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Nam Nguyen von dem GIF-Startup Giphy

Im Frühjahr führte Facebook bei der Kommentarfunktion einen GIF-Button ein. Dahinter verbirgt sich ein Startup aus New York, das sich innerhalb von vier Jahren zu einem der einflussreichsten Social-Media-Unternehmen entwickelt hat: Giphy ist zugleich Suchmaschine, Datenbank und Produzent für animierte Bildchen – und prägt mit täglich über 1,5 Milliarden geteilten GIFs die visuelle Kommunikation von WhatsApp über Slack bis Twitter.

Leif Kramp und Stephan Weichert sprachen mit Nam Nguyen, 30 Jahre alt und Leiter des Plattformgeschäfts von Giphy, über die Zurückhaltung des Unternehmens vor der Vermarktung seines Geschäftspotenzials, den Schlüssel zur Kommunikation von jungen Mediennutzern und die bildgeprägte Zukunft des Journalismus. Das Interview ist eines von 19 Interviews mit Medienmachern aus dem Buch „Der Millennial Code. Junge Mediennutzer verstehen – und handeln“, das am 11. September im Vistas Verlag erschienen ist.

Welche Konzeptidee steckt hinter Giphy?

Als ich vor knapp vier Jahren zu Giphy kam, waren wir zu acht. Damals war uns klar: Giphy hat GIFs nicht erfunden, die gibt es nun schon seit Jahrzehnten. Wir wussten aber, dass animierte Bilder von Nutzern untereinander geteilt werden, ob bestimmte Plattformen dies unterstützen oder nicht. Ich habe GIFs schon früh wie viele andere zum Beispiel per E-Mail oder über iMessage verschickt, weil es mir darauf ankam, was ich damit ausdrücken wollte. Wir haben also eine Plattform entwickelt, die einen starken Bedarf bedienen sollte. YouTube baute eine Plattform für Videos, Spotify für Musik, Instagram für private Fotos, die man miteinander teilen möchte. Und wir haben eine Plattform für GIFs entwickelt, mit deren Hilfe die Menschen kommunizieren können.

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Leif Kramp und Stephan Weichert: Der Millennial Code. Junge Mediennutzer verstehen – und handeln. Leipzig: Vistas Verlag, 352 Seiten, 15 Euro

Aber war es schon vor vier Jahren nicht etwas vermessen zu glauben, dass eine weitere Plattform im Social Web Erfolg haben könnte?

Klar dachten wir damals auch, dass es verrückt sei, eine eigene Plattform dafür zu bauen. Aber das war es nicht. Fotos werden schon seit Ewigkeiten zur Vermittlung von Nachrichten eingesetzt, Videos auch, Text seit Jahrhunderten. Wir haben aber von Anfang an fest daran geglaubt, dass wir mit GIFs das richtige Format gefunden haben, um damit News und Entertainment gleichermaßen für die Nutzer besser teilbar zu machen. GIFs lassen sich für jegliche Form der Kommunikation einsetzen, nicht nur als Memes mit lustigen Katzen. Mit unserer Plattform haben wir versucht, dieses Vorurteil zu durchbrechen. Und das haben wir geschafft, in dem wir als erster Anbieter die Einbindung der animierten Bilder bei Facebook und Twitter ermöglicht haben und sie dadurch ohne viel Aufwand für alle möglichen Kommunikationskontexte genutzt werden konnten.

Es ging also eher um ein Angebot, das sich einfach in bestehende Dienste integrieren lässt.

Das war schwierig genug. Wir mussten zunächst an einigen Workarounds arbeiten, bis Facebook und Twitter bemerkten, wie sehr unser Service die Interaktion ihrer Nutzer anspornte, und schließlich auf uns zukamen, damit wir eine integrierte Lösung entwickeln. Auf diese Weise haben wir es mit viel Hartnäckigkeit geschafft, GIFs in die Welt des Messaging zu bringen. Das war immer unser erklärtes Hauptziel: GIFs sollten überall verfügbar sein. Der Facebook Messenger erreicht mehr als 900 Millionen Nutzer, von denen 90 bis 95 Prozent wahrscheinlich gar nicht wissen, was ein GIF ist. Sie meinen sogar vielleicht, dass Facebook das Wort GIF gehört. Das tangiert uns nicht, solange sie unsere GIFs teilen.

Was macht den Reiz der animierten Bilder aus – speziell für Millennials?

GIFs sind kurz, lustig und wiederholen sich endlos. Der Erfolg ist nicht weiter verwunderlich, schließlich sind, glaube ich, schätzungsweise 80 Prozent der Internetinhalte humoresk, weil die Menschen Lustiges lieben. Das zementiert sozusagen das Fundament unseres Erfolgs. Giphy ist bekannt als Plattform, auf der man Spaß hat und seine persönlichen Netzwerke daran teilhaben lassen kann. Junge Leute sind kreativ im Umgang mit GIFs. Es sind Nutzer, die GIFs tatsächlich als Medium nutzen. Und es braucht mehr als nur einen Klick auf einen Button, um ein populäres GIF zu erstellen. Millennials sind anspruchsvoll und streben nach Plattformen und Kommunikationsformen, die nicht alle nutzen können. Deshalb werden bestimmte Social-Media-Dienste schnell populär, andere wieder unpopulär. Dabei hasse ich eigentlich den Millennial-Begriff: Er drückt einer hoch heterogenen Generation einen Stempel auf. Das war eine Möglichkeit für die Werbeindustrie, die das junge Publikum nicht verstanden hat, es unter einer Definition zusammenzufassen. Sie wollten nicht eingestehen, dass sie keine Ahnung hatten, was das Publikum möchte.

Geht es also primär nur um Spaß und Unterhaltung, oder bergen GIFs ein größeres Potential bei der Vermittlung von Inhalten?

Ein Video hat einen Anfang, einen Höhepunkt und ein Ende. Das war’s. Die Endlosschleife aber – nehmen wir das Beispiel eines Slam-Dunk beim Basketball – intensiviert den Fokus des Betrachters bei jedem Durchlauf ein wenig mehr. Man nimmt immer neue Details wahr, unsere Aufmerksamkeit erfasst jedes Mal etwas anderes, und in der Summe ist es eine ganzheitliche und dadurch auch erfüllendere Erfahrung. Durch die mehrfache Wiederholung verarbeiten wir das Gesehene besser. Deshalb nutzen auch viele Eltern und Lehrer unsere Plattform, um bestimmte Sachverhalte anders als bisher zu visualisieren und zu kommunizieren. Wir haben zum Beispiel eine Reihe über Zeichensprache produziert oder eine zu bestimmten Wörtern aus Merriam Webster’s Dictionary. Zuerst sieht es aus wie kurzweilige Unterhaltung, nur beim zweiten und dritten Blick denkt man, dass es eigentlich für jedes Wort ein GIF geben sollte. Warum? Weil wir unsere Aufmerksamkeit eher auf visuelle Inhalte richten als auf Text. Besser kann visuelle Kommunikation nicht funktionieren.

Verstehen Sie Giphy eher als Tech-Unternehmen oder als Inhalteanbieter?

Unser Kernziel bestand immer darin, Informationen über diese Darstellungsform zu vermitteln. Das treiben wir zum einen über unsere Redaktionsstruktur voran. Die Hälfte des Giphy-Teams besteht aus Redakteuren, die andere Hälfte aus Technikern. Wir verstehen uns sowohl als ein Medien- als auch ein Technologieunternehmen. Es reichte aus unserer Sicht eben nicht, als erster eine iPhone-App auf den Markt zu bringen, die GIFs teilbar macht, sondern wir brauchten auch eine Lösung, mit der wir gewährleisten konnten, dass die verfügbaren Inhalte ansprechend sind. Die Medien- und Tech-Branche diskutiert derzeit intensiv über Human-Assisted Artificial Intelligence. Aber das heißt nichts anderes, als dass es trotz weit entwickelter Künstlicher Intelligenz weiterhin Menschen braucht, um die besten Inhalte zu kuratieren. Das ist wie bei der „New York Times“: Wer oder was entscheidet, welche Inhalte auf die Titelseite kommen? Natürlich die Redakteure, die u.a. auch auf Grundlage von Daten die Top-Nachrichten auswählen. Giphy ist genau das, nur ohne Artikel, ohne Fotos, ohne Videos.

Bilder: Vistas Verlag

giphy Nam Nguyen
Nam Nguyen von dem GIF-Startup Giphy

Wie stehen Sie zur Nachrichtenbranche?

Wir arbeiten eng mit Verlagen zusammen, um die Vorteile von GIFs als Informationsvermittler breiter bekannt zu machen. Das ist für uns ein wichtiges Wachstumsziel, weil das Potential der Darstellungsform bei weitem noch nicht überall bekannt ist. Wieso jetzt und nicht vor fünf Jahren? Bevor die App Hipstamatic und Instagram durchgestartet sind, wusste ja fast niemand – mit Ausnahme von Photoshop-Profis – wie man ein Foto bearbeitet. Heute geht das mit einem Klick. Dahinter steckt natürlich Technologie. Und der Grund, weshalb animierte Bilder nicht schon lange zum Standardrepertoire von Redaktionen überall auf der Welt gehören, liegt darin, dass Verlage bislang die Technologie nicht beherrscht haben. Und natürlich hat niemand extra eine GIF-Spezialisten eingestellt. Da setzt Giphy an.

Wie muss man sich Ihr Angebot für Verlage vorstellen?

Im Grunde geht es um verschiedene Tools, die die Erstellung und den Einsatz von GIFs erleichtern. Wir haben eine ganze Reihe solcher digitalen Werkzeuge entwickelt, die es Verlagen einfacher machen, aus ihren Videoinhalten GIFs zu generieren. Darüber hinaus haben wir ein eigenes Produktionsstudio in Los Angeles, das selbst Inhalte generiert – ähnlich wie Amazon oder Netflix eigene Serien und Filme produzieren, nur dass unser Studio sich auf Kurzform-Inhalte spezialisiert hat. Auf diese Weise haben Verlage, ob nun die „New York Times“, die „Washington Post“, die „Huffington Post“ oder jeder beliebige Nachrichtenanbieter dort draußen die Möglichkeit, ihre Berichterstattung in diesem Format anzubieten.

Welche Art von Berichterstattung kann das sein?

Die Nutzer haben die Darstellungsform ja schon als probate Kommunikationsmöglichkeit im Alltag akzeptiert. Es ist heute schon absehbar, wie viele unterschiedliche Informationen über GIFs transportiert werden können – nicht um Memes oder andere lustige Inhalte zu ersetzen, sondern um neue Vermittlungswege zu erschließen. Heute mag es noch ein GIF sein über Kim Kardashian bei der gestrigen Preisverleihung. Aber morgen wird wahrscheinlich die Arbeitslosenquote, der Immobilienmarkt oder der Aktienmarkt über GIFs visualisiert werden. Wir werden es bald erleben, dass man den Nachrichtentag mit GIFs Revue passieren lassen kann.

Und werden Sie dann auch mit GIFs Geld verdienen?

Giphy mutet ja für Manche an wie ein Projekt, nicht wie ein Unternehmen. Das liegt vielleicht auch daran, dass es vor uns tatsächlich nur Nebenprojekte von Software-Ingenieuren gab. Dabei beschäftigen wir mittlerweile schon über 100 Menschen. In der Anfangszeit haben wir bei Giphy etwa 10.000 GIFs am Tag veröffentlicht. Heute sind es 1,5 Milliarden am Tag, weil täglich Milliarden Nachrichten mit GIFs versendet werden. Man kann sich leicht vorstellen, wie technologisch aufwendig es ist, diese Werte 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche auf unseren verschiedenen Plattformen – der Desktop-App, der mobilen App, den iOS- und Android-Apps und bei unseren Partnern Facebook, Twitter, Slack und unzähligen weiteren Apps – zu bewältigen. Das offensichtlichste Geschäftsmodell, mit dem Giphy sofort Erlöse erzielen könnte, sind gesponserte Inhalte. Das ist aber zurzeit kein Thema für uns. Aktuell besuchen über 200 Millionen Nutzer monatlich allein unsere reguläre und mobile Website. Am Tag erreichen wir aber über alle Plattformen hinweg über 100 Millionen Menschen. Und Giphy ist erst halb so alt wie Snapchat, da gibt es also noch viel Wachstumspotential. Wir sind froh, dass wir viele kluge Investoren haben, die möchten, dass wir weiterwachsen und uns in die Medienumgebung integrieren, bevor wir ein Preisschild an unser Angebot kleben.

Wie steht es um den Wettbewerb?

Wir sind in der einzigartigen Position, dass wir etwas geschaffen haben, was andere Inhalteanbieter noch nicht erreicht haben: Unsere Dienste in Messaging-Apps zu integrieren. Wir gehören mit unseren Inhalten organisch zu potentiell jeder Konversation. In ähnlicher Weise gilt das sonst nur noch für Sticker oder Emojis. In den USA sind GIFs aber besonders populär. Weshalb? Wer regelmäßig US-Fernsehen schaut und aufpasst, merkt, dass Szenen für gewöhnlich nicht länger als 3-5 Sekunden dauern, vor allem im Reality TV. Im Grunde handelt es sich um eine Aneinanderreihung von GIFs.

Ist das ein Grund, weshalb Giphy vor allem auch bei jungen Leuten populär ist?

Alles in Amerika dreht sich um Popkultur. Im vergangenen Jahr wurde bei Google nicht etwa am häufigsten nach Informationen zur Heilung von Krebs gesucht, sondern nach Miley Cyrus. Weit über drei Viertel der Suchanfragen betrafen popkulturelle Themen. Wir produzieren animierte Bilder aus dem großen Fundus der amerikanischen Popkultur, die sich in der Alltagskommunikation beliebig rekontextualisieren lassen. Da kommen einige Faktoren zusammen: Die Nutzer kennen nicht nur die Prominenten und Sendungen, die in den GIFs stecken, sondern haben auch eine Beziehung dazu. Wer einen Ausschnitt aus Kim Kardashians Fernsehshow als GIF an Freunde schickt, in dem sie „YES“ ruft, dem geht es nicht mehr um den ursprünglichen Sendezusammenhang, sondern der sagt selbst „Ja“ durch Kim Kardashian.

Welches Potential sehen Sie darin in Bezug auf die Qualität und Intensität der Aneignung von Inhalten durch die Nutzer?

Das ist für uns der nächste Schritt: Noch besser zu verstehen, welche Form des Nutzer-Engagements mit GIFs in Verbindung steht und wie lange diese anhält. Das hat auch weitreichende Implikationen für die Einbindung unseres Angebots bei unseren Partnern. Wir haben gerade die ersten Schritte in das relativ junge Feld des Contextualized Messagings gemacht, und zwar als offene Plattform. Anders als Instagram oder Twitter funktionieren wir nicht als weitgehend geschlossene Anwendungsumgebung, sondern wollen überall integrierbar sein.

Wie ist es Ihnen gelungen, Ihr Angebot nahtlos in Messaging-Apps zu integrieren?

Erstens braucht man dafür Technologie, für jeden Partner die richtigen Formate, bestenfalls eine breite Palette an Formaten für die unterschiedlichen Anwendungsszenarien. Jeder Plattformpartner hat spezielle Anforderungen, die technisch erfüllt werden müssen. Wer das nicht mitbringt, hat es schwer. Zweitens geht es natürlich um die Inhalte: Giphy ist nichts ohne seine Inhalte, allenfalls ein Skelettgerüst ohne GIFs. Diese werden auf zweierlei Arten generiert: Entweder man kreiert seine Inhalte aus eigenen Inhalten, oder man nutzt dafür fremde Inhalte. Wer ein Batman-GIF aus einer Batman-Show machen möchte, sind das Batmans Rechte, die geklärt werden müssen. Wir haben seit unserem ersten Tag immer mit allen einzelnen Rechteinhabern verhandelt. Sonst hätten wir gar nicht erst Facebook, Twitter, WhatsApp und all die anderen Plattformen ansprechen brauchen. Heute haben wir ungefähr 5.000 Marken unter unseren Flügeln: von TV-Networks, Filmstudios, Plattenfirmen, Mode-Labels usw. Selbst mit der NASA arbeiten wir zusammen. Die Inhalte sind der Schlüssel zu allem.

Wie voraussetzungsvoll ist die Markenbildung für Sie als Startup gewesen?

Giphy ist nun schon das dritte Startup, bei dem ich beschäftigt bin. Mittlerweile weiß ich vor allem eines über die Startup-Kultur: Es geht nicht darum, wer als erster eine Technologie und ein Produkt daraus entwickelt, sondern darum, wer am Markt besteht. Die Entwicklung der Marke gehört zu den größten Herausforderungen eines jeden Unternehmens. Coca-Cola, Pepsi, Taco Bell: Sie alle haben über so viele Jahre und Jahrzehnte solche starken Marken entwickelt, die man gar nicht mehr unbedingt mit Essen oder Trinken verbindet. Diese ikonenhaften Marken stehen für sich. Genau danach streben auch wir: den Menschen Giphy nahezubringen, damit sie wissen, wer wir sind, was wir machen. Wir glauben nicht einmal, dass die Leute unsere Website ansteuern oder wissen, wie man Giphy richtig buchstabiert. Uns reicht es, dass sie unser Logo kennen, wenn sie es nur häufig genug sehen. Deshalb bitten wir Partner, die über unsere API kostenlos unsere GIFs in ihr Angebot nutzen, darum, auch ein „powered by Giphy“-Element einzubinden. Das ist ein Win-Win-Verhältnis: Giphy wird kenntlicher, und der jeweilige Anbieter nutzt einen Service, der sein Publikum fesselt.

Wie kam es zu der Namensgebung?

Als wir unsere Partnerschaft mit Slack begannen, war Giphy noch ein kleines Startup unter dem Dach des Tech-Inkubators Betaworks, das innerhalb eines Jahres hätte scheitern können. Als es nun darum ging, einen Namen für die Integration unseres Dienstes in Slack auszuwählen, hielt uns wohl jede einzelne Person bei Betaworks für dumm, weil wir uns nicht für „GIF“, sondern für „GIPHY“ entschieden. Wir aber meinten: Wenn nur ein Nutzer unseren Namen nutzt und sogar sagt: „Hey, ich habe dir ein Giphy geschickt!“, dann ist das mehr Wert als eine Million Nutzer, die sagen: „Ich habe dir ein GIF geschickt.“ Wir haben eine eigene Marke geschaffen. Und die Leute haben kennengelernt, was Giphy ist und was Giphy kann.

Das klingt nach einem eher qualitativen Ansatz im Gegensatz zur Eroberung des Weltmarktes für GIFs.

Wer ein Startup gründet neigt nicht selten dazu, die Welt verändern zu wollen. Die einen wollen das neue Facebook werden, die anderen größer als Twitter, was auch immer. Das sind ambitionierte Ziele, die aber ein grundlegendes Problem haben: Wenn das Ziel zu groß ist, verlierst du deinen Fokus. Wenn man vier Jahre systematisch, schlüssig und klar durchplanen kann und flexibel genug ist, auf Einflüsse zu reagieren und den Plan – wo nötig – anzupassen, hat man ein Fundament für langfristigen Erfolg. Aber wenn ich heute in ein Starbucks-Café gehen und die Gäste fragen würde, was ein GIF ist, dann wüssten es vielleicht 50 Prozent. Aber wenn ich sie fragen würde, was ein Foto, was ein Video, was Musik ist, dann wüssten 100 Prozent, was ich meine. GIFs haben dahingehend noch einen Weg vor sich, und Giphy hat die Mission, die Darstellungsform zu einem ähnlichen Allgemeingut zu machen.

Auf welche Weise entwickeln Sie das Geschäft im News-Segment weiter?

Wir haben einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die aus Nachrichtenorganisationen zu uns gekommen sind. Sie haben eine journalistische Brille auf, aber das ist nur eine von vielen Perspektiven für uns als junges Unternehmen. GIFs transportieren Informationen. Und wir versuchen mit den besten Verlagen auf der Welt zusammenzuarbeiten und ihnen zu zeigen, wie sie Giphy für ihre Zwecke nutzen können. Mittlerweile hat sich herumgesprochen, dass GIFs zum Beispiel auf Twitter gleich nach Videos die zweitwichtigste Darstellungsform sind, wenn es um Audience Engagement geht.

Worin liegt der praktische Nutzen der Zusammenarbeit mit Giphy für einen Nachrichtenanbieter?

Es ist für uns technisch kein Problem mehr, GIFs direkt in ein Redaktionssystem einzuspeisen. Und wir können ohne zeitliche Verzögerung GIFs zu Veranstaltungen erstellen, damit sie sofort von Redaktionen eingebunden werden können, wenn zum Beispiel die MTV Music Awards gesendet werden und das Entertainment-Ressort der „Huffington Post“ umgehend GIFs von bestimmten Szenen nutzen möchte. Das alles gelingt uns innerhalb von Sekunden, weil wir mit den Sendern und Rechteinhabern zusammenarbeiten und Zugriff auf die Live-Streams haben, die wir in GIFs zerlegen können.

Würde ein Journalist bei Giphy berufliche Erfüllung finden?

Eine Grundvoraussetzung wäre der Glaube in die Zukunft des GIFs. Was ich damit meine ist der Glaube in das Prinzip der Endlosschleife. Wer bei und mit Giphy erfolgreich sein möchte, muss an den Erfolg der kurzen Form und der Endlosschleife bei der Darstellung von Inhalten glauben. Giphy bietet die Möglichkeit, diese Inhalte direkt auf die Smartphones und Computer der Leute überall auf der Welt in unterschiedlichsten Nutzungskontexten zu bringen. Wer daran glaubt, kann jederart von Story erzählen und auch etwas bewegen. Zurzeit ist das für uns nicht aktuell, weil wir gerne Vieles von Allem bieten und neutral sein möchten. Aber wir könnten, wenn wir wollten.

Bilder: Vistas Verlag