Gibt es in China eigentlich eine Startup-Szene? Gibt es junge, digitale Gründer, die das Land und seine Wirtschaft verändern werden? Fest steht: In China ist alles etwas anders. Ganz anders. Das merkt man, wenn man mit den Vertretern und Chefs großer chinesischer Medienunternehmen spricht. „Wozu sind freie Wahlen nötig?“, werde ich auf einer hochkarätig besetzten deutsch-chinesischen Konferenz gefragt. „Sie haben doch hier in Deutschland freie Wahlen, aber sind dadurch die Probleme mit Griechenland gelöst worden? Oder mit Putin und der Ukraine?“ Das ist schon schräg – wozu braucht man eigentlich freie Wahlen? – und klingt seltsam fremd in unseren europäischen Ohren. Chinesen haben eine andere Vorstellung von Freiheit, auf die man sich einlassen muss, wenn man das Land besser verstehen will.

Auch in Sachen Wirtschaft ticken die Uhren im Land der knapp 1,4 Milliarden Menschen anders. Es gäbe laut den versammelten Managern aus Fernost eine aufstrebende, junge, digitale Wirtschaft und auch der Mittelstand wachse, aber das Kernproblem sei ein anderes: mangelnder Individualismus und fehlende Kreativität. Es brauche eben einen gehörigen Schuss Verrücktheit und Leidenschaft, um eine erfolgreiche Firma aus dem Nichts zu erschaffen. Typen, die dazu in der Lage sind, seien in China rar gesät. Obwohl es viele riesige und erfolgreiche Digitalunternehmen gibt. In China geht es im normalen Leben vor allem darum, sich der Masse anzupassen und zu funktionieren. Mit diesem pragmatischen Ansatz sind die Chinesen wirtschaftlich sehr erfolgreich. Doch auch sie spüren gerade, dass das nicht immer so bleiben muss. Vor allem, wenn die digitale Revolution auch hier so richtig Fahrt aufnimmt.

Ob man sich darauf einlässt, eine eigene Firma zu gründen, ist auch eine Frage der Mentalität. Einer Mentalität, die in China nicht sehr verbreitet ist. Man schottet sich lieber von als schädlich empfundenen westlichen Einflüssen ab und arbeitet ganz unsentimental auch mit Wladimir Putin oder Nordkorea zusammen, wenn es den eigenen wirtschaftlichen Interessen dient. Doch mit dem Wachsen der Mittelschicht wird auch in China eine selbstbewusstere, individualisierte Gesellschaft entstehen. Die Vertreter der großen Medienhäuser waren jedenfalls sicher, dass sich schnell eine neue Mentalität entwickeln wird, die das Land freier und kreativer macht. Es braucht eben alles seine Zeit in diesem riesigen Land. Eine Revolution wie in den nordafrikanischen Ländern will man unter allen Umständen vermeiden.

Aber auch Individualität und Reichtum schützen nicht vor Misserfolgen. Der Musikstreamingdienst von Jay Z kommt nicht so richtig in die Gänge. Experten behaupten, dass das Millionen-Dollar-Investment des Rappers und Produzenten in Tidal im Grunde schon abgeschrieben werden kann. Im letzten Quartal 2014 soll die Firma fünf Millionen Dollar verloren haben. Zudem fehle es Tidal an Wachstum. Und vor allem werden die zum Start etwas dick aufgetragenen Versprechungen nicht eingehalten. Die Musikgeschichte sollte verändert werden. Konkurrent Spotify sollte überflüssig gemacht werden. Jay Z und seine prominenten Freunde wollten der Musik im digitalen Zeitalter ihren Wert zurückgeben. Davon ist bis heute nichts eingelöst. Jay Z wird in vielen Foren nur noch als böser Zyniker beschrieben, der sich und seinen reichen Musikerfreunden die Taschen vollstopfen wollte. Alles wartet jetzt auf den Start des Streamingdienstes von Apple. Die werden sich die Fehler von Tidal genau angeschaut haben.

Apple hat sich diese Woche auch in Sachen Augmented Reality bewaffnet und übernimmt für einen nicht genannten Kaufpreis das Münchner Digitalunternehmen Metaio. Apple will damit wohl seine App Maps aufrüsten und dem Nutzer nicht nur die richtige Adresse und Zielführung, sondern auch Zusatzinformationen wie die besten Bars oder Restaurants der Umgebung inklusive der Speisekarten zur Verfügung stellen. Mit ein wenig Fantasie kann man sich ausmalen, was hier noch möglich ist. Außerdem patentierte der Gigant aus Cupertino gerade ein Virtual-Reality-Headset, das die Nutzer an ihr iPhone anschließen können. Wir sind jedenfalls gespannt, was da auf uns zu kommt.

Wir bei Gründerszene sind ja manchmal so pragmatisch wie die Chinesen und freuen uns über Kleinigkeiten. Zum Beispiel das Update der Mytaxi-App. In Zukunft ist es möglich, sich ein Taxi an der Straße oder am Flughafen herbeizuwinken und dann trotzdem mit der App zu bezahlen. So einfach ist es manchmal, uns glücklich zu machen. Noch glücklicher macht uns allerdings das drohende Wochenende. Berlin wird ganz langsam etwas wärmer. Wir stellen unsere Laptops in die Sonne, schlürfen bedächtig unsere laktosefreie Milch, knabbern unsere glutenfreien Biokekse und hören ziemlich gute Musik. Musik wie diese hier:

Sanfter Start mit Duke Garwood. Das ist ja fast schon Blues. Trotzdem gut.

Es gibt zu wenige wie Eric Matthews in unserer Pop-Welt.

Zwei Mod-Götter mit einem Song, ohne den es Britpop wohl nie gegeben hätte.

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