Matthias Lange ist Managing Director bei Finleap

Der größte deutsche Fintech-Inkubator Finleap bringt gut zwei Jahre nach dem Launch der Solarisbank sein nächstes Banking-Startup an den Markt. Das hat Finleaps Managing Director Matthias Lange im Exklusiv-Interview mit dem Branchen-Newsletter Finanz-Szene.de verraten. Bei der „Infinitec Solutions“ getauften Firma handelt es sich um einen B2B-Anbieter, der traditionelle Finanzdienstleister auf „Software as a Service“-Basis bei der Digitalisierung ihres Firmenkunden-Geschäfts unterstützen soll. Mit mehreren Banken sei man in der Pilotphase, demnächst würden die ersten Partner offiziell livegehen, sagte Lange. Namen wollte er noch nicht verraten.

Infinitec ist das mittlerweile 14. Startup des Berliner Company Builders – und markiert in gewisser Hinsicht eine Rückkehr zu den Wurzeln. Denn: Zuletzt hatte sich Finleap deutlich vom Banking-Bereich wegbewegt und stattdessen ein Versicherungs-Fintech namens Element und ein Cyber-Security-Startup mit dem Namen Perseus auf den Weg gebracht. Dieser Richtungsschwenk hatte zu Mutmaßungen geführt, der bekanntesten Fintech-Schmiede des Landes, die ihre Finanz-Startups eine Zeitlang fast im Monats-Rhythmus lanciert hatte, könnten in ihrem Stammberitt die Ideen ausgegangen sein.

Mit Infinitec will Finleap nun das Gegenteil beweisen – und knüpft dabei an einen Trend an, der in den vergangenen Monaten in der gesamten deutschen Finanzbranche zu beobachten war: Ging es in den Anfangsjahren der Fintech-Revolution in erster Linie darum, das Retailgeschäft zu digitalisieren, so rückt inzwischen der Firmenkunden-Bereich in den Fokus. Beispiele hierfür sind Challenger-Banken wie Holvi oder Penta, aber auch Factoring-Startups wie Billie oder Finiata. Als Nachzügler sieht sich Infinitec allerdings nicht. Vielmehr werde das neue Fintech „schon seit August 2016 entwickelt“, betont Helmut Kranzmaier, ein früherer Deutschbanker, den Finleap verpflichtet hat, um das Venture zu führen.

Infinitec ist, anders als das bei Solaris der Fall war, selber keine Bank, sondern eine Technologie-Plattform, die normale Banken als Whitelabel-Lösung in ihr eigenes Online-Angebot integrieren können. Von den Funktionen her lässt sich das Tool mit den aus dem Retailgeschäft bekannten „Personal Finance Managern“ vergleichen – aber eben mit dem Unterschied, dass der Kunden mithilfe von Infinitec nicht seine persönlichen Finanzen ordnen soll, sondern die seines Unternehmen. Das beginnt mit der Buchhaltung und reicht über die Liquiditätsplanung bis hin zu der Frage, ob sich für die nächste Finanzierung ein klassischer Investitionskredit eignet, oder ob der Kunde mit einer Leasing- oder Factoring-Lösung nicht besser fährt.

An dieser Stelle endet dann das Finanz-Management des Nutzers – und für die Bank beginnt das eigentliche Geschäft. Denn mit dem nächsten Klick soll der Kunde dann optimalerweise bei den entsprechenden Angeboten des Instituts landen, wobei die mögliche Produktpalette neben Kreditlösungen zum Beispiel auch Konto, Kreditkarte, internationalen Zahlungsverkehr oder Inkasso umfassen soll. Kranzmaier ist überzeugt, in eine Marktlücke zu stoßen: „Viele Mittelständler betreiben ihr Finanzmanagement immer noch so wie vor zehn oder 15 Jahren: Man führt ein paar Excel-Listen, hat manche Positionen auch einfach nur im Kopf – und wenn man das Gefühl hat, in den nächsten Monaten könnte die Liquidität knapp werden, dann geht man halt zur Hausbank und beantragt einen Betriebsmittelkredit. Mit Infinitec dagegen können selbst kleine Betriebe eine hochprofessionelle Finanzplanung betreiben.“ Auch klassische Finanzsoftware-Programme wie „Starmoney Business“ seien mit dem neuen Angebot nicht vergleichbar.

Auf eine Kernklientel wollen sich Lange und Kranzmaier nicht festlegen lassen. Klar allerdings sei: „Es geht nicht um Freelancer, sondern um Kapitalgesellschaften.“ Das könne der mittelgroße Handwerksbetrieb genauso sein wie ein Technologie-Startup oder ein E-Commerce-Shop mit mehreren Millionen Euro Jahresumsatz. „Im Grunde geht es um alle Firmen, die keinen eigenen kaufmännischen Geschäftsführer oder Prokuristen haben“, sagt Kranzmaier.

Spannend übrigens ist, dass Finleap diesmal – anders als bei allen vorangegangenen Ventures – keinen Co-Investor an Bord hat. Und das, obwohl die Funding-Summe, zu der Lange sich nicht äußern will, eher im oberen als im unteren einstelligen Millionenbereich zu verorten sein dürfte. Denn: Das Vorhaben ist durchaus ambitioniert, schon jetzt hat Infinitec mehr als 40 Mitarbeiter. Bei der Frage, ob Finleap niemanden gefunden hat, der bereit war einzusteigen, lacht Lange und schüttelt sachte den Kopf. Vermutlich soll diese Geste aussagen: Von dieser Geschäftsidee sind wir derart überzeugt, dass wir erst einmal ganz allein ins Risiko gehen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Finanz-Szene.de.

Bild: Finleap