lkw_frachtJeder Autofahrer kennt das: Auf der rechten Spur der Autobahn reiht sich ein Lastwagen an den nächsten. Ärgerlich, aber immerhin transportieren diese Lkw Waren durch die Republik. Oder? „Jeder vierte Lastwagen in Europa ist heute leer unterwegs“, sagt Daniela Gerd tom Markotten.

Das ist natürlich ein statistischer Wert, häufig sind die Trucks auch nur zum Teil beladen. Doch klar ist, man könnte bis zu 25 Prozent der Lastwagen einsparen, wenn die Transportbranche effizienter arbeitete und alle Lkw immer voll beladen wären. Doch bislang finden Fracht und Spediteur noch nicht optimal zusammen. „Das verbrennt Geld“, sagt Gerd tom Markotten. Sie ist Chefin von Fleetboard, einer Daimler-Tochter, die das Lkw-Geschäft digitalisieren will.

Die Rechnung, die die Daimler-Managerin aufmacht, klingt bestechend: Kann eine Spedition ihre Leerfahrten nur um hundert Kilometer reduzieren, entspricht das drei Prozent weniger Kraftstoffverbrauch. Das spart den Transportunternehmen nicht nur Geld, sondern würde auch die Umwelt schonen.

Genaues Geschäftsmodell noch unklar

Das Problem: Heute ist es für die Disponenten der Spediteure noch sehr schwer, ihre Lastwagen immer effizient auszulasten. Allein in Europa gibt es laut Fleetboard rund 200 verschiedene Frachtportale, die man abfragen und im Auge behalten müsste. Die Daimler-Tochter startet deshalb nun die Plattform Nxtload. Dabei handelt es sich nicht um ein weiteres Frachtportal, sondern um eine sogenannte Metasuchmaschine.

Das Prinzip kennt man von Reisevermittlern wie Expedia oder Opodo im Internet: Weil potenzielle Urlauber längst nicht mehr den Überblick über alle verschiedenen Hotel- und Flugticketbörsen haben, können sie mit Metasuchmaschinen viele Portale mit einem Klick durchsuchen. Über Nxtload sollen die Disponenten künftig auch viele Frachtbörsen gleichzeitig durchsuchen können.

Natürlich will mittelfristig auch Daimler an der Vermittlung verdienen. Bislang stehe nicht fest, wie das Geschäftsmodell genau aussehen wird, sagt Gerd tom Markotten. Bei den meisten Frachtbörsen müsse man bislang eine monatliche Rate für die Nutzung zahlen. So ein Modell sei genauso vorstellbar wie eine Provision des Spediteurs pro vermitteltem Frachtauftrag.

Hauptkonkurrent ist Amazon

Natürlich ist Daimler nicht das einzige Unternehmen, das an der Digitalisierung der Logistikbranche verdienen will. Die Trucksparte von Volkswagen hat beispielsweise mit Rio eine ähnliche Plattform wie Fleetboard entwickelt.

Doch der tatsächliche Wettbewerb findet zwischen Speditionen, die häufig noch nicht wirklich digital und mithilfe großer Datenmengen arbeiten, und neuen Konkurrenten wie beispielsweise Amazon statt. Der Onlinehändler verschickt seine Pakete längst nicht mehr einfach, sondern ist auch in das Logistikgeschäft eingestiegen und betreibt eigene Trucks.

Amazon sei ein Grund, warum viele Logistikunternehmen zu Fleetboard kämen, sagt Gerd tom Markotten. „Wir positionieren uns als neutaler Dritter mit einem großen Konzern im Hintergrund, der nicht in das Geschäft der Spediteure drängt.“ Das verschaffe Daimler eine gute Ausgangsposition.

Digitalisierung hilft dem Umweltschutz

Allerdings gelte wie häufig bei digitalen Geschäftsmodellen das Prinzip: Winner takes it all, sagt die Fleetboard-Chefin. Wer am schnellsten am Markt sei und die Mehrzahl der Kunden auf seiner Plattform vereint, überlebt, während die übrigen Wettbewerber wieder vom Markt verschwinden.

Dass es bei der Digitalisierung und damit Effizienzsteigerung in der Logistikbranche nicht nur um Geld und Umweltschutz geht, sondern sich damit womöglich sogar Leben retten lassen, betont Amadou Diallo. Der Senegalese leitet das Fracht-Start-up Saloodo von DHL und sitzt im Aufsichtsrat der Welthungerhilfe.

Er rechnet vor, dass durch unzureichende Logistik jährlich weltweit 1,9 Milliarden Tonnen Nahrungsmittel vernichtet würden, weil sie verderben, bevor sie bei den Konsumenten ankommen. Gelänge es durch die Digitalisierung, dass auch in entlegenen Winkeln der Welt der Transport effizienter werde, ließe sich so ein großer Teil des weltweiten Hungerproblems lösen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Welt.de.

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