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Freie Berufe vs. Gewerbetreibende

Die bürokratischen Hürden sind nicht für alle Gründer gleich. In erster Linie muss man zunächst unterscheiden, ob die Gründung als Gewerbetreibender stattfindet oder als Gründung in einem freien Beruf. Denn von dieser Unterscheidung hängt in der Folge eine Menge ab.

Tipp: Vorsicht mit dem Begriff „Freiberufler„! Wer einem freien Beruf nachgeht, gehört zu bestimmten Berufsgruppen. Wer „freiberuflich“ arbeitet, kann das als Gewerbetreibender tun oder auch in einem freien Beruf, ist aber eben nicht fest angestellt, sondern selbstständig.

Zunächst sollte man sich selbst schlau machen, ob die geplante Tätigkeit gewerbliche Tätigkeit oder freier Beruf ist. Anhaltspunkte dafür, welcher Beruf „freier Beruf“ ist, geben § 1 Abs. 2 (Partnerschaftsgesellschaftsgesetz) PartGG oder § 18 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG).

Hier werden – nicht abschließend! – Berufe aufgelistet, die zu den freien Berufen zählen. Freie Berufe zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie künstlerische, wissenschaftliche, erzieherische oder schriftstellerische Tätigkeiten zum Inhalt haben (zum Beispiel Ärzte, Hebammen, Rechtsanwälte, Steuerberater, Ingenieure, Architekten, Redakteure, Musiker, Web-Designer).

Tipp: Es kommt darauf an, was man tatsächlich arbeitet und nicht darauf, welche Berufsbezeichnung man führt oder was man gelernt hat.

Jede selbstständige Tätigkeit, die nicht in die Kategorien der freien Berufe oder der sogenannten Urerzeugung (Land- und Forstwirtschaft) zuzuordnen ist und außerdem auf Gewinnerzielung gerichtet ist, ist gewerbliche Tätigkeit.

Anmeldung beim Gewerbeamt

In Deutschland herrscht Gewerbefreiheit, es kann also grundsätzlich jedermann ein Gewerbe gründen, wenn nicht bestimmte Ausnahmen aufgrund gesetzlicher Regelungen greifen. Eine behördliche Genehmigung brauchen die meisten Gewerbearten nicht.

Die einzige Pflicht, die jeden Gewerbetreibenden trifft, ist die Anzeigepflicht (Gewerbeanmeldung) beim Gewerbeamt. Ein Gewerbeschein wird bei genehmigungsfreien Gewerben schon bei Vorlage des Personalausweises oder Reisepasses und Mitteilung der wichtigsten Eckdaten des Betriebs (Adresse, Telefonnummer, Bezeichnung, Rechtsform, gegebenenfalls Aufenthaltserlaubnis) ausgestellt und ist in der Regel für weniger als 50 Euro zu bekommen.

Tipp: Die sogenannte Gewerbeanzeige ist nicht nur zu machen, wenn man ein Gewerbe eröffnet. Auch wenn man mit seinem Unternehmen umzieht oder wenn man sein Unternehmen wieder schließt, muss man die Behörden informieren und aktuelle Eckdaten mitteilen.

Andere Gewerbe sind überwachungsbedürftige Gewerbe (Vertrauensgewerbe) wie zum Beispiel Partnervermittlungen, Kfz-Händler oder Reisebüros, was zur Folge hat, dass die Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden überprüft wird, wofür ein polizeiliches Führungszeugnis und ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister vorzulegen ist. Gewerbe in besonders sensiblen Bereichen sind genehmigungsbedürftig, das heißt, ohne Genehmigung dürfen diese Gewerbe nicht betrieben werden. Hierzu zählen zum Beispiel Apotheken, Makler- oder Anlageberatertätigkeiten beziehungsweise Spielhallen oder Privatklinken etcetera, aber auch etliche Handwerksberufe.

Tipp: Die Liste der zulassungsbeschränkten Gewerbe ist lang und die Regelungen sind über eine Vielzahl von Gesetzen verteilt. Es ist hier unbedingt ratsam, zunächst die Auskunft des Gewerbeamtes oder der zuständigen IHK einzuholen, bevor man weitere Schritte plant!

Für freie Berufe gibt es ebenfalls grundsätzlich keine Genehmigungspflicht. Redakteure, Designer, Grafiker, Programmierer und Co können also beispielsweise ohne Genehmigung oder Zulassung ihren Laden „aufsperren“ – nur das Finanzamt muss informiert sein –, dazu unten mehr.

Allerdings existieren für einige Berufe Pflichtmitgliedschaften in berufsständischen Kammern, die vor allem die Einhaltung des jeweiligen Berufsrechts überwachen und dabei wiederum vor allem die Einhaltung der Zulassungsvoraussetzungen für den jeweiligen Beruf, zum Beispiel das erfolgreiche Absolvieren einer Abschlussprüfung, den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung etcetera.

Tipp: Ärzte, Architekten, Steuerberater und Rechtsanwälte und einige andere mehr können ohne Kammermitgliedschaft ihren Beruf nicht als freien Beruf ausüben.

Anmeldung beim Finanzamt

Die Anmeldung des Unternehmens beim Finanzamt ist hingegen wieder für jeden Existenzgründer und ohne Unterschiede unerlässlich. Jeder Gründer muss dem Amt mitteilen, ab wann er welche Tätigkeit in welchem Umfang ausführen wird.

Hierzu bekommt der Gründer vom Finanzamt einen Fragebogen zu steuerlichen Erfassung zugesendet. In diesem Fragebogen muss der Gründer beispielsweise angeben, welche Einkünfte zunächst erwartet werden. Das ist für das Finanzamt vor allem auch wichtig für die Beantwortung der Frage, ob eine Befreiung von der Umsatzsteuer im Rahmen der sogenannten Kleinunternehmer-Regelung nach § 19 UStG möglich ist, für die Festsetzung einer Einkommensteuer und gegebenenfalls für Gewerbesteuervorauszahlung.

Mit Erfassung des Unternehmens beim Finanzamt wird dem Startup – wenn man nicht von der Kleinunternehmer-Regelung Gebrauch macht – eine Umsatzsteuernummer zugeteilt. Hat man eine solche Nummer, ist sie zum Beispiel auf Rechnungen oder auch im Website-Impressum anzugeben.

Tipp: Die Befreiung von der Umsatzsteuer gem. § 19 UStG hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil ist, dass man Kunden sein Endprodukt umsatzsteuerfrei (günstiger!) anbieten kann. Ein Nachteil ist, dass man ausgegebene Umsatzsteuer (zum Beispiel für Anschaffungen wie Möbel etcetera) nicht erstattet bekommt beziehungsweise nicht mit Umsatzsteuereinnahmen verrechnen kann.

Erhält der Existenzgründer keine Umsatzsteuernummer, erhält er eine normale Steuernummer, die er nur im Kontakt mit dem Finanzamt angeben muss, nicht aber im Rahmen des geschäftlichen Verkehrs, wie mit einer Umsatzsteuernummer.

Der Fiskus: Das Kreuz mit den Steuern

Außerdem hat die Unterscheidung von Gewerbetreibenden und Angehörigen der freien Berufe steuerlich erhebliche Bedeutung. So muss ein Gewerbetreibender (Person oder Personengesellschaft) Gewerbesteuer abführen, wenn er den Gewerbesteuerfreibetrag von 24.500 Euro überschreitet. Für Kapitalgesellschaften (zum Beispiel GmbH) gilt dieser Freibetrag nicht, zudem werden Kapitalgesellschaften mit der sogenannten Körperschaftssteuer belastet.

Tipp: Die Haftungsbeschränkung, die eine Kapitalgesellschaft mit sich bringt, hat wegen einer höheren steuerlichen Belastung gerade in der Gründungsphase große finanzielle Auswirkungen. Die Rechtsformwahl will also wohlüberlegt sein!

Die Gewerbesteuer belastet den gewerbetreibenden Gründer zusätzlich zur „normalen“ Einkommensteuer. Angehörige freier Berufe zahlen diese Steuer nicht und auch Landwirte und Forstwirte werden nicht mit dieser Steuer belastet.

Tipp: Die Gewerbesteuer fällt je nach Sitz des Unternehmens unterschiedlich hoch aus, weil sie als kommunale Steuer nicht landes- oder bundeseinheitlich festgelegt ist. Eine Sitzverlegung in eine Gemeinde mit niedrigem sogenannten Hebesatz kann sich also im Zweifel durchaus rechnen.

Vorsicht ist geboten, wenn sich die Tätigkeit aus einem Teil freiberuflicher (zum Beispiel Programmierer) und einem Teil gewerblicher Tätigkeit (zum Beispiel Handel mit Hardware) zusammensetzt: Hier kann die gewerbliche Tätigkeit dazu führen, dass auf alle Einkünfte Gewerbesteuer zu entrichten ist, weil die gewerbliche Tätigkeit auf die freiberufliche Tätigkeit „abfärbt“. Um der sogenannten einheitlichen Gewerbebesteuerung zu entgehen, müssen die Bereiche strikt getrennt werden, beispielsweise durch getrennte Bankkonten, aber auch durch räumliche Trennungen, zum Beispiel durch getrennte Lagerung von Waren oder Büromaterialien etcetera.

Tipp: Mitarbeiter der Gewerbeämter sind bei der Beurteilung, ob Gewerbe oder freier Beruf, nicht immer zu 100 Prozent treffsicher. Im Zweifel VOR der Gewerbeanmeldung beim Finanzamt deswegen anfragen – nur hier bekommt man verbindliche Auskunft.

Gewerbe- und Finanzamt: Fazit

Am Gewerbeamt kommt der Gewerbetreibende nicht vorbei, Landwirte, Forstwirte und Angehörige der sogenannten freien Berufe hingegen schon. Im Gegensatz dazu ist das Finanzamt für jeden, der als Existenzgründer eine selbstständige Tätigkeit aufnimmt, eine unvermeidbare Anlaufstelle.

Ist man sich nicht sicher, ob die geplante Selbstständigkeit freier Beruf ist oder Gewerbe, sollte der erste Anruf zum Finanzamt gehen, um diese Frage zu klären. Das spart Zeit, Geld und Nerven, die man sonst im Zweifel mit der Rückgängigmachung einer unnötigen Gewerbeanmeldung vergeudet. So beispielsweise geschehen im Fall einer selbstständigen Clownin, die vom Gewerbeamt als Schaustellerin (Gewerbe) eingestuft wurde, vom Finanzamt hingegen als künstlerische Darstellerin (freier Beruf).

Bild: Thorben Wengert  / pixelio.de