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Felix Haas

Es war eine ungewöhnliche Nachricht: Der deutsche Business Angel Felix Haas investiert in ein Glücksspiel-Unternehmen. Lottoland ist alles andere als ein klassisches Startup. Es hat seinen Sitz in Gibraltar und ermöglicht das Lottospielen im Netz. Das Geschäft läuft drei Jahre nach dem Start gut: Für 2016 plant das Unternehmen einen Umsatz von 300 Millionen Euro, es beschäftigt 220 Mitarbeiter, hat Büros in 15 Städten und ist in zwölf Märkten aktiv.

Lottoland fällt auch zwischen den etwa 65 Investments von Haas auf. Zum Beispiel ist er an Kreditech, Wingly und Lingoking beteiligt. Was hat ihn also zu einem Investment in die Glücksspiel-Branche bewegt? Im Gründerszene-Gespräch erklärt er seine Beweggründe und seine Rolle in dem Unternehmen.

Felix, spielst du eigentlich Lotto?

Tatsächlich spiele ich Lotto, allerdings nur bei den richtigen großen Jackpots – mit vielen Millionen drin. Wenn ich dann an der Tankstelle bin, packe ich schonmal einen Lottoschein ein. Ich denke nicht lange mathematisch-analytisch darüber nach, sondern lasse mich von den Emotionen leiten.

Du bist kürzlich bei dem Online-Spieleanbieter Lottoland eingestiegen. Für die deutsche Startup-Szene ein eher ungewöhnliches Engagement. Wie kam es zu dem Investment?

Das Management von Lottoland hat mich nach einer Konferenz angesprochen und ich habe schnell gemerkt, dass sie an etwas Großem arbeiten. Sie verbinden Lottospielen mit Emotionen. Dann habe ich mir die Zahlen angeschaut und gemerkt, dass ich da außerhalb der Gründerwelt einen Schatz entdeckt habe. Ich kenne kein Unternehmen, das in so kurzer Zeit so schnell profitabel wächst – und das ohne externes Geld und völlig unter dem Radar der deutschen Gründerszene. Das Unternehmen hatte bislang noch keine Beziehungen in die VC-Welt oder zu Private-Equity-Firmen.

Emotionen hin oder her – es geht doch auch ums Spielen.

Die Marke Lottoland verkörpert einfach nicht mehr Lotto als verstaubten Rentnersport, sondern als Entertainment. Lottoland spricht eine andere, jüngere Zielgruppe mit anderen Produkten an. In Ländern wie den USA oder Spanien gibt es ja nicht nur die langweilige Lotterie wie in Deutschland. Bei der Weihnachtslotterie in Spanien tippen ganze Dörfer gemeinsam. In den USA gibt es Jackpots in Milliardenhöhe.

Wie funktioniert es, dass ich von Deutschland aus an einer spanischen Lotterie teilnehme?

Lottoland bildet die Lotterien als Wette nach. Du wettest auf ein bestimmtes Lotto-Ergebnis. Alles andere bleibt gleich: Die Auswahl der Zahlen, die Gewinnzahlen, die Gewinnhöhe. Lottoland funktioniert als Buchmacher: Werden deine Zahlen gezogen, bekommst du das gleiche Geld wie der Gewinner in Spanien.

Die Gewinne zahlt also das Startup?

Das habe ich mich auch als Erstes gefragt. Kleinere Gewinne bis zu zehn Millionen Euro zahlt Lottoland aus dem Cashflow. Für höhere Summen verfügt das Unternehmen über eine Rückversicherung, die in diesem Falle den Gewinn zahlt. Bei Jackpots über 100 Millionen Euro kauft Lottoland nach der Tippabgabe den Lottoschein dann tatsächlich oder sichert sich über den klassischen Versicherungsmarkt ab.

Wie gut läuft dieses Geschäft?

Der Umsatz wird in diesem Jahr bei 300 Millionen Euro liegen. Mit einem Gewinn in zweistelliger Millionenhöhe. Die technische Infrastruktur ist allerdings so aufgebaut, dass das Geschäft noch viel größer werden kann. Beispielsweise in Asien und Australien.

In Deutschland schwelt ein Streit darüber, ob das Online-Glücksspiel legal ist. Ist das nicht ein Risiko für das Geschäft?

Es gibt es einen Glücksspiel-Staatsvertrag, der den staatlichen Lottogesellschaften ein Monopol einräumt. Allerdings hat der Europäische Gerichtshof klargestellt, dass Online-Anbieter mit einer EU-Lizenz ihre Dienstleistung überall in Europa anbieten dürfen. Die Europäische Kommission erwägt derzeit sogar ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland. Da können die deutschen Behörden sagen, was sie wollen. Auch, wenn sie sich alle schrecklich aufregen: Es ist eine saubere Angelegenheit. Lottoland mischt einen 300-Milliarden-Markt auf – das stößt bei den alten Platzhirschen natürlich auf keine besonders große Freude.

Das Unternehmen hat seinen Sitz in Gibraltar. Warum?

In Deutschland hat Lottoland als privates Unternehmen überhaupt keine Möglichkeit, eine Glücksspiellizenz zu beantragen – egal wie strikt sie bei den Themen Spieler- und Jugendschutz sind. Deshalb sitzt die Firma in Gibraltar, das so etwas wie das europäische Silicon Valley der Glücksspielindustrie ist. Da Gibraltar bei der Lizenzvergabe sehr restriktiv vorgeht, sitzen hier wirklich nur die Blue-Chips der Branche.

Welche Rolle spielst du in dem Unternehmen?

Ich kenne viele Leute, kann mich in der Politik einsetzen und biete einen Zugang zur europäischen Startup-Welt, beispielsweise bei einer ersten Finanzierungsrunde.

Zu deinen Hauptprojekten zählen aktuell IDnow, Unicorn Pitch, eine Agentur für Pitch-Decks, zahlreiche weltweite Engagements in Startups und die Konferenz Bits & Pretzels. Welche Aufgaben übernimmst du dort?

Bei der Bits & Pretzels bin ich einer der drei Veranstalter, mein Schwerpunkt liegt auf der Speaker-Akquise. Die meisten meiner Tätigkeiten haben zum Ziel, die richtigen Menschen für die richtigen Themen zusammenbringen. Und bei den grundlegenden Entscheidungen schalte ich mich ein. Bei IDnow sitze ich im Aufsichtsrat. Ich bringe mich beispielsweise ein, wenn es um ein neues Management geht oder um politische Entscheidungen.

… also bei IDnow zum Beispiel, als kürzlich eine neue Bafin-Regel die Video-Identifizierungen von IDnow erschwerte?

Ja. Die ganze Fintech Branche war tatsächlich erstmal etwas irritiert, was die Bafin da für einen Rückwärtsschritt gemacht hat. Zum Glück hat die Behörde ja schnell eingelenkt. Ich glaube nicht, dass weitere Regeln kommen. Außerdem sind wir nicht mehr so sehr von der Video-Identifizierung abhängig.

Sondern?

Seit ein paar Monaten bietet IDNow auch ein sogenanntes E-Signing an. Über das Smartphone lässt sich damit rechtssicher unterschreiben. Aus unserer Sicht ist dies das viel größere Produkt, ein riesiger Markt, der jetzt über die kommenden Jahre eine große Dynamik zeigen wird.

Ein anderes deiner Projekte, die Tech-Konferenz Bits & Pretzels, findet demnächst in München statt. Unter den Rednern in diesem Jahr sind Richard Branson und Kevin Spacey. Wie viel Geld bringt diese Konferenz für dich eigentlich ein?

Im letzten Jahr mussten wir Organisatoren Geld drauflegen. So eine Konferenz ist unglaublich teuer, besonders die Räumlichkeiten und all die zahlreichen unvermutenden Kosten, die man als Außenstehender nicht direkt wahrnimmt. Einige denken vielleicht, dass wir damit das große Geschäft machen, aber in Wahrheit ist die Bits and Pretzels für uns ein großes Leidenschaftsprojekt geworden, das vielleicht etwas ausgeartet ist.

Bild: Felix Haas