julia emmert
julia emmert Julia Emmert arbeitet mit ihrem Team von Mallorca aus

Über die US-Plattform Pinterest teilen Millionen Menschen ihre Lieblingsbilder von Produkten, Frisuren oder Essen. Nur direkt gekauft werden können sie nicht, Pinterest werkelt noch an seiner Monetarisierung. Der Marktplatz Ezebee von Julia Emmert setzt ebenfalls auf die bekannte Kacheloptik – aber im Gegensatz zum US-Vorbild können die hier gezeigten Produkte erworben werden. Das soll besonders für Kleinunternehmer spannend sein, die im Internet Präsenz zeigen wollen. 200.000 Mitglieder habe die Plattform nach eigenen Angaben, davon seien 150.000 aktive Verkäufer.

Julia Emmert ist Gründungsmitglied, Anteilseignerin, Marketing-Chefin sowie Gründerin einer Online-Marketing-Firma. Die Idee zu Ezebee kam ihr gemeinsam mit Ossian Vogel. Der gründete das Startup 2012 gemeinsam mit Frank De Vries. Das Schweizer Unternehmen beschäftigt derzeit 20 Mitarbeiter. Das Marketing sitzt allerdings auf Mallorca, die Entwickler in Rumänien. Ein Interview.

Julia, eure Investment-Story klingt sehr ungewöhnlich. Innerhalb weniger Tage sollt ihr finanziert worden sein. Ist das wirklich so passiert?

Wir haben monatelange Verhandlungen mit einem großen Medienunternehmen geführt. Aber wir haben ihnen dann abgesagt, weil wir einen Vertrag erhielten, der uns viele Rechte genommen hätte. Das kam für uns nicht in Frage. Auf einer Grillparty von Freunden kamen wir dann daraufhin zufällig mit einem Privatinvestor aus Berlin ins Gespräch. Der hat einen siebenstelligen Betrag investiert, der uns dahin gebracht hat, wo wir heute stehen.

Und da gab es keine monatelange Prüfung?

Nein. Es gab natürlich mehrere Treffen, auch mit seinem Partner und Investmentberater. Aber sie haben sich dann relativ spontan innerhalb einer Woche entschlossen, uns zu finanzieren. Nur die Beträge und Anteile wurden dann noch nachverhandelt.

Mittlerweile habt ihr ein Pinterest für Verkäufer geschaffen. Wer ist eure Zielgruppe?

Das sind alle Kleinunternehmer, egal, was sie anzubieten haben. Wir haben sehr viele handgemachte Produkte, aber auch Anbieter von Ferienapartments, oder Services in Indien, wie E-Learning.

Das Unternehmen sitzt in der Schweiz, Du auf Mallorca. Ihr habt Kunden aus Indien. Wie ist der Bezug?

Wir sind in Europa sehr stark. Unsere stärksten Märkte sind Deutschland und Spanien. Daneben skaliert Indien am besten.

Warum?

Ich denke das kommt daher, dass Indien einer der am stärksten wachsenden E-Commerce-Märkte weltweit ist. Viele Leute sind mit ihren Geschäften noch nicht online, wollen daran aber partizipieren. Wir bieten ihnen da eine kostengünstige Lösung. Die Inder sind zudem sehr kommunikativ und haben viele Fragen, beispielsweise zum Thema Zahlung. Deshalb haben wir auch unser E-Wallet ausgebaut. Damit können Transaktionen in Echtzeit kostengünstig abgewickelt werden.

Wie benutzt ein Beispielkunde eure Plattform?

Ein klassischer Kunde verkauft über uns Handgemachtes. Diese Person produziert selbst, etwa selbstgemachte Kissen. Sie stellt dieses Produkt dann entweder direkt bei uns ein oder benutzt schon eine Plattform, zum Beispiel Etsy oder Dawanda. Dann kann diese Person seine Angebote von dort mit einem Klick bei uns importieren. Sofort sind diese Produkte auch bei uns vertreten. Danach erscheinen diese Produkte auf unserem Marktplatz, wo sie geboostet werden können. Ansonsten entscheidet die soziale Interaktion über die Positionierung auf unserer Seite: Was am meisten geliked, geklickt oder gekauft wird, wird höher ausgelesen. Zudem kann diese Person seinen Ezebee-Shop auch direkt auf seinem Blog oder als App bei Facebook einbinden.

Was und wann kostet euer Service?

Eine Seite zu erstellen und Produkte einzustellen, ist bei uns gratis. Wir kosten dann, wenn jemand über unser E-Wallet verkauft. Dann wird eine Provision von zehn Prozent fällig. Egal, wie hoch der Verkaufspreis ist.

Ihr bezeichnet euch als Pinterest mit Shopfunktion. Aber wer sind die Konkurrenten?

Pinterest, aber auf Produktbasis. Aber wir sehen uns nicht in der Konkurrenz zu Marktplätzen wie Etsy oder Dawanda. Sondern wir wollen für sie als Reichweiten-Kanal gesehen werden. Über 70 Prozent unserer Verkäufer vertreiben ihre Produkte auch bei diesen beiden Kanälen oder über andere Marktplätze. Gerade verhandeln wir mit Artfire, ob wir ihre Produkte bei uns übernehmen und nach Europa bringen dürfen, denn sie sind besonders in den USA stark.

Wollt ihr in Zukunft mehr Reichweite für fremde Plattformen liefern oder die eigenen Shops stärken?

Ich sehe unseren Fokus etwa in Indien, dass Leute sehr stark direkt über uns verkaufen und kaufen. In Europa liegt das Verhältnis momentan bei 65 Prozent Direktverkäufern und 35 Prozent Nutzern, die uns als Reichweitenbringer sehen. Denn hier ist der Marktplatz-Sektor mit etwa 350 Marktplätzen bereits viel weiter ausgebaut als in den Entwicklungsländern. Die meisten unser Nutzer verkaufen in Europa schon über mehr als eine Plattform, einige davon wollen nicht noch einen zusätzlichen Shop eröffnen. Hier sehen wir uns als Reichweitenlieferant.

Bild: Ezebee