgelöst werden. Man einigt sich also darauf, dass nur bis zu einer gewissen Exithöhe die Investoren bevorzugt werden sollen und ab dieser Summe, angesichts des hohen zu verteilenden Erlöses, der gesamte Erlös anteilsgerecht verteilt wird.

Die Entscheidung, welche Variante der Liquidationspräferenz gewählt wird, ist also keine leichte und bedarf einer genauen Prüfung der finanziellen Konsequenzen. Insbesondere, wenn über mehrere Finanzierungsrunden immer wieder neue Stufen auf der Präferenzebene eingefügt werden, kann es dazu kommen, dass auf der Ebene der anteiligen Verteilung, und nur auf dieser partizipieren Gründer für gewöhnlich, nur bei besonders hohen Exits substanzielle Geldbeträge ankommen. Bei kleinen und mittleren Exits könnten die Gründer dann unter Umständen leer ausgehen, aber abhängig von der vertraglichen Gestaltung zum Beispiel aufgrund von Drag-Along-Klauseln dennoch zum Verkauf gezwungen sein.

Fazit

Als Gründer gibt es viele Stellschrauben, zum einen, das Startup an sich schon früh auf einen Exit auszurichten, zum anderen aber auch den persönlichen finanziellen Erfolg im Exitfall stark zu beeinflussen. Insbesondere das Zusammenspiel verschiedener Klauseln ist nicht einfach zu durchschauen und kann für den rechtlich unbedarften Gründer in der Verhandlung mit erfahrenen Investoren schnell zu nachteiligen Gestaltungen führen. Hier gilt es also, aufzupassen, scharf zu rechnen und im Zweifel beratenden Beistand hinzuzuziehen.

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