Facebook-Boss Mark Zuckerberg auf der F8-Konferenz

Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat auf seiner Entwicklerkonferenz F8 in San Francisco einen alten Wunsch neu aufgelegt: Niemand muss mehr das soziale Netzwerk verlassen.

Wer künftig ein Taxi oder eine Pizza bestellt, soll dies schlichtweg über den Facebook-Messenger machen. Dank künstlicher Intelligenz übernehmen Chatbots Aufgaben, für die bisher Apps herhalten mussten.

Ein Problem mit der Waschmaschine? Der Messenger holt Hilfe. Flugticket? Der Messenger bucht es. Eier und Mehl für den Kuchen fehlen? Der Messenger nimmt gern die Bestellung entgegen.

Messenger statt Hotline

Facebook macht sich selbst zur Brücke zwischen Nutzer und Unternehmen. Messenger statt Hotline. „Ich kenne niemanden, der gerne bei einer Firma anruft, und die Leute wollen nicht für jede Firma eine eigene App installieren“, sagte Zuckerberg.

Facebook macht seinen Messenger zum Alleskönner. Zuckerberg lädt Unternehmen ein, das Angebot zu nutzen und eigene Chatbots zu entwickeln. In San Francisco zeigte Facebook, wie sich per Chatbot bei 1-800-Flowers Blumen bestellen lassen und wie Nutzer über CNN Nachrichten abfragen können.

Überraschend kommt der Facebook-Vorstoß nicht. Bereits im vergangenen Jahr war der Messenger der Star der F8-Konferenz. Das Netzwerk experimentiert außerdem mit einem persönlichen Assistenten „M“, der ebenfalls im Messenger läuft. Was dort die Software nicht schafft, führen Menschen aus, die im Hintergrund assistieren.

900 Millionen Nutzer sind verlockend

Für Unternehmen könnte das Facebook-Angebot lukrativ sein. 900 Millionen Menschen nutzen den Facebook-Messenger. Seit einem Jahr versucht Facebook daraus ein Geschäft zu machen. Bislang mit überschaubarem Erfolg.

Zwar können Nutzer über den Messenger in den USA Autos der Fahrdienste Uber und Lyft ordern, doch meist nutzen sie ihn nur, um miteinander zu chatten. Täglich werden über den Facebook-Messenger 60 Milliarden Nachrichten verschickt.

Wer jedoch auf dem Smartphone heute ein Taxi bestellt oder Schuhe kauft, öffnet dafür eine App oder einen Browser. Doch die Welt der Apps wird zunehmend komplexer.

App-Welt wird unübersichtlich

Nicht selten haben Smartphone-Nutzer Hunderte Anwendungen auf ihrem Gerät, von denen jedoch nur ein Bruchteil täglich genutzt wird. Viele Apps werden nur ein einziges Mal aufgerufen und anschließend zur App-Leiche im Telefonspeicher.

Dabei geht es auch anders. WeChat, der marktführende Messenger des Internetkonzerns Tencent in China, ist längst weiter. 90 Prozent aller chinesischen Smartphone-Nutzer haben dort einen Account.

Über WeChat organisieren die Nutzer ihren Alltag, buchen Zug-, Flug- und Kinotickets, bezahlen ihre Rechnungen im Restaurant und laden ihr Mobilfunkguthaben auf. Sogar Gas- und Stromrechnungen werden über WeChat beglichen.

Facebook legt Schnittstelle offen

Nun will auch Facebook seinen Messenger zu einem umfassenden Ökosystem machen. Unternehmen können ab sofort für die neue Plattform Angebote entwickeln und dafür auf eine offene Schnittstelle zugreifen.

Facebook stellt dafür Templates zur Verfügung, auf denen neben dem Firmennamen auch Buttons und sogar Bilder eingebunden werden können. So können Onlinehändler Produkte anbieten, die auf die Nutzer zugeschnitten sind.

Wer komplexere Chatbots plant, kann die „Bot Engine“ von Facebook nutzen, die auch den persönlichen Asssistent „M“ mit antreibt. Facebook stützt sich bei seiner Bot Engine auf „Machine Learning“ und künstliche Intelligenz. Solche Bots verbessern sich praktisch von selbst.

Entwickler können Betriebssysteme ignorieren

Für Unternehmen könnte die Nutzung der Messengerplattform nicht nur wegen der hohen Nutzerzahl verlockend sein. Wer bislang auf Smartphones vertreten sein wollte, musste seine Apps für unterschiedliche Systeme entwickeln. Viele haben sich wegen des Aufwands auf die dominierenden Mobilbetriebssysteme iOS von Apple und Android von Google  beschränkt.

Ein Chatbot muss nur einmal entwickelt werden und läuft dann unabhängig vom Smartphonesystem. Wer im Facebook Messenger einen Bot betreibt, muss sich weder um das Betriebssystem noch um Displaygröße oder Hardwareausstattung des Smartphones kümmern. Das übernimmt Facebook.

Nicht nur der Facebook-Messenger soll eine Zuhause für Bots werden. Auch WhatsApp mischt bereits mit. Dort lassen sich seit Kurzem in Deutschland sogar Taxen per Chat rufen.

Auch Microsoft mischt mit

Die Zahl der Unternehmen, die mit Bots arbeiten wollen, steigt stetig. Microsoft hat ebenfalls eine Chatbot-Plattform angekündigt und Bots zur neuen Strategie des Konzerns ausgerufen. „Bots sind die neuen Apps“, sagte Microsoft-Chef Satya Nadella kürzlich.

Der Messenger-Dienst Telegram hat bereits Mitte vergangenen Jahres seine offene Chatbot-Plattform vorgestellt. Sollten die Unternehmen Erfolg haben, könnten Chatbots tatsächlich zur neuen Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine werden.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt.

Bild: Facebook