Ein Beitrag von Darius Moeini, Geschäftsführer von Berlin Startup Consulting und Experte für Early-Stage-Finanzierung.

Wird in der Startup-Szene von Finanzierung gesprochen, dreht sich meist alles um Venture Capital (VC). Sogar im Early-Stage-Bereich dominieren Seed-VCs und Business Angels das Feld. Doch gerade in der Frühphase eines neuen Unternehmens sollten Gründer nicht alles auf eine Karte setzen, sondern sich lieber ein Portfolio mit unterschiedlichen Finanzierungsbausteinen aufbauen. Denn VC-Investoren wollen Wachstum sehen. Und um ein Startup bereit für Wachstum zu machen, bedarf es schon einer großen Menge an Vorarbeit in den Bereichen Produktentwicklung und Marktvalidierung.

Besonders schwer haben es Startups, die über einen längeren Zeitraum Forschung und Entwicklung (FuE) betreiben, was den Kapitalbedarf und das Risiko erhöht. Beide Aspekte erschweren eine Seed-VC-Finanzierung. Doch für solche innovativen Projekte, aber auch für viele andere Bereiche, gibt es staatliche Fördertöpfe, die über die unterschiedliche Programme angezapft werden können.

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Welche Programme nutzen wie viel, wie aufwendig sind die Anträge dafür – und wie viel Geld wird überhaupt gezahlt? Für junge Tech-Startups sind unserer Erfahrung nach folgende Programme die ersten Anlaufstellen:

Innovationsförderung

ProFIT-Projektfinanzierung

Die ProFIT-Finanzierung ist das Programm der Investitionsbank Berlin (IBB). Die IBB fördert Startups mit bis zu 1,4 Millionen Euro – davon maximal 400.000 Euro für einen nicht-rückzahlbaren Zuschuss und maximal eine Million Euro für ein zinsgünstiges Darlehen. Die genaue Aufteilung hängt von der Forschungstiefe ab: je mehr Forschung, desto mehr Zuschuss; je mehr Entwicklung, desto mehr subventioniertes Darlehen.

Die Abgrenzung des Innovationsprojektes von dem „restlichen“ Unternehmen und anderen Projekten ist besonders wichtig (siehe Abbildung). Nur unmittelbar mit dem Projekt in Zusammenhang stehende Ausgaben wie Personal-, Investitions-, und Materialausgaben werden gefördert – dafür aber von der Forschung bis hin zur Markteinführung. Die ProFIT-Projektfinanzierung ist interessant für Startups, die ihre Infrastruktur und mindestens 20 Prozent des Innovationsprojektes selbst finanzieren können (Eigenmittel, Investoren). Somit ist es ein geeignetes Programm, um eine Seed-Finanzierung, zum Beispiel mit Business Angels, zu hebeln.

ProFIT-Frühphasenfinanzierung

Die ProFIT-Frühphasenfinanzierung ist ein recht neues Programm der IBB, welches die oben beschriebene Projektfinanzierung komplementiert, aber auch unabhängig davon beantragt werden kann. Mit der Frühphasenfinanzierung können Startups, die ein Innovationsprojekt starten wollen, ihre Infrastrukturkosten fördern lassen. Das Programm umfasst Personal-, Investitions- oder Materialausgaben, die nicht in direktem Zusammenhang mit dem Innovationsprojekt stehen (siehe Abbildung).

Mit der Kombination aus einem nicht-rückzahlbaren Zuschuss und einem zinslosen Darlehen (insgesamt maximal 200.000 Euro) in der Vorbereitungsphase des Innovationsprojektes, und einem zinsgünstigen Darlehen (maximal 300.000 Euro) in der zweiten Phase parallel zum Innovationsprojekt, können erfolgreiche Antragssteller insgesamt bis zu 500.000 Euro Förderung erhalten, um ihren Overhead und die Infrastruktur zu finanzieren.

Innovationsassistent

Ein in der Berliner Startup-Szene sehr beliebtes Programm ist der Innovationsassistent der IBB. Bei erfolgreicher Antragstellung können bis zu zwei Hochschulabsolventen (bis zwei Jahre nach deren Abschluss) pro Jahr eingestellt werden. Ihre Lohnkosten werden jeweils mit 50 Prozent und bis zu 20.000 Euro bezuschusst. Voraussetzungen sind die Schaffung von neuen Stellen im Unternehmen sowie ein innovatives und technologisches Arbeitsumfeld – was bei sehr vielen Startups kein Hindernis darstellen dürfte. Der Innovationsassistent ist ein geeignetes Programm, um die IT-Teams von Tech-Startups zu verstärken.

Weitere Forschungsprogramme

Zwei weitere zu beachtende Programme im Bereich Forschung und Entwicklung sind KMU Innovativ und ZIM, die sich beide an die Spitzenforschung in der Wirtschaft und meist an bereits bestehende Unternehmen richten. Wenn bestimmte Kriterien erfüllt werden, können sich aber auch Startups bewerben. Auf europäischer Ebene sollten sich Startups aus der Spitzenforschung das Programm Horizon 2020 anschauen. Für Gründer, die aus einer der Berliner Universitäten heraus gründen möchten, kann auch das Stipendienprogramm Exist relevant sein.

Bild: Gettyimages/Yvan Cohen


Wirtschaftsförderung

GRW Förderung

Mit dem GRW-Programm („Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“) bezuschusst die IBB Investitionsvorhaben. Die Förderung beginnt bereits bei einem Investitionsbetrag von 10.000 Euro für Anlagegüter, die bei einer Errichtung- oder Erweiterung einer Betriebsstätte, Diversifizierung der Produktion oder grundlegenden Änderung des Produktionsprozesses benötigt werden.

Wenn Unternehmen vorweisen können, dass mit dieser Investition gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen werden und die geschäftlichen Aktivitäten überregional sind, können bis zu 30 Prozent solcher Investitionen gefördert werden.

Startup-Kredite

Darlehen werden oft außer Acht gelassen. Dabei können sie in bestimmten Fällen eine ansprechende Alternative zu Beteiligungsinvestitionen sein. Klassische Kredite sind für Startups zwar schwer zu bekommen, aber es gibt verschiedene Förderdarlehen, sowohl bei der KfW-Bank als auch bei der IBB, die verschiedene Finanzierungslücken füllen können – vom kleinen Mikrokredit über 25.000 Euro, zum Beispiel für die Unternehmensgründung, bis hin zu mehreren Millionen Euro Innovationskredit.

Beratungsförderung

Durch die Professionalisierung der Startup-Szene entstehen immer mehr Experten, sowohl in technologischen als auch in strategischen Bereichen. Es gibt Programme, die zertifizierte Berater an Startups vermitteln und die Kosten anteilig übernehmen. Besonders beliebt sind der Coaching BONUS und das Programm der BAFA (früher KFW).

Beteiligungsprogramme

Sowohl die IBB als auch die KfW bieten in ihren Beteiligungsgesellschaften Co-Finanzierungen, meist für junge Tech-Startups, an. Beide Anbieter sind etablierte Institutionen in der Berliner Kapitalszene und sollten von Gründern in Erwägung gezogen werden.

Weitere Programme

Wenn man sich die Fördermittel-Landschaft auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene anschaut, erkennt man schnell, dass es noch hunderte weitere Programme gibt – von kleinen Programmen zur Unterstützung von Patentanmeldungen, Messeständen oder Internationalisierungsvorhaben bis hin zur High-Tech-Förderung in Nischen-Sektoren.

Fazit

Fördermittel können also ein lohnender Teil der Finanzierungsstrategie sein und Seed-Finanzierungen ergänzen. Den Antrag zu stellen, kann sehr bürokratisch und aufwendig sein. Doch vor allem wer mehr Anteile behalten möchte und Zeit für die Forschung und Entwicklung braucht, sollte sich die größeren Programme zu Herzen nehmen. Als erstes sollten Gründer dazu wissen, wofür sie das Geld eigentlich brauchen. Sobald dies geklärt ist, kann auch eine smarte Fördermittelstrategie entwickelt werden.

Bild: Gettyimages/Yvan Cohen