Startups wie Just Spices mischen den Gewürzmarkt auf

Man kann es sich ja gar nicht mehr vorstellen. Aber Gewürze wurden noch in den späten sechziger Jahren per Hand vom Kolonialwarenhändler abgewogen, in Papptütchen gefüllt und verkauft. Bis der Unternehmer Dieter Fuchs eine echte Innovation auf den Markt brachte. Eine bunt gestaltete, handliche Aufbewahrungungsbox aus Plastik für die heimische Küche mit einem praktischen Dosierungsmechanismus. Das sind die kleinen Löcher in der Dose.

Um diese Döschen an den Kunden zu bringen, erfand Fuchs noch ein Gewürzregal für den Lebensmittelhandel, in dem das gesamte Sortiment präsentiert werden konnte. Dort steht es seitdem in ähnlicher Form noch immer. Und dort finden wir immer noch Gewürze aus dem Hause Fuchs. Zum Beispiel von der Untermarke Ostmann. Viel passiert ist in all den Jahren auf dem Gewürzmarkt also nicht. Obwohl die Deutschen immer mehr Gewürze verbrauchen. Zuletzt waren das laut Statista um die 66.000 Tonnen im Jahr. Doch jetzt kommt wieder frischer Wind in den Markt. Dafür sorgen einige Startups, die sich intensiv mit Gewürzen beschäftigen.

Die jungen Unternehmer haben verstanden, dass es beim Kochen nicht mehr um „unkompliziert“ und „schnell“ gehen muss. Mit diesen Attributen wirbt die Firma Ostmann immer noch auf ihrer Website. Die neue Generation beschäftigt sich ausführlicher mit dem Thema Essen. Das darf auch gerne etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen und kompliziert sein.

Denn Kunden von heute wollen verstehen, woher die Produkte kommen und wie sie hergestellt wurden. Man ist bereit, mehr Geld und Zeit zu investieren, wenn es sich um handverlesene Qualität handelt. Startups wie Ankerkraut oder Just Spices dokumentieren auf ihren Websites die Arbeit in den Anbaugebieten der Gewürze. Bei Just Spices heißt es zum Beispiel: „Deshalb sind wir um die Welt gereist, haben Menschen gesucht, die für uns kochen, und die Gewürze dieser unglaublich leckeren Gerichte waren der Startschuss für unsere bunten Dosen. “ Alles sei „mit Liebe“ gemacht und ausgesucht. „Biologisch, nachhaltig und handgemacht“. Eben viel „besser als Supermarktware“.

Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker sucht man vergeblich in den Gewürzen. Auf der Website von Ostmann erfährt man dagegen gar nichts über die Zusammensetzung oder Herkunft der Produkte. Bleibt nur noch die Frage, ob man tatsächlich Unterschiede schmeckt. Oder handelt es sich einfach um eine modernere Vermarktung, stilvollere Verpackung und schlauere Präsentation?

Ein völlig subjektiver Test, ohne jeden Anspruch auf Objektivität, zeigt: Auch beim Thema Gewürze isst das Auge mit. Die hübschen Tiegel von Ankerkraut machen einfach mehr Spaß als die Plastikdöschen von Ostmann. Der Inhalt scheint auch intensiver und leckerer zu riechen. Oder ist das nur Einbildung? Für 109 Gramm Fleur du Sel ruft Just Spices 5,55 Euro auf. Dann muss es ja wohl gut schmecken. Oder sogar sehr gut? Es dauert bestimmt nicht mehr lange, bis es die ersten Läden in Berlin gibt, die Gewürze wieder in Tütchen abwiegen und verkaufen. Wie vor 50 Jahren.

Dieser Text erschien zuerst im Juni 2017 in unserem NGIN-Food-Heft. Hier geht es zum Magazin!

Bilder: Chris Marxen | Headshots-Berlin.de