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RalfWenzel1216 Foodpanda-CEO Ralf Wenzel

Bescheidenes Ende für einen einstigen Rocket-Musterschüler? Als Foodpanda im Dezember von Konkurrent Delivery Hero in einem Aktientausch übernommen wurde, waren die Urteile hart. Viele spekulierten, die Investoren hätten Foodpanda zu einer niedrigen Bewertung weitergereicht, für weniger als die zuletzt kommunizierten 570 Millionen Euro.

Jetzt widerspricht Foodpanda-CEO Ralf Wenzel: Im Gründerszene-Interview äußert er sich erstmals zu den Hintergründen der Transaktion. Er blickt zurück auf die Entwicklung von Foodpanda seit der Gründung 2012. Und Wenzel erklärt, wie es weitergehen soll, welche Pläne es mit der neuen, milliardenschweren Muttergesellschaft Delivery Hero gibt.

Ralf, wie bewertest du den Verkauf an Delivery Hero?

Ich bewerte ihn als super positiv. Beide Unternehmen kennen sich schon lange. Beide Unternehmen sitzen in Berlin und sind weitgehend komplementär aufgestellt, was die Regionen angeht. Insofern gab es schon länger den Gedanken, etwas mehr zusammen zu machen.

Was bedeutet der Zusammenschluss nun?

Wir können gemeinsam ein starkes Team aufstellen. Das ist in dieser Branche besonders wichtig: Man kann kaum zu viel managen, nur zu wenig. Delivery Hero bringt eine operative Schlagkraft mit, Foodpanda unterhält weltweit eine technologische Plattform. Zusammen macht das ein starkes globales Unternehmen, das eine realistische Chance hat, nicht nur mit Silicon-Valley-Größen mitzuhalten, sondern sogar erfolgreicher zu werden. Gemeinsam haben wir zukünftig außerdem die Möglichkeit, mehr Kapital aufzunehmen.

Woher kam die Initiative für den Verkauf?

Die kam von Niklas [Östberg, CEO von Delivery Hero] und mir. Wir kennen uns wie gesagt schon eine ganze Weile und hatten eine Vision, wie es für beide Firmen gemeinsam weitergehen kann.

Über den Kaufpreis wurde viel spekuliert. Viele gingen davon aus, dass er deutlich niedriger als Rockets letzte Bewertung von Foodpanda über 570 Millionen Euro war.

Die Bewertung von Foodpanda war absolut marktüblich und deutlich entfernt von den Schätzungen, die bei Gründerszene zu lesen waren. Insgesamt muss man einfach berücksichtigen, dass die Gegenleistung in Aktien bestand. Insofern ist die Bewertung eine Relation der Werte der beiden Gesellschaften. Die absolute Bewertung ist nicht sonderlich relevant.

Die Zeichen deuten aber auf einen niedrigeren Preis. Wenn man die letzten öffentlichen Bewertungen von Foodpanda und Delivery Hero zugrunde legt, hätte Rocket Internet für seinen Anteil an Foodpanda im Aktientausch mehr als nur einen Prozent zusätzlich an Delivery Hero bekommen müssen. Das ist aber nicht der Fall. Wurden unterschiedliche Shareholder bei dem Deal unterschiedlich berücksichtigt?

Dazu kann ich nichts sagen.

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Bleibt Foodpanda langfristig als Marke bestehen?

Ja. Foodpanda ist und bleibt unsere Marke in Asien und wir werden in den Ländern bleiben, in denen wir aktiv sind und dort unsere jeweiligen Marken weiterführen.

Heute unterhält Foodpanda deutlich weniger Märkte als im vergangenen Jahr: 22 statt 40. Warum kauft man Märkte hinzu und stößt sie wieder ab?

Unter den 40 Märkten waren noch die afrikanischen Länder, die eigentlich zur Africa Internet Holding gehören. Foodpanda hat den Geschäften einige Dienstleistungen zur Verfügung gestellt, also haben wir in der Vergangenheit diese mehr als zehn afrikanischen Länder mitgezählt.

Von den Ländern, die wir akquiriert haben, haben wir keins geschlossen. Die Geschäfte in der Ukraine und in Aserbaidschan waren sehr klein und die Gründe für die Schließung waren politisch. Indonesien und Vietnam waren die einzigen Länder, aus denen wir uns vor allem aus wirtschaftlichen Gründen zurückgezogen haben. In Vietnam waren beispielsweise die jungen Leute sehr online-affin, Restaurants aber noch gar nicht. Insgesamt waren die Umsätze in beiden Märkten verschwindend gering und der Aufwand dort zu hoch, als dass es sich gelohnt hätte, aktiv zu bleiben. Das heißt aber nicht, dass sich das in Zukunft nicht wieder ändern kann – die Märkte sind beide noch sehr jung.

Warum habt ihr das Geschäft in Russland verkauft? Das war alles andere als klein und hat nach euren Angaben zuletzt zehn Prozent des Foodpanda-Umsatzes ausgemacht.

Als wir damals expandiert sind, haben wir angenommen, dass wir in allen Ländern ähnliche rechtliche Bedingungen haben werden. Als Unternehmer ist man da gerne mal pragmatisch. Wir haben festgestellt, dass das nicht der Fall ist. Aktiv haben wir nicht nach einem Käufer gesucht, mehrere Parteien sind aber mit guten Angeboten auf uns zugekommen. Da die politische Lage in Russland zuletzt eher unsicherer wurde, haben wir ein gutes Angebot gerne angenommen.

Brauchtet ihr das Geld aus dem Verkauf?

Nein, wir hatten noch genug auf dem Konto und die 100 Millionen Dollar aus dem Russland-Verkauf sind noch oben drauf gekommen. Außerdem haben wir einige Märkte, die profitabel sind, insofern hält sich der Investmentbedarf in Grenzen.

Inwiefern hat Rocket Internet als Hauptinvestor strategische Entscheidungen beeinflusst?

Eigentlich wenig, auch wenn das sicherlich von außen manchmal anders aussieht. Wir haben entschieden, in welche Länder wir gehen; wir haben entschieden, welche wir nicht mehr betreiben. Wir haben auch entschieden, in welche Länder wir mehr und in welche wir weniger investieren. Natürlich gab es wie überall Diskussionen mit allen Shareholdern, da haben wir bestimmte Erwartungen abgesteckt, was das Wachstum insgesamt angeht.

Einer eurer Anteilseigner war seit 2015 die Investmentbank Goldman Sachs. Gab es da konkrete Pläne, Foodpanda an die Börse zu bringen?

Nein, dazu sind wir auch noch zu klein.

Steigt Goldman nicht üblicherweise bei Unternehmen ein, die an die Börse streben?

Na, das musst du Goldman Sachs fragen. (lacht) Goldman hat aber natürlich verschiedene Fonds und gerade der, der bei uns investiert ist, ist auf Internetfirmen in verschiedenen Phasen konzentriert. Das war also sicherlich nicht die Intention.

Delivery Hero und Foodpanda hatten sich in der Vergangenheit diverse Märkte aufgeteilt, um sich nicht in die Quere zu kommen. Wie bewertest du diese Aufteilung im Nachhinein?

Das kann ich nicht kommentieren. [Anm. d. Red.: Ein Sprecher verweist auf diese Mitteilung.]

Nach dem, was ihr im Sommer kommuniziert habt, ist Asien als die größte von euren drei Regionen noch nicht profitabel.

Vereinzelte Länder in Asien sind profitabel, zum Beispiel Pakistan, Thailand oder auch Bangladesch. Auf der anderen Seite haben wir in Asien ein großes Wachstumsmomentum, etwa Singapur und Hongkong sind in den letzten zwölf Monaten um 300 Prozent gewachsen, vor allem durch wiederkehrende Kunden. Die Marke Foodpanda wird dort sehr gut wahrgenommen und ist dort schon zum Synonym für Food Delivery geworden. Also investieren wir da weiter stark in Marketing.

Außerdem gibt es noch viele große Städte in Thailand, Malaysia und anderen Ländern, wo wir noch nicht aktiv sind. Wir sind noch im Expansionsmodus. Würden wir den drosseln, wären wir in anderen Ländern bereits deutlich profitabler.

foodpanda
foodpanda Foodpanda-Roller in Hongkong

Wann wollt ihr insgesamt profitabel werden?

Für uns ist klar, dass wir 2017 so weitermachen wollen und uns auf das Wachstum konzentrieren. Wir haben Osteuropa und den Nahen Osten als profitable Regionen, eine gute Cash-Ausstattung und damit die Flexibilität, in Asien weiter zu expandieren. Wir wollen signifikant größer werden als noch 2016.

Ihr seid in teilweise sehr schwierigen Märkten aktiv. In Indien sollen zum Beispiel Betrügereien ein großes Problem gewesen sein.

Am Anfang sind wir mit dem Gedanken in die Länder gegangen, dass wir einen Marktplatz bauen, der sich selber managt. Wie bei Ebay, Kunden und Verkäufer werden sich schon finden. Nun ist es aber in vielen Märkten so, dass die Disziplin auf der Verkäuferseite, also den Restaurants, nicht so ist, wie man sie sich vorstellt. Mit dem westlichen Gedanken, dass der Markt und die Plattform sich schon regulieren werden, kann man hier nicht das beste Kundenerlebnis sichern.

Wir mussten viel mehr kontrollieren, als wir ursprünglich dachten. Also mussten wir unser Konzept überdenken und zu einem „Managed Marketplace“ werden. Wir haben in den letzten anderthalb Jahren unsere Plattform neu entwickelt und unsere Prozesse geändert. Wir checken genau, welche Restaurants auf die Plattform kommen, prüfen regelmäßig ihre Qualität und ihre Schnelligkeit. Mehren sich Probleme, wird das festgehalten und wir nehmen Restaurants auch schnell wieder von der Plattform. Nach sicherlich viel Mühe und Aufwand haben wir Indien nun zu einem guten Geschäft entwickelt.

Seid ihr zu schnell gewachsen?

Nein, ich glaube nicht, dass wir zu schnell gewachsen sind. Ich glaube, dass wir am Anfang die Vorstellung hatten, ein offener Marktplatz sein zu können und dann gerade 2015 viel Kraft aufwenden mussten, um das Ganze in einen kontrollierten Marktplatz umzuwandeln. Dass das funktioniert, sieht man an unseren verringerten Verlusten.

Foodpanda vermittelt nicht nur Lieferdienste auf seiner Plattform. Ihr unterhaltet auch eine eigene Logistikflotte, die das Essen von Restaurants ohne eigenen Lieferdienst ausfährt – wie bei Foodora oder Deliveroo. Wie groß ist der Anteil des Logistikgeschäfts an eurem Business?

Das ist in jedem Land unterschiedlich. In Singapur sind es zum Beispiel 80 Prozent, in Indien sind es etwa 35 Prozent. In manchen osteuropäischen Ländern ist dann der Anteil gering, bei unter zehn Prozent.

Sind das dann die Ländermärkte, die profitabel sind?

Naja, nicht unbedingt. Zum Beispiel in Thailand sind über 90 Prozent der Lieferungen mit eigener Logistik. Die Profitabilität ist vor allem davon abhängig, wie lange wir schon in einem Land aktiv sind und wie stark wir ins Wachstum investieren.

Der Logistikmarkt gilt doch als sehr teuer, wie schafft ihr das?

Die Komplexität ist natürlich hoch. Wir nehmen bei Lieferungen mit eigenen Fahrern eine höhere Gebühr von den Restaurants als bei reinen Vermittlungen von Bestellungen über den Marktplatz. Je mehr Fahrten es dann gibt, umso lohnender wird das Geschäft. Natürlich muss man am Anfang viel in den Aufbau der Logistik investieren, aber das Geschäft generiert eine deutlich höhere Kundenzufriedenheit. Der Kunde kommt also häufiger zurück als beim reinen Marktplatz-Modell. Ich kann zwar nicht sofort, aber nach einiger Zeit ein deutlich nachhaltigeres Geschäft damit aufbauen.

Würdest du heute generell etwas anders machen?

Hätte ich nochmal die Möglichkeit, an den Start zu gehen, dann würde ich am Anfang sicherlich noch einen stärkeren Fokus auf das Produkt und die Prozesse legen. Nuancen und Details spielen eine große Rolle, die darf man nicht vernachlässigen. Perfektionistisch ist Foodpanda sicherlich erst in den letzten zwei Jahren geworden.

Danke für das Gespräch, Ralf.

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