Erst wenn man es selber ausprobiert, bekommt man ein Gefühl dafür. Am Freitag testen meine Kollegen Christina und Caspar zwei Lieferdienste. Foodora und Deliveroo bringen Essen aus Restaurants, die eigentlich nicht nach Hause oder in Büros liefern. Um es nicht ganz so einfach zu machen, bestellen wir im Abstand von 10 Minuten im selben Restaurant. Erkennt die Software oder ein Mitarbeiter, dass es sinnvoller ist, die beiden Bestellungen mit einer Kurierfahrt auszuliefern?

Ein paar Klicks auf dem Handy und es setzte sich eine Reihe von Aktivitäten in Gange. Da wird im ausgewählten Restaurant das gewünschte Gericht gekocht. Fahrradkuriere flitzen los. Bei Deliveroo kann man den Stand der Lieferung per Live-Tracking verfolgen und sich so die Zeit bis zur Mahlzeit verkürzen. Ein Mitarbeiter von Foodora ruft bei uns an und kündigt eine kleine Verzögerung an.

Auf einem Panel in London werde ich gefragt, ob es eine dramatische Veränderung unserer Welt sei, wenn Startups uns das Essen, das per Smartphone bestellt wurde, nach Hause bringen? Ja, das klingt erstmal profan. Nicht sehr revolutionär. Ist das jetzt wirklich die Digitalisierung, über die alle dauernd reden?

Der Test mit Deliveroo und Foodora gibt ein Gefühl dafür, worin die eigentliche Revolution besteht. Das Smartphone ist die Fernbedienung unserer Welt. Wir werden damit immer mehr Aufgaben erledigen. Am Horizont wird bereits sichtbar, dass alles, was mit Geld und Finanzen zu tun hat, schon sehr bald per Smartphone ausgeführt wird. Einfacher, schneller und schöner als das bisher möglich war.

Kluge und erfolgreiche Startups besetzen oft die Schnittstelle zwischen digitaler und realer Welt. Sie bauen ein digitales Layer, das die Welt da draußen bedien- und navigierbar macht. Denn genau an diesen Schnittstellen befinden sich die Geschäftsmodelle der Zukunft. Auch wenn man manchmal im Weg steht:

Bei einem Abendessen mit leitenden Audi-Managern spüre ich den Stolz der Autobauer. So ein Audi sei ein höchst komplexes und elaboriertes Ding. Aber hinter dem Stolz verbirgt sich auch die bohrende Frage, wie den Herausforderungen der Digitalisierung zu begegnen sei. „Wir wollen nicht die Zulieferer für Apple oder Google werden“, heißt es zum Beispiel an meinem Tisch. Im Auto gibt es auch mehrere Schnittstellen zur digitalen Welt. Eigentlich ist ein modernes Auto längst zu einem rollenden Computer geworden. Aber wie wird damit in Zukunft Geld verdient? Mit dem Verkauf des Autos, wie seit 100 Jahren – oder mit völlig neuen Geschäftsmodellen? „Was werden Sie in einem selbstfahrenden Auto machen?“, fragt mich eine Managerin? Arbeiten vielleicht. Mails erledigen. Oder einkaufen?

 

Wer stellt in Zukunft die digitalen Schnittstellen zur Verfügung, mit denen wir auch im Auto im digitalen Fluß bleiben? Für mein Gefühl ist das die Frage, die die Zukunft der Automobilbranche entscheiden wird. Auch wenn die deutsche Autoindustrie völlig zurecht stolz auf das Weltklasse-Niveau ihrer Fahrzeuge ist. Die junge Generation kann schon nicht mehr genau zwischen Mercedes, Audi oder BMW unterscheiden. Hauptsache es gibt WLAN.

Meine Prognose zur Zukunft der Mobilität kommt bei den Ingolstädtern so mittelsuper an: In Zukunft werden wir uns aussuchen, welches Auto uns automatisch von unserer Wohnung ins Büro fährt. Das Google-, Amazon- oder das Apple-Car. Die Kosten sind in Apple Music oder Amazon Prime enthalten. Außerdem bezahlen wir, indem wir die Plattform der Anbieter nutzen, um unsere täglichen Aufgaben zu organisieren. Wäsche, Essen, Einkäufe, Putzdienste organisieren. Denn hier wird in Zukunft das Geld verdient. An der Schnittstelle zwischen digitaler und realer Welt.

Unsere beiden Essensbestellungen kamen übrigens mit einer Lieferung gleichzeitig. Es geht voran. Bis dahin trösten wir uns mit diesem tieftraurigen Lied von Blumfeld.

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