3 Gründe, warum Frauen so selten gründen - scale11

Die Frauenquote steigt – langsam

Frauen, die gründen? Keine Ausnahme mehr – aber auch noch keine Normalität in der testosterongeladenen Startup-Szene in Deutschland. Der Deutsche Startup Monitor 2016 hat gezeigt: Der Anteil der Gründerinnen stieg im letzten Jahr auf gerade einmal 13,9 % an. Damit liegt Deutschland noch unter dem europäischen Durchschnitt von 14,7 % an weiblichen Gründern.

Auch die internationale Tech-Branche ist nicht unbedingt bekannt dafür, vor Frauenpower zu strotzen. Zwar steigen auch hier die Quoten – von einem Gleichgewicht ist aber noch nicht zu sprechen. Von Macho-Kultur und Silicon-Valley-Sexismus ist stattdessen die Rede: Sogar dem Vorzeigekind Google wurde erst kürzlich vorgeworfen, Frauen weniger zu zahlen als ihren männlichen Kollegen. Und: Nur rund 10 % der Manager im Valley sind weiblich.

3 Herausforderungen für Gründerinnen

Dass Frauen in der Digital- und Gründerszene unterrepräsentiert sind, ist kein Geheimnis. Aber: Woran liegt das?

1. Die traditionelle Rollenverteilung

Der Mann ist für Technik, Handwerk und Finanzen verantwortlich; die Frau kocht, putzt und kümmert sich um die Kinder. Völlig konservativ und überholt? Stimmt – trotzdem zieht sich diese Arbeitsaufteilung noch immer durch unsere Gesellschaft und Köpfe, wenn auch unterbewusst. Unglaublich, aber wahr: Erst nach 1977 durften Frauen ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes arbeiten gehen. Und das ist noch gar nicht so lange her.

Die heutige Digitalszene geizt ebenfalls mit weiblichen Unternehmer-Vorbildern. Während sich viele Männer auf den Tech-Bereich fokussieren, bleiben Frauen doch lieber in „gewohnten Gefilden“ wie Mode oder Beauty. Diese Rollenverteilung, in die sich viele Frauen unbewusst einfügen, hat ihren Ursprung oftmals schon in Schulzeiten: Dass sie in naturwissenschaftlichen Bereichen weniger bewandert sind, wird von vielen als „angeboren“ akzeptiert. Das pink-blaue Denken zieht sich bis ins Studium: Nur 23 % der Informatikstudenten in Deutschland sind weiblich.

Die gute Nachricht
Zahlreiche Initiativen haben dieses Problem erkannt und treten nun an Schülerinnen und Studentinnen heran, um ihnen die Themen IT, Tech und Coding schmackhaft zu machen – und ihnen die Selbstständigkeit als interessante Option für die Zukunft aufzuzeigen.

2. Finanzielle Unsicherheiten – und Ungerechtigkeiten

Die Unsicherheit, was das Thema Entrepreneurship betrifft, führt viele Frauen eher in ein sicheres Angestelltenverhältnis als in die Existenzgründung. Die Frauen, die sich tatsächlich selbständig machen, gehen um einiges zögerlicher an die Sache heran: Sie spielen ihre Ideen länger theoretisch durch, sind sicherheitsorientierter und stecken sich realistischere Ziele als ihre männlichen Kollegen.

Das gilt vor allem für den finanziellen Teil der Gründung – der Trend geht hier zur Gründung durch Eigenkapital. Und das nicht zuletzt, weil Frauen, wenn es an die Verteilung von Wagniskapital geht, oft zu kurz kommen. Wissenschaftler der Universität Harvard haben belegt, dass vorherrschende Geschlechterklischees ein Grund dafür sind, warum Frauen weniger VC bekommen. Der winzige Frauenanteil von knapp 4 % unter internationalen Risikokapitalgebern kann daran wenig ausrichten.

Die gute Nachricht
Der Frauenmangel in der Tech-Branche und ihr erschwerter Zugang zu Risikokapital ist in den letzten Jahren zu einem Reizthema geworden. Einige Venture-Capital-Geber diskutieren jetzt Wege zur Diversifizierung ihrer von Männern dominierten Branche. Außerdem gibt es immer mehr Initiativen, die Frauen mit den Skills ausstatten, die sie für eine finanziell abgesicherte Gründung brauchen.

3. Der Boys Club und die Einzelkämpferinnen

Ohne ein weitgreifendes Netzwerk geht in der Startup-Szene so gut wie gar nichts. Aufträge, Strategie-Tipps, Kooperationspartner, Geldgeber – wer nicht jemanden kennt, der jemanden kennt, hat wenig Chancen, sein Startup überhaupt ins Rollen zu bringen. Das gilt für Frauen wie für Männer. Allerdings netzwerken Frauen anders als Männer, und aufgrund ihrer unterschiedlichen Voraussetzungen bei der Unternehmensgründung haben sie ganz andere Fragen und Bedürfnisse.

„Es ist definitiv schwieriger für Frauen, in die Unternehmerwelt einzusteigen. Viele Business Deals sind bereits ausgehandelt, die Netzwerke geschlossen. Da ist es schwer als Frau, dem bestehenden Boys Club beizutreten“, so Muthoni Waigwa von Nifty Works Plus, ein Startup, das mit der SheTrades-Initiative des International Trade Centres zusammenarbeitet, um Zugang zu internationalen Märkten zu erhalten. „Frauen werden auf dem Weg ins Unternehmertum viel mehr Steine in den Weg gelegt“, weiß auch Juan Hoya, Berater für Sustainable and Inclusive Value Chains bei SheTrades.

Die gute Nachricht
Netzwerke für Frauen sprießen seit Kurzem förmlich aus dem Boden. Viele von ihnen stehen ausschließlich Frauen offen und widmen sich speziell Fragen zu Karriere und Business, die Frauen beschäftigen.

SheTrades verknüpft Frauen und Gründerinnen auf der SCALE11

Die SheTrades-Plattform wurde von Unternehmerinnen für Unternehmerinnen ins Leben gerufen, um ihnen Zugang zu Märkten zu verschaffen und sich untereinander zu verknüpfen. Auf der SCALE11, dem Startup-Bereich der CEBIT, konnten die Teilnehmerinnen des Programms viele wichtige Kontakte knüpfen.

Um Karrierehindernisse aus den Köpfen der weiblichen Bevölkerung verschwinden zu lassen, müssen Wirtschaft und Politik weiterhin stark reagieren. Zahlreiche Initiativen sind in den letzten Jahren schon aus dem Ungleichgewicht der Geschlechter hervorgegangen. Sie konzentrieren sich unter anderem darauf, Frauen Zugang zu Tech-Ausbildungen zu verschaffen und sie für Tech-Berufe zu motivieren. Zudem wollen sie verstärkt Gründerinnen fördern und vernetzen.

 

Artikelbild: Issa Khari Ife / EyeEm