Martin Ott Facebook Berlin 2017
Martin Ott machte Studenten Mut zum Gründen.

Viele Erfolge und einige lehrreiche Rückschläge – so lässt sich die Gründer- und Managerkarriere von Martin Ott zusammenfassen: Das Studium an der Elite-Universität WHU (Otto Beisheim School of Management) unterbrochen, in Japan ein Startup gegründet, gescheitert. Das Studium abgeschlossen und bei Jamba angeheuert, einem Unternehmen von Rocket Internet. Marketingchef des Klingeltonverkäufers – bis dort die Männer von News Corp. mit den Blackberry-Holstern kamen, die sich nur für Zahlen interessierten. Schließlich Co-CEO beim Londoner Finanzdienstleister Skrill und zuletzt der Wechsel zu Facebook – noch vor dem Börsengang. Martin Ott ist als Managing Director für den zentraleuropäischen Markt des sozialen Netzwerks verantwortlich. Was kann Berlin vom Silicon Valley lernen? Diese Frage versuchte Ott bei einem Vortrag in der Technischen Universität Berlin zu beantworten. Dort traf Gründerszene ihn zum Interview. Der Facebook-Manager fordert von Startup-Gründern zum einen mehr Mut, zum anderen nachhaltige Unternehmenskonzepte.

Was können Gründer in Berlin vm Silicon Valley lernen? 

Das Entscheidende ist, Mut zu haben, und auch den Mut, Fehler zu machen. Wenn man in Deutschland schon einmal ein Unternehmen in den Sand gesetzt hat, haftet das an einem wie ein Stigma. Doch das muss man auch als Stärke sehen, als Lebenserfahrung, als Lernerfahrung und als Voraussetzung, daraus etwas größeres und Tolleres zu bauen. Da müssen wir umdenken. 

Denken Gründer in Deutschland groß genug?

Immer mehr Gründer tun das, weil sie sehen, welche großen und auch langfristigen Wetten im Silicon Valley und im Rest der USA gesetzt werden. Und ich sehe auch hier in Berlin, dass immer mehr Gründer global denken und große Sachen bauen wollen. ResearchGate oder SoundCloud sind solche Beispiele. Davon brauchen wir mehr. 

Gibt es dafür denn genug Kapital? 

Eine große Herausforderung, die wir in Deutschland immer noch haben, ist der Zugang zu Wagniskapital. Nicht unbedingt im Business-Angel- und im Series-A-Bereich, denn da hat sich in den vergangenen Jahren enorm viel getan. Aber die Töpfe, um die großen Wetten zu finanzieren, sind noch nicht da. Die richtig großen Tickets gibt es hier immer noch nicht. 

Liegt das auch am Mindset von Investoren?

In Europa wird zuerst auf die Kennzahlen geachtet. Als wir damals mit Skrill an die Börse gehen wollten und die Roadshow bei Investoren gemacht haben, gab es immer die Frage nach der Profitabilität.

Viele Gründer wollen schnell den großen Exit. Fehlt Gründern die lange Sicht, das Interesse an einem nachhaltigen Konzept?

Ich will das nicht verallgemeinern. Denn es gibt Seriengründer mit Visionen und großen Ideen, die in der Startup-Phase Sachen anschieben, aber das Unternehmen nicht zehn oder 20 Jahre lang führen möchten und deshalb einen Exit suchen. Aber generell brauchen wir mehr Unternehmer, die langfristig denken und nicht den kurzfristigen Exit suchen. Es gibt zwar auch mehr erfolgreiche Börsengänge: Zalando, Trivago, Delivery Hero, HelloFresh. Aber das sind gerade mal eine Handvoll. Es könnten wesentlich mehr sein.   

Liegt das an einem Mentalitätsunterschied von Gründern in Europa vs. im Silicon Valley?

Ich glaube schon, auch aufgrund der Historie. Im Valley werden andere Fragen gestellt. Dort gibt es mittlerweile die zweite und dritte Generation von Gründern, die dem ungeschriebenen Generationenvertrag folgen. Also Leute, die schon mal richtig viel Geld gemacht haben und auf die nächste große Wette setzen wollen. Das bestimmt auch das Umfeld, in dem die Unternehmer dort groß werden. Das haben wir hier in Deutschland noch nicht gut genug. Diesen Mut wünsche ich uns. Wir brauchen eine Generation von Business Angels, die in das Ökosystem zurückgibt und damit die großen Wetten anschiebt. Es gibt hier die erste Generation von Business Angels die das machen, aber es gibt das noch nicht in der Breite und Tiefe wie im Silicon Valley.

Brauchen wir auch eine tiefere Verzahnung von Universitäten und Wirtschaft?

Definitiv. Wenn man sich das anguckt im Silicon Valley, die Stanfords und Berkeleys, die sehr eng schon in frühen Phasen mit Unternehmen verzahnt sind. Da ist die Zusammenarbeit sehr viel enger zwischen der Privatwirtschaft und den Universitäten. Es passiert viel an deutschen Universitäten, das stimmt msich sehr positiv für die Zukunft. Davon brauchen wir noch mehr. 

Was raten Sie Studenten, die vielleicht gründen wollen?

Mut zu haben. Einfach machen und Sachen ausprobieren. Ins kalte Wasser springen. Und keine Angst davor zu haben, Fehler zu machen oder es beim ersten Mal vielleicht nicht richtig hinzubekommen. Mein erstes Startup war ein absolutes Failure. Es hat nicht funktioniert. Trotzdem habe ich dort enorm viel gelernt und dann neue Dinge gemacht. Diese Erfahrung, immer wieder aufzustehen, wünsche ich Studenten.   

Bild: Jürgen Stüber