Einbrecher wissen dank Facebook immer häufiger, wann ein Haus leer steht.

Seien wir ehrlich, soziale Netzwerke sind zum Angeben da. „Mein Haus, mein Auto, mein Urlaub.” Ob Facebook oder Twitter, wer Anlass zur Freude hat und diese anderen unter die Nase reiben möchte, findet ein breites Publikum – eventuell deutlich breiter als gedacht! Denn das unbedacht gepostete Selfie mit dem Bilduntertitel „Drei Wochen Teneriffa, wir kommen” zieht potenziell nicht nur den Neid des Bekanntenkreises auf sich, sondern kann Einbrecher auf den Schirm rufen. Diese treiben sich nämlich vermehrt in sozialen Netzwerken herum – wie auch die Polizei bestätigt.

Eine Kampagne macht bei Facebook darauf aufmerksam. Darauf zu sehen: ein Krimineller in typischem Einbrecher-Outfit mit einem Brecheisen in der behandschuhten Hand. Er bedankt sich ausdrücklich für die vielen Tipps zu künftigen Einbruch-Möglichkeiten, die er via Facebook erhalten hat und bittet um Verständnis dafür, dass er „wegen der hohen Arbeitsbelastung” nicht alle persönlich besuchen kann. Das Bild findet offenbar Anklang. Bei Facebook wurde es bereits über 80.000 mal geteilt.

Eine schaurige Statistik

Die polizeiliche Kriminalstatistik des Bundeskriminalamts (BKA) in Wiesbaden zeigt, dass Vorsicht durchaus angebracht ist: Im vergangenen Jahr gab es etwa 150.000 Einbrüche in Wohnungen und Häuser, das Diebesgut hatte einen Wert von 422,3 Millionen Euro. Konkrete Zahlen dazu, wie viele dieser Einbrüche auf soziale Netzwerke zurückzuführen sind, gibt es leider nicht. „Gefasste Täter äußern sich ungern zu ihrem Vorgehen”, erklärt Max Weiß, Pressesprecher des Hessischen Kriminalamts. „Aus einigen Vernehmungen wissen Ermittler allerdings, dass es diesen Modus Operandi gibt. Der ein oder andere Täter hat nach der Festnahme bekundet, dass er sich bei Facebook informiert hat.”

Und so läuft das Ganze ab

Um die passende Wirkungsstätte für sich zu finden, durchforsten Einbrecher schon mal ganze Facebook-Chroniken nach Anhaltspunkten, die aufeinander aufbauen. LKA-Sprecher Weiß erklärt wie das abläuft: „Nehmen wir mal an, Erna Müller kommt aus einem Ort mit 400 Einwohnern. An einem schönen Mai-Wochenende postet sie folgende Statusmeldung bei Facebook: ‚Ich bin hier auf dem Waldfest, bei uns auf dem Land werden doch die besten Feste gefeiert.’

Ein paar Wochen später freut sich Frau Müller öffentlich über ihre neue Sommerterrasse und postet stolz ein Bild, von der Straße aus fotografiert: ‚Der Sommer kann kommen, unsere Terrasse steht!’ Weil der Sommer woanders noch schöner ist, fährt Frau Müller mit ihrer Familie in den Urlaub. Bevor sie in den Flieger steigt, schickt sie noch einen Gruß: ‚Standort: Frankfurter Flughafen. Zwei Wochen Sonne tanken auf Malta!’ Ihre Freunde beglückwünschen sie überschwänglich – und ein Einbrecher sucht schon mal seine Handschuhe raus. Die Infos, die Erna Müller ihm ungewollt auf dem Silbertablett serviert hat: ‚Hier wohne ich, so sieht mein Haus aus, ich bin zwei Wochen nicht da, Sie können hier ungestört alles durchwühlen.’”

Nicht nur Facebook kann eine Gefahr darstellen

Dass nicht nur Urlaub, die dunkle Jahreszeit und Facebook eine Einladung für Einbrecher sein können, erfährt Hamburgerin Silke P. (Name geändert) als ihr Handy klingelt und ihr Vermieter am Apparat ist. Er ist gerade in ihrer Wohnung zusammen mit der Polizei. Eingebrochen wurde bei ihr am helllichten Tage. Ihr Schloss hatte beim Aufstemm-Versuch Nummer 9 nachgegeben, das zeigt die geschundene Tür. Was fehlt? Merkwürdige Sachen: ihr Laptop, ihre Kamera, ihre teure Geige – alle noch da! Stattdessen fehlen Schmuck, darunter auch billiger Modeschmuck, und sogar Kosmetika.

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einbrecher facebook Schönes Selfie aus dem Urlaub? Dieser Einbrecher würde so gerne auf „Gefällt mir” klicken.

„Mädchenbanden auf der Suche nach schnellem Geld” erklärt ihr die Polizei Hamburg, damit habe man in letzter Zeit öfter zu tun. Die Täter hatten sich offenbar einmal durch das Treppenhaus geklingelt, bis einer der Nachbarn schließlich öffnete. „Ich kann es natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, aber ich habe die Vermutung, dass ich online ausspioniert wurde”, erzählt Silke P. „Ich hatte meine Wohnung im Reiseportal airbnb.com inseriert, ab und zu vermiete ich sie unter.”

Besonders stolz ist sie auf ihren liebevoll gestalteten Balkon, davon stellte sie gleich mehrere Bilder ins Online-Inserat. „Leider kann man anhand der Aussicht ganz genau erkennen wo sich meine Wohnung befindet. Das habe ich jetzt erst einmal alles aus dem Netz genommen”, erzählt sie verunsichert. „Man weiß ja nie.”

Diese Tipps sollten Sie beherzigen

Jeder sollte sich zwei Fragen stellen, erzählt LKA-Sprecher Weiß: „Welche Daten gebe ich online preis? Und: welchen Personen? Die eigene Facebook-Chronik sollte ausschließlich für Freunde sichtbar sein, nicht für Fremde. Allerdings sollte man sich hier auch fragen: Wer sind meine Freunde, kenne ich die eigentlich, und muss ich davon 3.000 Stück haben? Immerhin steuere ich so Infos an 3.000 Personen, die darauf zugreifen können. Kann man zum Beispiel über meine Chronik sehen wo ich wohne?”

Wer Kinder hat, sollte diese ebenfalls für das Thema sensibilisieren. Es ist schlecht möglich, deren Aktivitäten im Netz zu 100 Prozent zu kontrollieren, und dieser Vertrauensbruch ist auch nicht empfehlenswert. Doch bevor man Kinder auf soziale Netzwerke loslässt, sollten sie ein Gefühl für mögliche Nachteile haben. Wer viel und gerne postet, sollte Fotos und Standorte lieber an eine geschlossene Gruppe schicken oder direkt an Menschen, von denen er meint, es würde sie interessieren.

Anzeichen dafür, dass jemand nicht zu Hause ist, gibt es übrigens viele. Natürlich richtet sich auch der moderne Einbrecher nach denselben Kriterien wie Generationen an Langfingern vor ihm: Ist der Briefkasten überfüllt, der Rasen nicht gemäht, die Rollläden unten, der Mülleimer nicht rausgestellt? Hier hilft, was immer schon geholfen hat: gute Nachbarschaft. Bitten Sie also Ihre Nachbarn, ein Auge auf das Haus zu haben und es bewohnt wirken zu lassen.

Ist das nicht etwas paranoid?

„Einbruch und Diebstahl ist für die Polizei immer ein großes Thema, wir möchten nun auch das Klientel von sozialen Netzwerken erreichen und Präventionsarbeit leisten. Viele Menschen sind noch sehr unachtsam in diesem Bereich. Von der Nutzungshäufigkeit und Reichweite steht da natürlich Facebook im Mittelpunkt”, so Weiß. Es spielt keine Rolle, in welchem Netzwerk man etwas von sich preisgibt: Je besser es zuzuordnen ist, desto besser die Möglichkeiten für den Täter. Ob das ein bisschen paranoid ist? Mag sein, aber neben Schmuck und teuren Geräten ist es doch vor allem der eigene Seelenfrieden, den man sich nicht rauben lassen sollte.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Computer Bild.

Bildquelle: © panthermedia.net / Anna Leopolder; Polizei Nordrhein-Westfalen Hagen