Ein Beitrag von Jonas Kopka, CEO der Agentur Social Media Daily GmbH.

Seit 2014 unternimmt Facebook verschiedenste Anstrengungen, um YouTube den Rang als meist genutzte Plattform für Online-Videos abzulaufen. Und im November äußerte Facebooks Mark Zuckerberg eine Prophezeiung: In fünf Jahren werden Online-Videos den Großteil des Contents auf Facebook ausmachen. Grund genug für Unternehmen, sich darüber Gedanken zu machen, ob, und gegebenenfalls wie, man „das neue Facebook“ für die Vermarktung per Corporate-Video nutzen sollte.

Hohe Reichweiten für Video-Content auf Facebook

Unter anderem wurden die Facebook-Algorithmen dahingehend überarbeitet, dass die Anzahl der Aufrufe von Video-Posts von Mai bis Juli 2014 um 50 Prozent anstieg. Im September 2014 sollen die Videoaufrufe bei einer Milliarde, im Mai 2015 gar bei vier Milliarden pro Tag gelegen haben. Aber ist diesen Zahlen zu trauen?

Die Zahlen stehen im Zusammenhang mit der Autoplay-Funktion von Facebook-Videos. Eingebettete Videos werden automatisch, ohne Zutun der Nutzer abgespielt, wenn sie in deren Newsfeed erscheinen. Jedes Video, das mindestens drei Sekunden lang gespielt und nicht angehalten wird, wird als View berechnet. Facebook-Nutzer können die Autoplay-Funktion grundsätzlich abschalten, aber das tun die wenigsten. Nach aller Erfahrung muss man davon ausgehen, dass von den unter Views gerechneten Videos vielleicht zehn Prozent wirklich angesehen wurden. Das wären für den Mai 2015 dann immer noch 400 Millionen Videoaufrufe weltweit auf Facebook­Seiten, was immer noch eine sehr abstrakte Zahl für ein Unternehmensmarketing ist.

Merken kann man sich also, dass das Medium Video auf Facebook tatsächlich eine steigende Relevanz erzielt und damit Facebook auch als Plattform für die Nutzung von Corporate-Videos interessant ist.

Welche Formate kann Corporate-Video online nutzen?

Folgende klassische und moderne Formen von Corporate-Videos können genutzt werden:

  • Imagefilme porträtieren ein Unternehmen, eine Marke oder ein Produkt.
  • Produktionsabläufe zeigen Vorgänge in der Produktion.
  • Produkt-Tutorials bieten Informationen, Anleitungen und Tipps zu Produkten eines Unternehmens.
  • Produktentwicklungen vermitteln die Entstehungsgeschichte von Produkten.
  • Teamvorstellungen beantworten die Frage nach den „Machern“.
  • Statements geben einen Einblick in fachliche Meinungen zu meist aktuellem Geschehen.
  • Antwort-Compilations zeigen verschiedene Personen, die bestimmte Fragen beantworten.
  • Vlogs oder Videoblogs über beliebige Themen sind möglich.
  • Rückblicke vermitteln wöchentlich oder monatlich Kompetenz zu einer Szene oder Branche.
  • Branded Entertainment oder Storytelling beinhalten kurze Geschichten mit integriertem Product Placement.

Die Liste zeigt, dass Unternehmensvideos alles mögliche sein können. Aber eben auch nicht alles: Entscheidend ist, dass das Unternehmen oder sein Produkt den Kern des Videos ausmacht. Im Randbereich dieser Definition befindet sich das Storytelling als Branded Entertainment. Ein Beispiel: Im Kurzvideo von Volkswagen werden Leute nach dem Vulkanier-­Gruß gefragt.

Welche Online-Videos präferieren die User allgemein?

Wer wissen möchte, ob seine Corporate-Video-Idee erfolgreich sein wird, muss wissen, was für Videos generell im Netz beliebt sind. Dauer und Content-Art sind wohl die wichtigsten Aspekte zur Charakterisierung der Nutzerpräferenz von Online-Videos. Hinsichtlich der Dauer eines Videos deuten die verschiedensten Studien auf eine größtmögliche Nutzungsrate bei einer sehr kurzen Zeitdauer, die schon bei wenigen Minuten überschritten ist. Eine Studie von TubeMogul zeigte, dass die Mehrheit der User nach bereits 60 Sekunden das Interesse verliert.

Inhaltlich zählen für die User vor allem Unterhaltung und Spaß. Eine Studie von Tomorrow Focus ermittelte als beliebteste Themenbereiche in folgender Reihenfolge: Musik, Nachrichten/Politik, Dokus/Reportagen und Kurzclips, danach Filme im eigentlichen Sinne. Anleitungen und Produkttest landeten auf den hinteren Plätzen. Andere Studien zeigen, dass speziell die Millenium-Generation eine besondere Vorliebe für selbstgedrehte Videos hat, sogenannte User-Generated-Content-Videos. Diese machen etwa 30 Prozent des gesamten Medienkonsums dieser Gruppe aus.

Welche Corporate-­Video-­Formate kommen auf Facebook auf hohe Kontaktzahlen?

Von den oben aufgeführten Formaten findet sich erst einmal keines, das hinsichtlich Content­-Art und Länge des Videos von den Usern präferiert wird. Die Ausnahme: Short ­Clips mit Branded Entertainment. Branded Entertainment gilt zur Zeit nicht zufällig als ein Thema mit großer Zukunft.

Bei der Suche nach Beispielen zeigt sich: Volkswagen kommt mit dem professionellen Werbefilm Wechselprämie auf offiziell fünfstellige Aufrufe und dreistellige Likes, mit dem aufwendig produziertne Musikvideo mit dem über seinen Vater singenden Michael im Sharan sechsstellige Aufrufe und vierstellige Likes, mit den sehr preiswert und unter kreativem Blickwinkel nicht unbedingt überzeugend hergestellten Einzelfolgen der Serie Teen­Translator vierstellige Likes und dreistellige Shares. Volvos im Jahre 2013 äußerst erfolgreicher Clip Epic Split, der gelegentlich im Zusammenhang mit dem Thema Branded Entertainment genannt wird, ist eigentlich ein klassischer ­ und sehr hochwertiger ­Werbefilm, der Furore machte und aufsehenerregende Aufrufzahlen generieren konnte ­– seinerzeit auf YouTube und Twitter.

Unternehmen, die es sich leisten können oder wollen, verschreiben sich dem Medium Corporate-Video und publizieren ihre Arbeiten regelmäßig­ auch auf Facebook. Konzerne wie Volvo tun das mittlerweile mehrmals pro Woche.

Ein Konzept für Corporate-Videos auf Facebook-Seiten

Auch wenn bisher wenige Corporate-Videos wirklich überzeugen können, haben Unternehmensvideos auf Facebook zweifellos eine interessante Zukunft vor sich. Es ist damit zu rechnen, dass die Reichweiten von Video-Posts weiter hochgeschraubt werden. Die Studien zeigen klar, dass dabei kurze, unterhaltsame Clips im Vordergrund stehen – aber ohne dass klassische Formate völlig wegfallen werden.

Von entscheidender Bedeutung für die Erzielung hoher Reichweiten und deutlicher Responses wird die Qualität des einzelnen Videos und in diesem Zusammenhang die technische und kreative Professionalisierung der Video-Produktion in den Agenturen oder in den Unternehmen selber sein. Die aktuell Clips stellen Versuche in einem frühen Entwicklungsstadium von Facebook-Videos dar.

Voraussetzung für erfolgreiches Online-Marketing mit dem Bewegtbild auf Facebook (und anderen Online-Medien) ist allerdings die Bereitschaft, das Thema Corporate-Video wirklich Ernst zu nehmen. Für Kleinunternehmen gilt das genauso wie für größere Firmen. Nicht die Höhe des Budgets entscheidet, sondern die Professionalität und Überzeugungskraft, die das einzelne Video ausstrahlt. Genauso wenig sollte versucht werden, so oft wie möglich Videos zu posten. Ein gelegentliches, aber gelungenes Video-Posting ist völlig ausreichend, um einem Unternehmen auf Facebook Sichtbarkeit zu verschaffen.

Bild: (c) Bildagentur PantherMedia – A2004677 /