Fynn Kliemann ist auf dem Land in Niedersachsen aufgewachsen. Dort steht auch das Kliemannsland – den alten Hof hat er gemeinsam mit Freunden als Ort für Kreative ausgebaut. 

Er hat ein Album aufgenommen und ein Buch geschrieben, er baut Webseiten, er ist Unternehmer, Youtuber und Handwerker. Die Liste mit den Aktivitäten von Fynn Kliemann ist lang. Zuletzt kaufte er mit dem Musiker Olli Schulz das Hausboot des verstorbenen Gunter Gabriel, jetzt wollen sie es umbauen. Der 29-Jährige hat Erfolg mit seiner Einstellung, scheinbar immer gerade das zu machen, worauf er Lust hat. Insgesamt folgen ihm auf seinen drei Youtube-Kanälen 900.000 und auf Instagram 375.000 Menschen. Im Interview mit Gründerszene erzählt er, womit er das meiste Geld verdient, was er tut, wenn etwas zu scheitern droht und was er über den politischen Aktivismus mancher Youtuber denkt.

Fynn, als was würdest du dich denn am ehesten beschreiben? Musiker, Influencer, Youtuber, Gründer?

Mein eigentlicher Job ist es, mit der Werbeagentur Webseiten zu bauen. Alles andere darum ist eigentlich mehr ein Hobby.

Womit verdienst du das meiste Geld?

Ich verdiene mittlerweile wahrscheinlich am meisten Geld mit Merch. Wir produzieren aber auch viele Filme, womit Geld reinkommt. Aber das Einzige, das wirklich fest ist, ist das Gehalt von der Agentur, das ich jeden Monat bekomme.

Wie sich die Arbeit in Startups und anderen Unternehmen in Zukunft besser organisieren lässt, lest ihr in Kürze in unserem Gründerszene Report „New Work: Was Mitarbeiter heute motiviert“. Mehr darüber erfahrt ihr hier.

Du sagst selbst, dass „Gründen dein Hobby“ ist. Was gründest du gerade?

Jede Woche passiert irgendetwas. Gerade vermarkte ich dieses Boot. Ich habe aber auch eine Produktionsfirma gegründet, und wir produzieren jetzt Serien für Netflix. Gleichzeitig haben wir auch ein Café ausgebaut, wo jetzt Omas Kaffee trinken können. Parallel dazu produziere ich Klamotten für deutsche Bands. Da passiert so viel durcheinander. Jeder Tag ist wild. Bei mir kommt es nicht vor, dass ich ausschließlich ein Sache neun Monate lang mache.

Das klingt nach ganz schön viel Chaos. Wie strukturierst du dich da?

Ja, es ist auch viel Chaos, denn ich bin sehr schlecht strukturiert. Es ist geil, dass ich ein großes Netzwerk habe und Leuten schreiben kann. Wenn ich Hilfe brauche, dann poste ich das bei Instagram und jemand meldet sich. Oder ich rufe irgendwo an und sage: „Hey, das muss jetzt bis heute Abend funktionieren”. Dann klappt das schon immer, aber mit viel Chaos.

Manche Projekte sind oftmals doch schwieriger als gedacht. Wie gehst du damit um?

Jedes Projekt ist viel komplizierter, als man es erstmal angenommen hat, sonst würde man es wahrscheinlich gar nicht erst starten. Ich ärgere mich auch oft darüber, dass ich das angefangen habe. Aber dann komme ich da auch nicht mehr raus, und es ist dann auch eine Frage von Stolz, dass ich das beenden will. Was man da macht? Probleme lösen, bis man fertig ist.

Also immer alles durchziehen, auf Teufel komm raus?

Es heißt ja immer: „Du sollst aus deinen Fehlern lernen, und auch scheitern ist etwas Gutes.“ Aber ich bin noch nie mit irgendetwas gescheitert. Ich habe immer alles so lange gemacht, bis es irgendwann funktioniert hat.

Zum Inbegriff des Scheiterns ist ja das Debakel um das Fyre Festival geworden. Einer der Berater des Festivals tourt mittlerweile mit der Message um die Welt, dass es absolut in Ordnung sei, auch mal zu scheitern. Wie siehst du das?

Beim Fyre Festival hat man gesehen, was alles schief läuft und es trotzdem ignoriert. Probleme zu ignorieren ist nicht die Lösung, und das bedeutet für mich auch nicht, etwas durchzuziehen. Statt ein Tipi und schlechtes Essen bereitzustellen, muss man die Probleme tatsächlich lösen.

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Kurz vor der Europawahl hast du gemeinsam mit Rezo und 70 weiteren Youtubern ein Statement veröffentlicht, das zum Boykott der Regierungsparteien aufgerufen hat. Kann man von dir demnächst auch ein politisches Video erwarten?

So direkt, wie er das in seinem Video getan hat, würde ich das vielleicht nicht sagen. Aber ich habe das befürwortet. Ich hatte mit Rezo vorher Kontakt und habe mit ihm an dem offenen Brief gearbeitet. 

Viele Influencer haben Angst, dass sie Follower verlieren, wenn sie sich politisch äußern. Was sagst du ihnen?

Es ist immer wichtig, das zu sagen, was du sagen möchtest. Je nachdem, in welcher Blase du unterwegs bist, kriegst du dafür auch eher Zustimmung als Ablehnung.

Bild: Georg Räth/ Gründerszene