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Ein Beitrag von Felix Stützer und Dr. Stephan Bücker, Rechtsanwälte bei der Kanzlei Baker Tilly Roelfs in München.

Das „Wir sind doch alle Freunde“-Problem

Den meisten Gründern kommt es darauf an, möglichst schnell und möglichst kostensparend eine Gesellschaft, zumeist in der Form einer UG oder GmbH, zu gründen. Außerdem bestehen Gründerteams oft aus Freunden oder Bekannten, die sich gegenseitig voll vertrauen. Dementsprechend wird bei der Gründung im Gesellschaftsvertrag oft nur das gesetzlich Vorgeschriebene geregelt und im Übrigen darauf gebaut, dass sich schon alles regeln wird.

Kritische Punkte im Vorfeld untereinander anzusprechen und grundsätzlich zu regeln kann viel Streitpotenzial ausräumen. Sollte es dann doch zu einer Auseinandersetzung kommen, hat man ein verlässliches Regelwerk, um einen solchen Konflikt zu behandeln, ohne Freundschaften zu gefährden.

Regelungsbedarf

Auf- und Verteilung Geschäftsanteile:

Die Einteilung in Geschäftsanteile zu je 1 Euro ist zu empfehlen, um bei späteren Anteilsverschiebungen keinen zusätzlichen Aufwand bei der Aufteilung größerer Anteile zu haben. Zu klären ist dann, ob alle Gründer eine gleich hohe Anzahl Geschäftsanteile erhalten sollen. Dies ist keineswegs zwingend notwendig. Möglich ist es auch, zum Beispiel einen Gründer eine größere Anzahl Geschäftsanteile als die anderen Gründer übernehmen zu lassen. Dann sollte aber darauf geachtet werden, vertraglich festzulegen, welche weitere Leistung dieser Gründer für dieses Übergewicht erbringt.

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Wichtig ist es auch, sich darüber zu einigen, wer was in die Gesellschaft einbringt. Dies wird immer dann komplexer, wenn ein Gründungsmitglied auch oder ausschließlich Sachwerte in die Gesellschaft einbringt, während andere Gründer ihre Arbeitskraft und/oder Kreativität einbringen. In diesem Fall kann es geboten sein, Geschäftsanteile und/oder Stimmrechte (dazu unten mehr) disquotal zu verteilen.

Stimmrechte:

Üblicherweise entsprechen die Stimmrechte in einer Gesellschaft den Anteilsverhältnissen. So sieht es auch das Gesetz in § 47 Abs. 2 GmbHG vor. Möglich sind aber zum Beispiel Veto-Rechte, die isoliert für einzelne Gesellschafter und bestimmte Entscheidungen vereinbart werden können. So kann verhindert werden, dass in der Gesellschaft Entscheidungen im Kompetenzbereich eines Gründers ohne dessen Zustimmung gefällt werden. Andersherum können auch die Stimmrechte eines Mehrheitsgesellschafters beschränkt werden.

Durch verschiedene Stellschrauben kann so das Stimmgewicht für einzelne Gesellschafter bei bestimmten oder sämtlichen Beschlüssen durch entsprechende Satzungsbestimmungen deutlich verändert werden.

Vesting und Wettbewerbsverbot:

Neben der Geschäftsidee ist am Anfang eines Startups vor allem die Zusammensetzung des Teams von entscheidender Bedeutung. Um zu verhindern, dass einzelne Mitglieder das Team frühzeitig verlassen und womöglich dem Startup Konkurrenz machen, gibt es ebenfalls verschiedene Werkzeuge.

Am praktikabelsten sind dabei zum einen Wettbewerbsverbote für die Gründer. Durch ein solches kann ein Gründer daran gehindert werden, in dem gleichen Geschäftsfeld wie das Startup als oder für die Konkurrenz tätig zu werden. Ein solches Wettbewerbsverbot kann unter bestimmten Voraussetzungen und dabei insbesondere bei Zahlung einer Karenzentschädigung über die Zeit der Zugehörigkeit zu dem betreffenden Startup hinaus gelten.

Darüber hinaus ist es sinnvoll, sämtliche Mitgründer durch ein Vesting ihrer Geschäftsanteile an die Gesellschaft zu binden. Technisch gibt es dazu verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten. Praktisch bedeutet ein Vesting unabhängig von der technischen Umsetzung, dass die Gründer sich ihre Geschäftsanteile über einen gewissen Zeitraum erarbeiten müssen, ihnen also bei vorzeitigem Ausscheiden nicht alle zunächst bei der Gründung vereinbarten Geschäftsanteile zustehen.

Einziehung von Geschäftsanteilen:

Unerlässlich ist es auch, schon bei der Gründung für den Fall vorbereitet zu sein, dass sich ein Gründer nicht an die Vereinbarungen hält oder die Integrität des Startups durch eine private Insolvenz und/oder die Pfändung seiner Geschäftsanteile gefährdet. Dazu sollte in der Satzung geklärt werden, unter welchen Umständen die Geschäftsanteile eines Gründers komplett eingezogen werden können.

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Aus rechtlicher Sicht kann zwar nicht jeder Grund eine Einziehung rechtfertigen. Insbesondere für den Fall der Insolvenz oder der Pfändung der Geschäftsanteile eines Gesellschafters sowie, wenn ein Gesellschafter gegen elementare Grundsätze des gesellschaftlichen Miteinanders verstößt, kann und sollte aber die Einziehung der Anteile eines entsprechenden Gesellschafters in der Satzung vorgesehen werden.

Auseinandersetzung:

Probleme kann es auch geben, wenn die Gründer nach einer gewissen Zeit merken, dass sie sich in Bezug auf das Startup nicht mehr einig sind, ohne dass einem der Gesellschafter ein schädigendes Verhalten vorgeworfen werden könnte. So kann bei gleichmäßiger Anteilsverteilung eine Pattsituation entstehen, die das Startup in wichtigen Entscheidungsprozessen lähmt. Für diesen Fall kann die Satzung Möglichkeiten aufzeigen, wie die Gesellschafter sich auseinanderzusetzen haben.

Nach einem Urteil des OLG Nürnberg vom 20.12.2013 sind nun auch sogenannte „Russian-Roulette“-Klauseln, roulettespielen.de grundsätzlich für diese Fälle von der Rechtsprechung anerkannt. Diese Klauseln gibt es in verschiedenen Spielarten. In dem verhandelten Fall war vereinbart worden, dass im Falle einer Auseinandersetzung jeder der beiden 50-Prozent-Gesellschafter berechtigt ist, dem anderen Gesellschafter alle seine Geschäftsanteile an der Gesellschaft zu einem beliebigen Preis anzubieten. Nimmt der andere Gesellschafter dieses Angebot nicht innerhalb der vereinbarten Frist an, ist er verpflichtet, alle seine Geschäftsanteile zu dem gleichen Preis an den anderen abzutreten.

Durch diese zugegebenermaßen eher radikale Lösung wird sichergestellt, dass im Falle eines Streits oder einer Blockade der Gesellschaft durch widerstreitende Interessen eine schnelle, saubere und faire (durch den Mechanismus wird der Erstanbietende sein Angebot nur zu einem marktgerechten Preis machen) Lösung gefunden wird.

Geschäftsführung:

Zumeist werden alle Gründer auch Geschäftsführer sein. Überlegt werden muss dann, ob die Geschäftsführer alleinvertretungsberechtigt sein sollen oder nur gemeinsam und ob sie von dem Verbot, Verträge mit sich selbst oder als Vertreter eines Dritten abzuschließen, befreit werden sollen. Auch können bestimmte grundlegende Beschlüsse unter den Vorbehalt einer Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung gestellt werden. Durch eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführer können gerade bei arbeitsteiligen Teams verschieden Aufgaben- und Kompetenzbereiche abgesteckt werden.

Exit:

Ähnlich wie bei den Anmerkungen zu den Anteils- und Stimmverhältnissen können sich die Gründer Gedanken machen, ob im Falle eines Exits die Erlösverteilung entsprechend den Anteilen (dann keine besondere Regelung notwendig) oder nach einem besonderen Schlüssel, der individuell vereinbart werden kann, erfolgen soll. In einem folgenden Artikel werden wir diesen Punkt vertiefen.

Fazit

Es gibt aus rechtlicher Sicht viele Bereiche, die von Gründern eines Startups schon in der Gründungsphase eines Startups bedacht und geregelt werden können und sollten, um spätere Streitigkeiten zu vermeiden oder zumindest abzumildern. Sind diese Dinge einmal sauber geregelt, kann später viel Zeit, Kraft und Geld für langwierige Auseinandersetzungen gespart werden.

Bild: © panthermedia.net / Dmitriy Shironosov