foxconn, apple

Das Unternehmen Foxconn

Wer regelmäßig Nachrichten rund um Apple verfolgt, kommt an zahlreichen Negativschlagzeilen über den Zulieferer Foxconn nicht vorbei. Ob nun wie jüngst in diesem Jahr Schlägereien und minderjährige Praktikanten oder vor längerer Zeit die Selbstmordwellen unter den Arbeitern. Der Konzern fällt immer wieder negativ auf. Obwohl Foxconn als Zulieferer für zahlreiche Unternehmen agiert, fällt in den meisten Fällen auch der Name Apple. Der Konzern aus Cupertino steht schon seit längerem wegen der Arbeitsbedingungen bei Foxconn im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik.

Hinter Foxconn steckt das taiwanesische Unternehmen Hon Hai Precision Industry Co., Ltd. Auf dem Weltmarkt tritt die Firma allerdings unter dem Namen Foxconn auf. 1974 wurde Foxconn vom jetzigen CEO Terry Gou gegründet. Ursprünglich war die Firma als Hersteller von Kunststoffprodukten tätig, aber Gou erweiterte den Tätigkeitsbereich schnell und heute ist Foxconn weltweit einer der größten Auftragshersteller für Elektronikprodukte.

Mit einem Umsatz von 113 Milliarden US-Dollar (2011) ist Foxconn das größte privatgeführte Produktionsunternehmen Taiwans. Nachdem die Firma 1993 Produktionsstätten auf das chinesische Festland auslagerte – unter anderem nach Shenzhen, Kunshan, Wuhan und Yantai – wurde sie schnell zum größten Exporteur Chinas.

Foxconns Position auf dem Weltmarkt kann sich allemal sehen lassen. 75 Prozent der von Intel verkauften Mainboards werden in den Fabriken der Taiwanesen gefertigt. Weiterhin ist das Unternehmen Weltmarktführer im Bereich Prozessorsockel und PC-Gehäuse. Auch auf dem Markt der Konnektoren und Kühlkörper ist Foxconn unter den Top 5 der Hersteller. Neben den Produktionsstätten in China unterhält Foxconn noch Außenstellen in den USA, Japan und Großbritannien.

Kritik an den Arbeitsbedingungen

Seit 2006 ist Foxconn immer wieder wegen schlechten Arbeitsbedingungen in den Schlagzeilen. Arbeitnehmer würden ausgebeutet und der Druck seitens der Unternehmensführung sei sehr groß. 80 oder mehr Überstunden pro Woche seien keine Seltenheit und die Löhne entsprächen nicht den Anforderungen, die an die Arbeiter gestellt werden. Den Höhepunkt erreichte die Kritik 2010, als eine Selbstmordserie unter den Arbeitern den Konzern erschütterte. Foxconn reagierte mit Lohnerhöhungen und erhoffte sich daraus „eine positivere Lebenseinstellung der Angestellten“.

Im Jahr 2011 war Foxconn unter den Nominierten für den unbeliebten „Public Eye Award“. Mit dem Award werden Konzerne ausgezeichnet, die sich besonders unverantwortlich gegenüber Menschen und Umwelt zeigen. Die Kritik an den Arbeitsbedingungen bei Foxconn setzt sich bis heute fort. Jüngste Beispiele stellen die Beschäftigung von Minderjährigen Praktikanten als Arbeiterersatz, sowie das Zwingen von Studenten an der Fertigung des iPhone 5 mitzuwirken dar.

Die Studie der FLA

Mitte Januar 2012 trat Apple der Fair Labor Association (FLA) bei, einer amerikanischen NGO, mit dem Ziel, die Arbeitsbedingungen weltweit zu verbessern. Die FLA startete daraufhin eine Studie über die Arbeitsbedingungen bei Foxconn, die am 23. März 2012 veröffentlicht wurde.

Im Ergebnis kam die FLA zu der Ansicht, dass die Arbeitsbedingungen bei Foxconn weniger schlecht seien, als allgemein befürchtet wurde. Es gäbe aber dennoch „mehrere umfassende Probleme“, die vor allem die Bereiche Überstunden, Entlohnung und Sicherheit betreffen. Dabei orientierte sich die FLA am chinesischem Arbeitsrecht und verglich nicht mit internationalen Standards.

Foxconn versprach, sich der Probleme anzunehmen. Scheinbar hat man dies auch getan. Bei einer Follow-Up-Untersuchung im August zeigte sich die FLA zufrieden mit den Veränderungen, die Foxconn seit der Veröffentlichung der Studie vorgenommen hat. 80 Prozent der unterbreiteten Vorschläge seien bereits umgesetzt worden.

Die Rolle von Apple

Apple lässt nahezu alle Endprodukte bei Foxconn herstellen. Der iPhone-Fertiger hat sich innerhalb des letzten Jahrzehntes zum wertvollsten Unternehmen der Welt entwickelt und es ist daher zu einem gewissen Grad verständlich, dass die Weltöffentlichkeit und die Medien immer als erstes nach Cupertino schauen, wenn es um Foxconn geht. Dabei sollte man aber stets berücksichtigen, dass Apple nicht der einzige Kunde von Foxconn ist. In den Auftragsbüchern des Unternehmens finden sich regelmäßig Namen wie Amazon, Acer, Sony, Cisco, Intel, Nintendo, Microsoft und nahezu allen anderen großen IT-Unternehmen.

Nun kann man diskutieren, inwieweit die Auftraggeber die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen bei Foxconn tragen. Im Endeffekt ist das jedoch ein schwacher Versuch, die Verantwortung im wahrsten Sinne des Wortes abzuschieben. Aus rein wirtschaftlicher Sicht tragen Apple, Amazon und Co keine Verantwortung für die Arbeiter von Foxconn. Schließlich sind die Unternehmen reine Kunden des taiwanesischen Fertigers.

Apple-Chef Tim Cook besucht die Foxconn-Werke

Apple stellt sich der Verantwortung

Aber die Beziehung zwischen Foxconn und seinen Großkunden ist nun mal nicht nur auf die Wirtschaftlichkeit beschränkt. Jedes Unternehmen, das bei Foxconn produzieren lässt, hat allein schon eine ethische Verantwortung dafür, dass die Arbeiter, die die Geräte herstellen unter humanen Bedingungen arbeiten können. Schließlich macht man sich das niedrige Lohnniveau in China zu Nutze, um kostengünstige Produkte produzieren zu lassen.

Apple jedoch stellt sich dieser Verantwortung mehr und mehr. Vor dem Beitritt zur FLA und der damit verbundenen Untersuchung der Foxconn-Werke hatte Apple bereits seine gesamte Zuliefererkette veröffentlicht und Stellung zu den Arbeitsbedingungen genommen. Das Unternehmen kümmerte sich aktiv um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und sorgte darüber hinaus für mehr Transparenz, auch wenn CEO Tim Cook schon damals wusste, dass es noch viel zu tun gäbe.

Nachdem der Bericht der FLA dann veröffentlicht wurde, nahm Tim Cook sich die Zeit, persönlich von den Bedingungen in den Foxconn-Werken zu überzeugen. Es ist erfreulich, zu sehen, dass Apple seiner Verantwortung unter der Führung von Cook verstärkt nachkommt. Tim Cook hat eine gute Einsicht in die Zuliefererkette, schließlich hat er diese vor seiner Zeit als CEO von Apple komplett neu aufgebaut.

Man muss sich aber auch die Frage stellen, ob die erhöhte Aufmerksamkeit, die Apple Foxconn und den Arbeitsbedingungen in deren Werken schenkt, eventuell ein Produkt der Tatsache ist, dass Apple in nahezu allen Artikeln über die schlechten Bedingungen bei Foxconn erwähnt wird. Die Aktivität Apples in Richtung einer strengeren Kontrolle der Zulieferer ist sicherlich auch alles andere als schädlich für die Image-Pflege des Konzerns.

Outsourcing: Fluch und Segen der Globalisierung

Apples Methode, die Endgeräte im asiatischen Ausland fertigen zu lassen, ist nicht neu. Outsourcing ist ein weit verbreitetes Phänomen in unserer globalisierten Welt. Die Praktik, unter preisgünstigeren Bedingungen im Ausland produzieren zu lassen, gehört heute fest in die Wirtschaftswelt.

Doch sind es wirklich nur die billigeren Produktionskosten, die Apple dazu treibt, in China von Foxconn produzieren zu lassen? Die New York Times hat sich in einem sehr lesenswerten Artikel mit dieser Frage auseinandergesetzt. Im Ergebnis wird festgestellt, dass die geringen Produktionskosten natürlich eine Rolle spielen. Aber es gibt auch viele Gründe, die mit dem Kostenfaktor nichts zu tun haben. So ist Apple der Meinung, dass die hohe Anzahl an Produktionsstellen sowie die Flexibilität, Arbeitsmoral und das Know-How der chinesischen Arbeiter für derartige Produktionsvorhaben, wie Apple sie hat, einfach besser geeignet ist.

Neben dem daraus entstehenden Nachteil für die amerikanische Wirtschaft muss man auch berücksichtigen, dass Apple in China und von den Foxconn-Arbeitern nicht als „der Unterdrücker aus dem Westen“ gesehen wird. Vielmehr sichern die Aufträge der Großkunden Foxconns die Arbeitsplätze der Arbeiter. Und auch wenn es für uns schwer nachvollziehbar sein mag, gibt Foxconn seinen Angestellten einen sicheren Job, der oftmals besser als die Alternativen ist. Sicher ist das kein Grund, die Diskussion um die Arbeitsbedingungen nicht zu führen. Aber wer diese Diskussion führen möchte, sollte sich vorerst klar machen, dass die Welt nun mal nicht so schwarz-weiß ist, wie wir sie manchmal gerne sehen.

Die Verantwortung des Kunden

Die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen bei Foxconn und anderen asiatischen Unternehmen hört nicht bei den Auftraggebern auf. Auch der Kunde, der letztlich eines der Geräte ersteht, trägt einen – wenn auch kleinen – Teil der Verantwortung. Die niedrigen Produktionskosten resultieren in geringeren Gerätekosten. Die Frage steht im Raum, ob Apples Kunden auch bereitwillig 300 Dollar mehr für ihr iPhone zahlen würden, nur um zu wissen, dass das Gerät in den USA oder Europa produziert wurde.

Dies bedeutet nicht, dass es zwingend ein guter Schritt wäre, Apples Produkte wegen der Problematik rund um Foxconn zu boykottieren, denn die Effekte von Outsourcing betreffen große Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen und gerade Foxconn spielt eigentlich eine Rolle für fast jedes Technologieprodukt. Dem Teufelskreis aus Produktion, Verkauf und Verkaufspreis kann man sich als Individuum nur schwer entziehen. Nur muss man sich bewusst sein, dass man mit jedem gekauften iDevice, Smartphone oder Mainboard seinen Beitrag zu Foxconn und den Bedingungen leistet, unter denen dort gearbeitet wird. Das ist, wie bereits gesagt, nicht nur negativ zu sehen. Aber es ist eine Verantwortung, der man sich bewusst sein sollte.

Fazit: Niemand kann sich der Verantwortung entziehen

Die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen bei Foxconn liegt also bei uns allen. Sowohl bei den Unternehmen, die ihre Produkte bei Foxconn in Auftrag geben, als auch bei den Kunden, die die Geräte letztlich kaufen. Umso schwerer verständlich ist es, dass in der Berichterstattung rund um Foxconn der Fokus fast ausnahmslos auf Apple als Kunden liegt, ja sogar meistens von Foxconn als „Apple-Zulieferer“ die Rede ist.

Dies kann im Endeffekt nur daran liegen, dass Apple als „Kultunternehmen“ stark im Fokus der Öffentlichkeit steht. Die Firma polarisiert, und Nachrichten mit Apple in der Überschrift verkaufen sich gut. Genauso wie Themen, die in der Öffentlichkeit für Empörung sorgen. Die Kombination aus beidem resultiert in „guten“ Nachrichten. Die Rolle der Medien in diesem Fall ist daher durchaus kritisch zu sehen, da der Fokus von der Verantwortung der Allgemeinheit auf die Verantwortung eines einzelnen Auftraggebers verschiebt.

Bild: picture alliance, dpa, Apple