Für Facebook beginnt das Jahr 2016 spektakulär gut: CEO Mark Zuckerberg kann einen neuen Umsatzrekord melden. 5,8 Milliarden Dollar erlöste sein Konzern in den letzten drei Monaten des Jahres 2015. Damit kann Facebook gegenüber dem Vorjahresquartal um mehr als 50 Prozent zulegen.

Mittlerweile hat Facebook 1,6 Milliarden Nutzer pro Monat, 1,44 Milliarden Nutzer surfen mobil auf der Facebook-App. Und fast alle von ihnen gucken mittlerweile auch Videos über Facebook.

100 Millionen Stunden Bewegtbilder lieferte Facebook im vergangenen Quartal pro Tag aus. Zum Ende der Quartalszahlenkonferenz hatte Zuckerberg deswegen auch noch eine besondere Mitteilung übrig: „Künftig wird es für Facebook-Nutzer einen eigenen Ort geben, um Videos zu sehen.“

Beide leben von der Aufmerksamkeit ihrer Nutzer

Diese Ankündigung einer eigenen Videoplattform ist eine direkte Kriegsansage an das bislang erfolgreichste Videonetzwerk YouTube. Facebook will nicht länger zusehen, wie Google mit YouTube den lukrativen Markt für Bewegtbilder dominiert.

Zuckerbergs Unternehmen tut alles dafür, damit die hauseigenen Nutzer nicht via YouTube, sondern auf Facebook Videos gucken. Facebook-Videos werden bevorzugt dargestellt, lassen sich einfacher auf Facebook-Seiten einbinden und werden zudem automatisch abgespielt.

Mit seiner Ankündigung eröffnet Zuckerberg eine weitere Front im Konkurrenzkampf mit Google: Beide Internetriesen leben – anders als etwa Amazon, Microsoft oder Apple – fast ausschließlich von der Aufmerksamkeit ihrer Nutzer, beide Konzerne prallen in immer mehr Geschäftsfeldern direkt aufeinander.

Kampf um Anzeigen auf Mobilgeräten

Sowohl Google als auch Facebook leben vor allem von Online-Werbung. Alle anderen Einnahmequellen der beiden Konzerne sind dagegen relativ bedeutungslos.

Noch vor wenigen Jahren kamen sich die beiden Riesen dabei nur wenig in die Quere: Google verdiente vor allem mit der Anzeige von bezahlten Suchergebnissen sein Geld und verwaltete Anzeigen auf Web-Seiten von Dritten im hauseigenen weltweiten Werbenetzwerk. Facebook verdiente mit Anzeigen und gesponserten Posts im sozialen Netzwerk.

Doch mittlerweile setzen beide auf Anzeigen auf Mobilgeräten. Und Facebook wildert mit dem hauseigenen Werbenetzwerk Audience im Google-Terrain. Auch den lukrativen Markt für Werbevideoclips will Zuckerberg nicht länger der Google-Tochter YouTube überlassen.

Facebook hat bei der Anzeige von Werbebannern und Werbeclips, die nicht allein auf Suchen basieren, einen enormen Vorteil gegenüber Google: Das soziale Netzwerk kennt seine Nutzer viel besser und kann den Werbekunden daher eher garantieren, dass die Nutzer sich auch für die angezeigte Werbung interessieren. Gleichzeitig schwenken die Werbekunden im Internet um auf neue Verfahren, um den Erfolg von Werbung zu messen.

Nicht mehr Nutzerklicks auf Anzeigen, sondern Verweildauern und Verkaufserfolge bestimmen, wie viel Internetwerbung wert ist. Facebooks Erfolg im Werbemarkt im vergangenen Jahr spricht für sich. Ob Google im vergangenen Jahr ebenso erfolgreich war, werden die Quartalszahlen der Mutter-Holding Alphabet zeigen, die am 1. Februar veröffentlicht werden.

Kampf um das Beherrschen künstlicher Intelligenz

Kurz vor der Bekanntgabe der Facebook-Rekordzahlen verpasste Google Mark Zuckerbergs guter Laune noch einen Dämpfer: Anfang der Woche konnte der Konzern verkünden, dass die hauseigenen Artificial-Intelligence-Forscher erstmals einen menschlichen Profi-Spieler im Spiel Go geschlagen haben. Das asiatische Strategiespiel ist für künstliche Intelligenz besonders schwer zu meistern, da sich anders als beim Schach Züge nicht komplett vorherberechnen lassen. Dafür ist das Spiel zu komplex.

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Die Bedeutung von Go für künstliche Intelligenz geht über den bloßen Spielerfolg hinaus: Eine künstliche Intelligenz, die Go beherrscht, beweist Fähigkeiten im Maschinenlernen und in der Mustererkennung. Googles Erfolg ist deswegen bitter für Zuckerberg, hatte er doch gehofft, diesen Meilenstein mit dem eigenen Team zu erreichen. Kurz vor der Veröffentlichung von Googles Erfolg hatte er noch öffentlich betont, wie wichtig ihm die Go-Forschung sei.

Facebook wie Google investieren aktuell massiv in künstliche Intelligenz. Facebook veröffentlichte Anfang 2015 Teile seines Maschinenlernprojekts Torch als Open-Source-Software. Google reagierte im November 2015 und stellte sein komplettes Maschinenlernsystem Tensorflow ebenfalls umsonst zur Verfügung. Das hat Kalkül: Wenn Forscher auf aller Welt mit der Google- oder Facebook-Software arbeiten und diese verbessern, profitieren auch die Forschungsteams der Konzerne.

Kampf um die Lufthoheit im Internet

Aquila heißt Facebooks erster Flugroboter, der künftig über Regionen mit schlechter oder keiner Internetanbindung schweben soll, um potenziellen neuen Internetnutzern ein Funknetz zur Verfügung zu stellen. Für Mark Zuckerberg ist die dazugehörige Initiative Internet.org zur Vernetzung der Dritten Welt extrem wichtig.

In den Ländern der Ersten Welt kann Facebook kein nennenswertes Nutzerwachstum mehr verzeichnen, die Mehrzahl der neuesten Mitglieder des sozialen Netzwerks stammen aus Asien, Afrika oder Lateinamerika. Ob per Drohne oder in Partnerschaft mit lokalen Mobilfunkanbietern: Facebook will unbedingt den Rest der Welt ans Netz anbinden.

19 Millionen Nutzer in 33 Ländern surfen bereits über Facebooks Internetdienst. Der Haken aus Sicht von Google: Während Facebook und seine Angebote über das Netz von Internet.org frei erreichbar sind, sind Google-Dienste wie YouTube bislang nicht freigeschaltet. Auch deswegen will Google die Dritte Welt lieber selbst ans Internet anbinden.

Project Loon heißt das dazugehörige Technikprojekt. Der Konzern setzt dafür auf unbemannte Drohnenballons. Sri Lanka soll das erste Land sein, das per Google-Ballon ans Netz angebunden wird. Ob Facebook-Drohnen und Google-Ballons künftig um den Platz im Luftraum streiten müssen, bleibt abzuwarten. Voraussichtlich werden die Drohnen etwas höher fliegen.

Kampf um die virtuelle Realität

Facebook setzt massiv auf virtuelle Realität: Mark Zuckerberg kaufte 2014 das kalifornische VR-Start-up Oculus VR für zwei Milliarden Dollar, die Facebook-Tochter treibt seitdem die Entwicklung von VR-Inhalten voran. Künftig, so Zuckerbergs Vision, könnten die Facebook-Nutzer in virtuellen Räumen miteinander reden, spielen und arbeiten. Mit dem eigenen Oculus Store definiert Facebook den Standard für VR-Inhalte von Drittanbietern.

Doch Google will Facebook den Markt für VR nicht allein überlassen. Im Sommer 2014, kurz nach Facebooks Einstieg bei Oculus, brachte Google seine VR-Brille Cardboard heraus – das wohl einfachste Hightech-Gadget der Konzerngeschichte.

Die VR-Brille aus Pappe mit Plastiklinsen funktioniert mit fast jedem Smartphone und erlaubt VR-Erlebnisse für jedermann. Wichtiger jedoch: Dank Cardboard, von denen Google mittlerweile mehr als fünf Millionen Stück verteilt hat, können Nutzer sehr günstig einen ersten Eindruck von VR bekommen, sie benötigen keine teure VR-Brille, sondern nur ihr Smartphone und eine Brille im Wert von ein paar Euro.

Und vor allem kann Google dank Cardboard einen eigenen einfachen VR-Standard für seine Android-Geräte definieren und überlässt Oculus nicht einfach den Mobilmarkt. Auch für die Google-Tochter YouTube ist Cardboard wichtig: Mit der Pappbrille können Nutzer einfach 360-Grad-Videos sehen.

Dieser Beitrag erschien zuerst in der Welt.

Bild: Gettyimages / Marilyn Nieves