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Kreuz und quer durchs ganze Land. Für ein paar Euro, ohne kompliziertes Tarifsystem, mit WLAN und in bequemen Sitzen. Die Fernbusse machen es möglich.

2012 konnten die Langstreckenbusse ohne Einschränkungen an den Start gehen, in diesem Jahr wurde das Gesetz aus der Nazi-Zeit, mit dem die Bahn geschützt werden sollte, aufgehoben. Mit wenigen Gesetzen kann der damalige Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) so zufrieden sein, wie mit der Liberalisierung des Fernbusmarktes.

Denn seither boomt das Geschäft mit den bunten Bussen. Immer neue Strecken wurden angeboten, neue Linien in Betrieb genommen. 2012 wurden drei Millionen Fahrgäste deutschlandweit gezählt, drei Jahre später 23 Millionen. Doch nun ist die Wachstumstory erst mal vorbei. Und auch die Preise steigen – wenn auch moderat.

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Mehrere Zahlen machen die Entwicklung deutlich. Zum Beispiel die der „Fahrtenpaare“, also der Hin- und Rückfahrt zwischen zwei Zielen. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts Iges ist das Angebot aller Fernbusanbieter in Deutschland mit Beginn dieses Jahres drastisch eingebrochen.

20 Prozent weniger Reisekilometer

Im ersten Quartal 2017 wurden demnach 2862 Hin- und Rückfahrten angeboten. Im Quartal zuvor waren es noch 4110 – und damit war das Angebot schon ausgedünnter als im Rest des Jahres 2016. Vom Spitzenwert der 4653 angebotenen Hin- und Rückfahrten im letzten Quartal 2015 ist die Branche damit meilenweit entfernt. 

Zwar wächst das Angebot seit April wieder leicht. Aber das sei vor allem saisonbedingt, meint Iges-Geschäftsführer Christoph Gipp. Mit besserem Wetter wächst die Reiselust. Steigerungsraten wie in den Vorjahren seien aber vorbei. Für das dritte Quartal sagt Gipp anhand der Fahrpläne der Busanbieter gerade mal noch ein Angebot von 3192 Hin- und Rückfahrten voraus.

Zum selben Ergebnis wie Iges kommt das Internet-Portal Simplex. In dessen „Fernbus-Report“ werden die Linien gezählt, die die Fernbusse bundesweit betreiben. Im April waren es 265. Das sind zwar 18 mehr als zu Jahresbeginn, aber deutlich weniger als 2016 und den überwiegenden Teil des Jahres 2015.

Die Deutsche Bahn (DB), die sich zwar aus dem Fernbusgeschäft zurückgezogen hat, die Branche aber genau verfolgt, kommt sogar zu dem Ergebnis, dass die bereifte Konkurrenz 2017 deutlich schrumpfen wird. Dabei legt die Bahn – wie im Schienenverkehr üblich – die gefahrenen Kilometer zugrunde. Nach DB-Voraussagen wird die Branche in diesem Jahr noch 165 Millionen Buskilometer fahren. Das wären 20 Prozent weniger als im Jahr zuvor.

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Für diese Entwicklung gibt es eine einfache Erklärung: Immer mehr Anbieter ziehen sich aus der Branche zurück. In das Fernbusgeschäft einzusteigen, ist nicht besonders kapitalintensiv. Den Fahrbetrieb übernehmen in aller Regel regionale Omnibusbetriebe, die Fernbusanbieter selbst organisieren vor allem das Marketing, den Fahrkartenverkauf und die Optimierung des Liniennetzes. Doch gerade kleinen Mitbewerbern fehlt oft die Kraft zum Durchhalten.

Am Anfang der Entwicklung des Fernbusmarkts seien die Zahlen schnell gestiegen, sagt Klaus Sedelmeier vom Verband Baden-Württembergischer Omnibusunternehmer (WBO) am Rande des Fernbuskongresses in Mannheim. Doch bald hätten einige Unternehmer gemerkt, dass die Branche nicht zu ihnen passe. „Der Markt hat sich mittlerweile konsolidiert“, meint der WBO-Vorsitzende.

Flixbus hat einen Marktanteil von 93 Prozent

Die Gründer-Euphorie ist der großen Konsolidierung gewichen. Schon 2014 stieg der ADAC aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit Postbus, dann zog sich City2city zurück. DeinBus ging pleite konnte aber einen neuen Investor finden. 2015 schlossen sich die beiden Großen MeinFernbus und Flixbus zusammen, im vergangenen Jahr übernahm Flixbus dann die kontinentaleuropäischen Linien von Megabus und schluckte anschließend auch noch Postbus. Zuletzt gab die Bahn auf.

Inzwischen ist Flixbus mit 93 Prozent Marktanteil die unbestrittene Nummer eins im Fernbusmarkt. Und diese Position nutzt der Primus, um das Streckennetz zu optimieren, sprich: Verbindungen, die sich nicht rechnen zu streichen oder häufig angebotene Linien, die sich aus den Übernahmen ergeben, auszudünnen.

Der Schritt liegt auf der Hand, denn obwohl Flixbus schon seit Jahren der Riese unter den Fernbusanbietern ist, peilt das Unternehmen erst für dieses Jahr Gewinn an. Und das geht nur mit einem effizienten Streckennetz und volleren Bussen. Die sind branchenweit inzwischen zu 60 Prozent ausgelastet. Das klingt schwach – liegt aber inzwischen über dem Wert, den die Bahn im Fernverkehr erreicht.

Dieser Text erschien zuerst in der Welt.

Foto: Flixbus